Wie gelingt die Migration eines Kernbankverfahrens, wenn Zeitdruck, Komplexität, neue Prozesse, gemischte Teams und hohe Ansprüche aufeinandertreffen? Die Kernbankmigration bei der Sparda-Bank Baden-Württemberg, die Atruvia bis jetzt knapp zwei Jahre lang begleitet hat, zeigt, wie es gehen kann.
Spannend wie eine gemeinsame Expedition – am letzten Juli-Wochenende 2025 ist die von Atruvia, Digitalisierungspartner der genossenschaftlichen FinanzGruppe, geleitete Kernbankmigration bei der Sparda-Bank Baden-Württemberg reibungslos über die Bühne gegangen. Und das bei einem Cut-Over-Datenpaket von 400 Gigabyte, verteilt auf 2,4 Milliarden Datensätze in 612 Tabellen. „Nach 21 Monaten Hauptprojektphase unserer Migration war es für mich beeindruckend zu erleben, wie es kurz vorher alle in der Bank vor Ungeduld nicht mehr aushalten konnten, endlich in das Cut-Over-Wochenende zu starten“, sagt Susanne Drescher, zuständige Projektvorständin bei der Sparda-Bank Baden-Württemberg. „Dieses ruhige, strukturierte und auf ein gemeinsames Ziel fokussierte Zusammenarbeiten mit Atruvia hat zu einem hervorragenden Cut-Over-Ergebnis geführt.“
Die Sparda-Bank Baden-Württemberg ist mit ihren 15 Milliarden Euro Bilanzsumme die größte der insgesamt elf Sparda-Banken. Gleichzeitig ist sie die vorletzte von fünf Sparda-Banken, die in diesem Jahr auf das Atruvia-Kernbankverfahren agree21 umstellen. Auf Baden-Württemberg folgt nur noch West – die übrigen sechs Institute liefen bereits auf den Atruvia-Systemen. Mit der Migration der Sparda-Bank West im Oktober 2025 liegt dann allen elf Banken dieselbe IT-Infrastruktur zugrunde – und das Mammutprojekt ist vollbracht.
Informieren, informieren, informieren: das A und O für die Kund*innen
Am Sonntag des Cut-Over-Wochenendes folgten ausgiebige Fach- und Mitarbeitendentests, bevor am Montag danach der Kundenbetrieb wieder startete – nahezu reibungslos, und das bei einem Volumen von rund 400.000 Kund*innen im eBanking und rund 370.000 betreuten Girokonten. Nicht zu vergessen die über 700 Mitarbeitenden, die ebenfalls in die Onboarding-Prozesse eingebunden waren.
Wie bei einer IT-Umstellung in dieser Größenordnung üblich, kam es in den ersten Tagen nach dem Cut-Over kundenseitig zu einem höheren Beratungsbedarf in den Servicecentern und den Filialen, ebenso zu einem erhöhten E-Mail-Aufkommen, das nach und nach bedient worden ist. Der Großteil der Kund*innen allerdings hatte sich aufgrund der groß angelegten Kommunikationskampagne im Vorfeld selbst auf die IT-Umstellung vorbereitet und auch Supportangebote wie FAQ und How-to-Videos genutzt.
„Bei solchen Prozessen ist eine kundenorientierte Kommunikation das A und O. Darauf sind wir intensiv schon Monate vor dem Cut-Over eingegangen – mit Mailings, vielen Infos in der App, auf unserer Homepage und auf unseren Social-Media-Kanälen, aber auch mit Display-Mitteilungen auf den SB-Geräten. Aber auch wichtige Bankinformationen können im Alltag untergehen. Wir kennen diesen Effekt und versuchen bestmöglich damit umzugehen, auch durch die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen“, sagt Stephanie Wachtarz, Pressekoordinatorin der Sparda-Bank Baden-Württemberg.
Kernbankmigration – was bedeutet das eigentlich?
So eine Kernbankmigration ist ein umfassender und tiefgreifender Wandel, bei dem die gesamte IT-Infrastruktur einer Bank – im Grunde das Herzstück ihres Betriebs – komplett ausgetauscht wird. Dieser Wechsel betrifft dadurch die gesamte Organisation. Für die Mitarbeitenden bedeutet das: Ein neues Arbeitsumfeld und neue Arbeitsabläufe, auf die sie sich zügig einstellen müssen. Denn wenn die Filiale am Montag wieder öffnet, das eBanking wieder aktiv ist, muss alles passen.
