Fotoüberweisungen sind bisher die unbestrittene Domäne von Gini. Nun gibt es einen Konkurrenten auf dem deutschen Markt. Kann er dem Platzhirsch Kunden abluchsen?
Was Zewa für Küchenrollen ist und Tempo für Taschentücher, das ist Gini in der B2B-Welt für Fotoüberweisungen. Vielleicht sogar noch ein bisschen mehr, denn Gini gibt an, 90 Prozent des Marktes in Deutschland abzudecken. Wenn Nutzer:innen also eine Rechnung mit ihrer Banking-App scannen, um so die relevanten Daten auslesen und die Überweisung fertig machen zu lassen, dann steckt dahinter in der Regel das Fintech aus München. Bisher.
Denn im beschaulichen Koblenz will man nun vom Kuchen etwas abhaben. Die Infosoft Informations- und Dokumentationssysteme GmbH hat eine eigene Lösung für Fotoüberweisungen entwickelt: das Docutain Photo Payment SDK. Der Name mag zwar etwas sperrig klingen, doch geht Infosoft das ganze Thema an einer entscheidenden Stelle tatsächlich etwas anders an als Gini und will so schnell Marktanteile erobern.
Warum Infosoft so selbstbewusst ist
Marvin Frankenfeld, CPO von Infosoft, ist ganz optimistisch, dass das gelingen wird. Streng genommen sei es mit den Produkten des B2B-Software-Anbieters schon länger möglich, Fotoüberweisungen durchzuführen, sagt er. Dazu kombinierten erste Kunden, wie etwa die Star Finanz GmbH, bereits seit knapp drei Jahren verschiedene Pakete von Infosoft. „Da wir aber immer mehr Anfragen aus dem Bankensektor erhielten, haben wir nun unsere Produkte für das Scannen von Dokumenten und der Datenextraktion zu einer Softwarelösung für Fotoüberweisungen zusammengebaut”, sagt Frankenfeld.
Im Grunde hat die Softwareschmiede eine ganz einfache Marktanalyse durchgeführt. „Wir haben die Wachstumszahlen von Gini gesehen, hatten selbst Anfragen von Banken und sind der Meinung: Das Potenzial für unsere eigene Lösung ist da”, sagt Frankenfeld. Immerhin: hohe Entwicklungskosten hatte die Firma offenbar nicht, da die einzelnen Bestandteile der neuen Softwarelösung ja schon vorhanden waren.
Banken wollten eine Alternative zu Gini, ist Frankenfeld überzeugt. Und so etwas selbst zu bauen, sei für die Geldhäuser schlicht zu aufwendig. Gegenüber Gini will Frankenfeld vor allem mit einem Pluspunkt auf sich aufmerksam machen: Datenschutz. „Wann immer man ein Bild von seiner Rechnung macht, landet es erstmal auf dem Server von Gini. Bei unserer Lösung ist das anders, in dem Fall verbleiben die eingescannten Dokumente lokal auf dem eigenen Gerät“, sagt Frankenfeld. Da Datenschutzdebatten in Deutschland teils heftig geführt würden, könnte eine Bank, die bei Fotoüberweisungen mit mehr Datensicherheit werben kann, eher überzeugen, findet der CPO. Hinzu kommt laut Frankenfeld die neue Dora-Richtlinie, die Finanzunternehmen seit Januar anwenden müssen. Und die sieht vor, dass Banken, Versicherer und Co. ihre IT-Dienstleister genau überprüfen müssen. Unter Umständen müssen Verträge und das Risikomanagement angepasst werden. Da könnte, so Frankenfelds Kalkül, ein Drittanbieter mit vermeintlich besseren Datenschutz attraktiv sein.
Bei Gini gibt man sich gelassen
Bei Infosoft haben sie also ihre Hausaufgaben gemacht. Und bei Gini? Ist die Sorge vor dem neuen Konkurrenten nun groß?
Geschäftsführer Alexander Jäger wirkt nicht besonders besorgt. „Für uns belebt Konkurrenz das Geschäft, wir sehen das ehrlich gesagt sportlich“, sagt Jäger über das neue Angebot. Ohnehin arbeitet Gini eifrig an neuen Produkten, jenseits der Fotoüberweisungen, wie der CEO neulich im Interview mit Payment&Banking deutlich machte.
Dafür, dass Gini die Dokumente erstmal auf seinen eigenen Server lädt, gibt es laut ihm gute Gründe. Grundsätzlich ist Gini so aufgebaut, dass die Lösung des Pioniers in die Banking-App integriert ist. Wird ein Dokument von dort aus gescannt, landet es tatsächlich erstmal auf den Servern des Unternehmens, allerdings, damit eine KI das Foto dann optimieren kann. Anschließend geht es zurück in die Banking-App. Das dauert laut Jäger im Schnitt gerade mal 1,2 Sekunden. „Die bestmögliche User Experience soll aus unserer Sicht daher unabhängig vom Alter oder der Leistungsfähigkeit des verwendeten Geräts erreicht werden“, sagt er. Besonders auf heterogenen Plattformen wie Android, wo es große Unterschiede bei Akku und Leistung gibt, ermögliche der Gini-Ansatz „eine spürbare Entlastung des Endgeräts“. Zum Vergleich: Bei der Lösung von Infosoft liegt das Dokument nach Angaben des Unternehmens in Echtzeit vor.
„Für die Datennutzung schließen wir mit jeder Bank dazu individuelle Auftragsverarbeitungsverträge (AVVs), in denen Aufbewahrungsfristen und Verarbeitungszwecke detailliert geregelt sind”, sagt Jäger von Gini. Zudem sei man ISO 27001 zertifiziert (eine Norm für Informationssicherheits-Managementsysteme und erfülle die Anforderungen des BSI C5-Standards, der Mindestanforderungen an sicheres Cloud Computing stellt.
Zudem will Gini mit weiteren Nutzungsmöglichkeiten punkten. Da ist laut Jäger zum Beispiel ein Rücksenderechner, der mithilfe von KI Artikelpositionen auf Rechnungen erkennt und es Nutzer:innen ermöglicht, einzelne Posten abzuwählen und die verbleibende Summe automatisch berechnen zu lassen.
„Die Anforderungen der Kunden verändern sich rasant”, sagt Jäger. Neue Anbieter setzen Maßstäbe mit modernen, funktionsreichen Apps, die weit über klassisches Online-Banking hinausgingen. „Die traditionellen Player stehen vor der Herausforderung, mitzuhalten – und das bedeutet vor allem, ihre Apps zu digitalen Begleitern im Alltag der Nutzer weiterzuentwickeln.“ Und mit der Analyse dürfte auch im Bereich der Fotoüberweisungen für mehr als einen Anbieter Platz sein in Deutschland.