Die meisten Start-ups wollen in erster Linie ihre Lösungen und Produkte voranbringen. Dazu gehört auch Medienarbeit. Nur bleibt die oft ohne Resonanz. Und das kann ganz einfache Gründe haben.
Eine Mitarbeiterin einer PR-Agentur hat Redakteure auf einem Event mal mit Türstehern verglichen. An dem etwas hinkenden Vergleich ist aber eine Sache richtig. „Was haben die jetzt, was wir nicht haben?“ Hier also eine (unvollständige) Liste von Fehlern, die es zumindest unwahrscheinlich machen, hier aufzutauchen.
Die Ausgangslage: Keinmal ist nur einmal …
Zunächst ein kurzer Blick hinter die Kulissen. Niemand in der Redaktion sitzt allein an seinem Schreibtisch und wartet darauf, dass sich endlich mal etwas tut. Im Bereich der News erreichen uns Nachrichten per E-Mail an den allgemeinen Postkasten oder direkt an den jeweiligen Redakteur. Zusätzlich beobachten wir über Feedreader so bummelig 200 nationale und internationale Nachrichtenquellen.
Unsere News sind also immer eine Auswahl und damit auch subjektiv. Die Fragen, die wir uns dabei stellen, sind stets die gleichen: Passt das zu unseren Leser:innen? Passt das zur Ausrichtung unseres Mediums? Ist das wichtig für den Markt?
Und weil der Platz auch in einem Online-Medium begrenzt ist, schaffen es eben nicht alle Nachrichten auch in die News.
Deshalb: Wenn ein Insurtech diesmal nicht dabei war, bedeutet das nicht, dass wir es nicht wahrgenommen haben. Einfach weiter versuchen. Aber bitte: Keine Follow-up-Mails oder gar Anrufe, ob wir eine Pressemitteilung bekommen haben. Stellt euch vor, jeder Absender einer Mail, die ihr im Laufe eines Tages bekommen habt, ruft euch zusätzlich an. Wollt ihr nicht, oder? Wir auch nicht …
Sollen die Schreiberlinge sich doch die Arbeit machen …
Ob die eigentliche Nachricht im Text einer E-Mail steckt, oder der Inhalt in einer PDF-Datei zu finden ist, spielt keine Rolle – wenn es denn richtig gemacht ist. Aber eine Mail mit dem Text „Bitte beachten Sie die angehängte Pressemitteilung“ macht Mehrarbeit, wenn aus der Mail und dem Betreff nicht hervorgeht, um was es eigentlich gehen soll. Die Fakten gehören schon noch kurz in die Mail.
Viele Mitteilungen liefern Aussagen von Investoren oder der Geschäftsleitung mit. Und die können interessant sein. Aber dann sollte Text auch problemlos aus der PDF-Datei kopierbar sein. Ohne feste Zeichenumbrüche. Oder gar einem Schutz gegen das Kopieren von Inhalten. Niemand von uns hat die Zeit, etwas abzuschreiben, was schon auf dem Bildschirm steht.
Da Anhänge ja tricky sein können, spricht auch nichts dagegen, weitere Informationen in G-Drive oder Dropbox abzulegen. Aber der Link sollte dann auch tatsächlich zu den Inhalten führen und nicht in einer unübersichtlichen Ordnerhierarchie enden.
Lieber 1.000 Worte als schlechte Bilder
Allein über das Thema Bilder und Pressemitteilungen könnten wir eine ganze Serie schreiben. Also in aller Kürze: Wir sind ein Online-Medium. Wir brauchen also nicht zwangsläufig Fotos in einer Auflösung, die einen Posterdruck erlaubt. Allerdings ist zu groß immer noch besser als zu klein. Eine Mindestbreite von 1200 Pixeln wäre schon schön. Wo nichts ist, kann auch die beste Software nichts anfügen.
Noch viel wichtiger: Das Bild sollte zur Meldung passen. Bei einem frischen Funding spricht nichts dagegen, das Team oder die Gründer:innen abzulichten. Aber bitte nicht jedes Mal mitschicken.
Wir sind beim ZDF
Apropos Fundings: Eine gute Pressemitteilung liefert uns Zahlen, Daten, Fakten. Und die werden leider schnell vergessen, was übrigens ohnehin albern ist. Spätestens mit der Veröffentlichung des ersten Geschäftsberichts beim Bundesanzeiger finden Journalisten ohnehin heraus, wer welchen Betrag in das Unternehmen gesteckt hat. Also wenn euch nicht gerade Andreessen, die Zurich oder ähnliche bekannte Größen finanziert haben, reicht die Nennung von Namen nicht aus. Und eine Seed-Finanzierung über 200.000 Euro hat mehr Informationsgehalt für die Leser:innen als „ein sechsstelliger Betrag“.
