Wie sich das Wealth Management für die digitale Generation wandeln muss

Digitale Vermögensberatung für jüngere Generationen

Junge Menschen denken digital, handeln selbstbestimmt und erwarten eine moderne Vermögensberatung. Wie diese aussehen kann. 

Der größte Vermögenstransfer der Geschichte steht uns bevor: In den nächsten zwei Jahrzehnten werden etwa 80 Billionen Euro vererbt. Damit ändern sich die Spielregeln im Wealth Management grundlegend, denn die neuen Erben denken digital, handeln selbstbestimmt und erwarten mehr als klassische Vermögensberatung.

Was bedeutet das für Banken und Vermögensverwalter:innen? Bei Fincite haben wir für die aktuelle Ausgabe unseres WealthTech-Radars mit 23 Branchenexpert:innen gesprochen und dabei zeigt sich: Wer heute nicht umdenkt, verliert morgen seine Kund:innen.

Eine Generation, die digital aufgewachsen ist

Der Unterschied bisheriger Generationen zu denen „next in line“: Sie sind digital ausgewachsen; auch, wenn sie heute bereits 40 Jahre plus sind. Sie sind mit der digitalen Transformation aufgewachsen; sie haben digitale Angebote kennen und lieben gelernt. Dementsprechend erwarten sie im Wealth Management, ähnlich wie sie es von Netflix, Amazon und anderen digitalen Playern gewohnt sind, eine ähnliche Erfahrung.

Vermögensverwalter:innen tendieren häufig aber noch zu klassischen Ansätzen. Ein Onboarding ist nicht digital und Beratungsprozesse missen digitale Unterstützungen für hyper personalisierte Services. Doch genau hier ist das Problem: Während frühere Generationen ihrem/ihrer persönlichen Berater:in quasi freie Hand gelassen haben, suchen viele der neuen Anleger:innen nach Plattformen, die Self-Service und individuelle Betreuung kombinieren – idealerweise „supercharged“ durch Wissen on demand und KI-Tools.

Warum Wealth Management sich dringend auf die jüngeren Generationen anpassen muss, zeigt eine aktuelle Studie von Capgemini: 81 Prozent der nächsten Generation von High Net Worth Individuals (HNWIs) planen, innerhalb von ein bis zwei Jahren nach der Erbschaft die Bank ihrer Eltern zu wechseln. Diese Zahl macht deutlich, dass die neue Erbengeneration bewusst eigene Wege gehen will und Anbieter sucht, die ihren digitalen und individuellen Ansprüchen gerecht werden.

Personalisierung wird zum Muss

Vorbei sind die Zeiten des „One Size fits all“-Ansatzes. Die neue Anlegergeneration möchte nicht nur Produkte angeboten bekommen, sondern aktiv in den Entscheidungsprozess eingebunden werden. Auch Interactive Financial Planning, bei dem Nutzer:innen verschiedene Szenarien selbst durchspielen können, wird zunehmend zum Standard.

Wie unser Fincite WealthTech Radar zeigt, sind pauschale Standardlösungen nicht mehr zeitgemäß. Da die Technik es nun erlaubt, geht die Erwartungshaltung hin zum Aufgreifen aller individuellen Parameter der Kund:innen. Wealth Management muss deshalb auf digitale Interfaces setzen,  Beratung in Echtzeit ermöglichen und den Kund:innen mehr Kontrolle über ihre Finanzplanung geben.

Alternative Assets boomen – Tokenisierung macht’s möglich

Alternative Assets sind mehr als Krypto – aber auch stark von Krypto geprägt. Alternative Asset-Klassen wie Private Debt, Infrastruktur oder Private Equity gewinnen massiv an Bedeutung. Anleger:innen suchen Renditequellen jenseits klassischer Anlagen wie Aktien oder Anleihen. Parallel dazu verändern neue Technologien, insbesondere die Tokenisierung, die Art und Weise, wie Investments strukturiert und gehandelt werden.

Durch tokenisierte Immobilien, Unternehmensanteile oder Sachwerte wird der Zugang zu alternativen Investments deutlich erleichtert. Besonders im Bereich Fractional Ownership zeichnet sich eine starke Dynamik ab – traditionelle Mindestinvestmentgrößen können bald der Vergangenheit angehören.

Daten, Daten, Daten

Open Finance ist das Stichwort der Stunde. Durch standardisierte Schnittstellen werden immer mehr verschiedene Datenquellen vernetzt. Das stellt große Herausforderungen an das Wealth Management: Es müssen sowohl verschiedene Silos in ein nutzerfreundliches Interface integriert, als auch externe Dienstleistungen in das eigene Angebot aufgenommen werden.

Reine Datenaggregation war gestern – zu statisch und zu wenig verwertbar für die tägliche Arbeit von Berater:innen. Modernes Wealth Management muss aus rohen Vermögensdaten verwertbare Informationen schaffen, damit datengetriebene Entscheidungen ermöglicht werden: etwa bessere Allokationen, gezielteres Risikomanagement oder nachhaltige Portfolios. Die große Chance liegt darin, die Datenschätze zu nutzen. Wer hier früh investiert, verschafft sich entscheidende Wettbewerbsvorteile.

Was jetzt zu tun ist

Die Transformation hat bereits begonnen. Banken und Vermögensverwalter:innen, die heute nicht handeln, laufen Gefahr, von dem größten Vermögenstransfer der Geschichte ausgeschlossen zu werden. Die Anlagepräferenzen der Erben prägen schon jetzt den Markt – genauso wie die durch digitale Plattformen „aufgeschlaute“ neue Generation von Anleger:innen.

Die Zukunft des Wealth Managements wird durch Automatisierung, stärkere Vernetzung und datengetriebene Beratung geprägt. Wer diese Trends versteht und umsetzt, wird vom „Great Wealth Transfer“ profitieren. Alle anderen schauen zu, wie ihnen die Kund:innen davonlaufen.

Genau aus diesem Grund haben wir bei Fincite inzwischen den dritten WealthTech Radar erstellt. Uns war es dabei besonders wichtig, nicht nur die technologischen Trends zu verstehen, sondern auch deren praktische Auswirkungen auf das gesamte Wealth Management. Das alles finden Sie in der aktuellen Ausgabe des WTR.

Autor

  • Paul Kammerer ist CCO vom Frankfurter WealthTech Fincite. Er fokussiert sich auf Internationalisierung sowie auf die Digitalisierung von Investmentdienstleistungen für  Universalbanken, Privatbanken, Family Offices und Vermögensverwaltern.

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