Das gelingt nur mit umfassenden Schulungen und präziser Vorbereitung. Bei einer solchen Migration arbeiten Bank und Digitalisierungspartner eng zusammen: Rund 300 Atruvia-Kolleg*innen begleiten den Migrationsprozess in unterschiedlicher Intensität direkt, darüber hinaus sind viele weitere indirekt beteiligt. Und nicht zu vergessen: Auch die Zusammenarbeit mit dem abgebenden IT-Dienstleister muss gut koordiniert sein. Viele Migrationsprojekte laufen parallel – eine Herausforderung für jede Personalplanung, denn das bedeutete für Atruvia, ausreichend hochprofessionelle, belastbare Migrationsexpert*innen und Projektmanager*innen bereitzustellen. Und die müssen sich fast zwei Jahre lang auf verschiedene Migrationsprojekte fokussieren, immer wieder umschalten und zwar so, dass der Kunde nichts davon merkt.
Nach dem Cut-Over ist das Migrationsprojekt nicht vorüber – dann startet die wochen-, oft monatelange Nachbetreuung, um alle Eventualitäten abzufedern. Der Tausch des Kernbankverfahrens ist einer der größten Changes, den eine Bank machen kann – auf vielen Ebenen: Technisch, organisatorisch, fachlich, betriebswirtschaftlich, menschlich. Da lässt es sich leider nie vermeiden, dass das eine oder andere zum Stichtag nicht hundertprozentig glatt läuft. Für die Betroffenen kann das aus nachvollziehbaren Gründen ärgerlich sein. Dann hilft der Blick aufs große Ganze: Das Metaziel ist erreicht, die Migration ist gemeistert. Um anfallende Probleme dennoch möglichst schnell zu lösen, hat das Migrationsteam Prozesse und Vorgehensweisen etabliert. Die jahrelange Erfahrung in Sachen Migration ist da natürlich von Vorteil.
Learnings aus vergangenen Kernbankmigrationen
Im Laufe der vergangenen Jahre und angesichts der Vielzahl umfassender Migrationsprojekte haben sich für Atruvia einige Key Learnings herauskristallisiert:
- Sorgfältige, minutiöse und professionelle Planung aller Projektphasen – unter Nutzung moderner Tools (Projektmanagement- und Testmanagement-Tool, Ticketingsystem, Minutenfahrplan für den Cut-Over) für Transparenz und Steuerung
- Frühzeitige und umfassende Einbindung der Mitarbeitenden auf Kundenseite
- Transparente Informationspolitik gegenüber Mitarbeitenden und Endkund*innen zur Vorbereitung auf den „Big Bang“; außerdem intensive interne und bankseitige Tests
- Nutzung der Migration zur Standardisierung, Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen
- Umfassende Vor-Ort-Präsenz durch Atruvia-Projektmitarbeitende in den ersten Tagen nach der Migration
„Eines unserer wichtigsten Learnings: Ein gutes Projektmanagement mit den richtigen Beteiligten und eine strukturierte Zeit- und Maßnahmenplanung sind essenziell für eine erfolgreiche Migration“, sagt Stephanie Wachtarz. „Wichtig, und nicht zu vergessen: eine produktive und fokussierte Arbeitsatmosphäre. Wir haben als großes Team zusammengearbeitet und gemeinsam mit Atruvia den technischen Grundstein für unser Zukunftsbanking in agree21 gelegt.“
AUTOR
Sebastian Lotz ist Projektmanager für Migrations- und Fusionsprojekte bei der Atruvia AG. Nach dem Zusammenschluss (2015) von Fiducia & GAD, den Vorgängerunternehmen von Atruvia, übernahm er als Teilprojektleiter Prozessmanagement eine zentrale Rolle beim bislang größten Migrationsvorhaben in der Unternehmensgeschichte. Bis Ende 2020 verantwortete er als Projektleiter die Migration zweier Sparda-Banken auf das Bankenverfahren agree21. Derzeit führt er das Projektleitungsteam, das die Migration der verbleibenden fünf Sparda-Banken umsetzt.