Eine Verdopplung der Zahl der Kund:innen ist toll. Aber wie viel sind es denn? Und im Bereich Insurtechs interessieren uns eher Abschlüsse, als Menschen, die sich mal registriert oder eine App geladen haben.
Die Zahlen sollten aber schon belastbar sein. Es bringt nichts, sich als Markt- oder Innovationsführer aufzuspielen, wenn noch niemand im Markt etwas vom Unternehmen gehört hat.
Storytelling ohne Story ist doof
„Mir ist schon mal mein Spiegelei in der Pfanne kleben geblieben und deswegen habe ich mich entschieden, die wohl beste Pfanne mit Antihaftbeschichtung zu entwickeln. Und mache die Welt damit zu einem besseren Ort …“
So Storytelling galt mal als Wundermittel, um die Medien zu begeistern. Und natürlich lieben wir auch gute Storys. Aber da sollte schon mehr dahinter sein. Sich mal über eine Versicherung geärgert zu haben, um dann ein Insurtech zu gründen, weil es doch auch „anders gehen muss“, ist allein noch keine Geschichte.
Damit zurück zum ZDF: wie denn genau anders? Was soll besser werden? Und wie unterscheidet sich das konkret von anderen Lösungen? Nur so als Beispiel. Ansonsten ist es halt wie beim Kaffee: Wenn der Boden in der Tasse sichtbar ist, ist er zu dünn. Und schmeckt nicht …
Von der Disruption und Buzzword-Bingo
„Mit unserer innovativen und mittels KI erweiterten Technologie, die wir auf der Blockchain nutzen, um so das Smart-Contracting im Underwriting zu ermöglichen, führt unsere Fabrik zur Disruption eines milliardenschweren Markts.“
Super! Hat es in dieser Ausprägung so noch nicht gegeben, aber viele Pressemitteilungen spielen sich leider auf diesem Niveau ab. Zum Thema Disruption der Versicherungswelt haben wir schon viel geschrieben. Es ist besser, das nicht zu erwähnen.
Und die neue Lösung sieht nicht dadurch besser und überzeugender aus, wenn die klassische Versicherungswelt als rückständige Ozeandampfer beschrieben wird, die auf die Erfindung des tiefen Tellers wartet.
Wem es nicht gelingt, das, was er tut, auch ohne eine Ansammlung von Tech-Speak zu beschreiben, wird es schon in der Kommunikation mit Kund:innen vermutlich schwer haben.
Klar. Versicherungstechnische Begriffe sind oft nötig. Aber dann sind wir schon wieder beim ZDF. Was soll denn beim Underwriting genau verbessert werden? Wo hilft es Versicherern? Oder wieso ist der neue Ansatz anderen überlegen?
Wenn sich beim Lesen des Textes der Eindruck aufdrängt, dass die Verfasser:innen keine Ahnung davon haben, wie eine Versicherung funktioniert, dann ist der Kaffee … genau.
Steter Tropfen führt zu Ärger
Wer garantiert nicht in eine Location hinein möchte, ärgert den Türsteher. Und ärgerlich sind Pressemitteilungen, die eine bereits bekannte Nachricht noch einmal aufgreifen, nur weil die Resonanz beim ersten Mal ausblieb. Also wenn eine Kooperation mit einem Unternehmen vor drei Monaten erstmals auf der Website stand und auch im Newsroom veröffentlicht wurde, dann produziert das nur Mehrarbeit, wenn zum gleichen Thema eine neue Aussendung ohne Hinweis kommt.
Beim ersten Mal gibt es vielleicht nur eine Gelbe Karte. Beim zweiten Mal dann den Platzverweis, weil es uns schlicht an Zeit mangelt, herauszufinden, ob es denn diesmal eine echte Neuigkeit gibt.
Wir verarschen euch mit Sperrfristen und Exklusivität
„Sperrfrist bis zum …“. Auch wieder solch ein Thema. Also erst einmal: Sperrfristen sind Vertrauenssache. Wer die Redaktion gut kennt, kann sie bitten, eine Sache erst zu einem bestimmten Termin zu publizieren. Und wenn es dafür auch einen Grund gibt (Pressekonferenz, Medienkampagne etc.), wird das auch im Dialog funktionieren.
Aber: Es gibt keine gesetzliche Grundlage dafür. Ob sich eine Redaktion an einen solchen Hinweis hält, ist reine Glückssache.
Oder ein Medium bekommt den Inhalt vorab und angeblich exklusiv angeboten. Exklusiv muss dann aber eben exklusiv sein – ansonsten trägt das nicht sonderlich dazu bei, Vertrauen aufzubauen.
Kurzum: Sperrfristen lieber sein lassen und stattdessen zeitgleich an alle versenden. Alles andere produziert im Zweifel mehr Ärger als es nutzt.
Mit Ehrlichkeit und ein bisschen gegenseitigem Verständnis ist es leichter im Leben. Auch im Umgang mit der Presse. Und mit Türstehern.