Alipay investiert viel Geld, um Alipay+ in Deutschland und Europa bekannter zu machen und kooperiert für die Fußball-EM sogar mit Sparkassen und Nexi. Die Chinesen haben vor allem eine Zielgruppe im Blick. 

Wenn am 14. Juni das erste Spiel der Europameisterschaft 2024 angepfiffen wird, startet die größte Sportveranstaltung auf deutschem Boden seit der WM 2006. Seither hat sich im heimischen Fußball einiges getan: Franz Beckenbauer ist tot. Das Sommermärchen war gekauft. Poldi hat den Strafraum gegen Dönerbuden und Eisdielen getauscht. Und einige Werbebanner am Spielfeldrand können die wenigsten Fans lesen, selbst wenn sie wollten – weil sie aus asiatischen Schriftzeichen bestehen. 

Während vielen europäischen Fans aufstößt, wie sich der Fußball in den letzten Jahren kommerzialisiert hat, wird er im asiatischen Raum immer beliebter. 56 Millionen Chinesen sollen 2016 das EM-Finale mitten in der Nacht verfolgt haben. Und die dortigen Konzerne springen auf den Fußball-Hype auf: Sponsoring und Bandenwerbung asiatischer Player sind schon während der vergangenen großen Fußballabende aufgefallen. Um auch bei der Europameisterschaft präsent zu sein, hat sich Alipay schon vor Jahren bei der UEFA eingekauft. Für eine auf acht Jahre angelegte Partnerschaft blättert der Multimilliardenkonzern angeblich 200 Millionen Euro hin. Mit seinem Ableger Alipay+ ist der Konzern gleich auch noch Zahlungspartner für die Europameisterschaft 2024 und gegenüber CNBC machte man zuletzt klar, dass man mit seinem Angebot Alipay+ auch in den europäischen Zahlungsmarkt expandieren wolle. Ist die EM nun der Türöffner dafür?

Alipay+ erreicht angeblich mehr als drei Milliarden Kunden

Weltweit ist Alipay, Teil des chinesischen Shopping-Imperiums Alibaba, der meistgenutzte Drittanbieter von Online-Payments. Bei dem Online-Bezahlsystem verknüpfen Kunden Alipay über das Smartphone mit ihrem Bankkonto oder der Kreditkarte. Mit der Alipay-App wird dann an der Kasse ein QR-de gescannt, über den die Kunden bezahlen können. Dadurch sind kontaktlose Zahlungen auch bei älteren Handys möglich, die nicht mit NFC-Schnittstelle ausgestattet sind. Mit 870 Millionen Usern ist das die wichtigste chinesische Zahlungsform. Und auch im Westen ist Alipay bei vielen Händlern eine etablierte Zahlungsmethode. Rund 10.000 Einzelhändler akzeptieren die mobile Zahlungsmethode in Europa bereits. In Deutschland sind es seit 2017 etwa 4000, darunter Rossmann, die WMF Group, Kaufhof, die DM-Drogerien und seit 2021 auch Aldi Süd als erster Lebensmittelhändler. Henning Brandt von Computop ordnet die Ambitionen des chinesischen Konzerns so ein: „Langfristig will Alipay auch von Europäern als Zahlungsmittel genutzt werden”, sagt er. „Aber aktuell geht es erst einmal darum, die Akzeptanz seitens der Händler zu erhöhen.”

Um das zu schaffen, stellt der chinesische Konzern seit einigen Monaten seine Marketing- und Zahlunsgplattform Alipay+ ins Schaufenster und lässt diese auch als offiziellen Zahlungspartner der Europameisterschaft auflaufen. Alipay+ ist anders als Alipay keine eigene App, sondern eine technische Schnittstelle, die Händler integrieren können, um dann Zahlungen von Kunden aus mehreren asiatischen Ländern anzunehmen. Dazu zählen logischerweise die App-Nutzer von Alipay, aber auch die Kunden von GCash aus den Philippinen, TrueMoney aus Thailand oder OCBC Digital aus Singapur können über Alipay+ am Terminal bezahlen. Dafür muss der Kunde nur den QR-Code auf dem Terminal scannen und den Bezahlvorgang in seiner App bestätigen. Laut Alipay+ sind rund drei Milliarden Nutzer und mehr als 80 Millionen Händler an die Zahlungsplattform angebunden – Tendenz stark steigend. 

Sparkassen und Nexi kooperieren mit Alipay+ für die EM 2024

Für die EURO 2024 hat Alipay+ nun eine fette Marketingoffensive gestartet und nicht nur Nexi, sondern gleich auch die Sparkassen-Gruppe für Alipay+ begeistern können. Nexi hat seine POS-Terminals aufgerüstet, die Sparkassen haben das Verfahren in ihrer S-POS-App integriert. Damit sollen die meisten asiatischen Fußballfans in den Stadien, in den Fanzonen und den Städten drumherum direkt mit dem Smartphone bezahlen können. Gerade kleine Händler sind für die Asiaten mutmaßlich interessant, weil dort die Akzeptanz von heimischen Bezahlarten wie Alipay noch sehr gering ist. Stichwort: „Hier nur EC-Karte.” Weil viele kleine Händler die Sparkasse bereits nutzen und durch die App kein neues Terminal brauchen, sieht Henning Brandt von Computop hier einen großen Hebel: „Es ist eine kluge Lösung mit großer Reichweite.” Die Sparkassen sehen das naturgemäß ähnlich. Sven Korschinowski, Geschäftsführer der DSV-Gruppe und zuständig für die Tochter S-Payment, die den Deal für die DSV-Gruppe eingefädelt hat, sagt: „Wir wollten vor allen Dingen möglichst vielen Händlern ermöglichen, die Zahlungen der asiatischen Fußballfans in den Stadien und Fanzonen anzunehmen und ich glaube, da haben wir eine gute Anzahl erreicht.” Wie viele Zahlungen sie sich bei der Sparkasse erwarten, ließ die rote Finanzgruppe nicht durchblicken. Korschinowski scherzt aber: „So viele wie möglich.” 

Alipay als Zahlungsverfahren für Deutsche: „sehr, sehr unwahrscheinlich”.

Sollte sich Alipay+ auch über die Europameisterschaft in Deutschland oder Europa ausbreiten, dürfte das andere Zahlungsmethoden unter Druck setzen. Umso einfacher die asiatischen Kunden mit ihren heimischen Apps zahlen können und umso stärker die Durchdringung auf dem europäischen Markt ist, desto weniger häufig müssen sie womöglich auf Alternativen wie PayPal, Visa oder Mastercard ausweichen. Inwieweit das aber tatsächlich passiert, ist Stand jetzt, noch völlig ungewiss und dürfte stark an der langfristigen Händlerakzeptanz hängen. 

Dass sich dank Alipay+ künftig auch unter deutschen oder europäischen Nutzern ein Zahlungsverfahren wie Alipay in Deutschland durchsetzt, hält Sven Korschinowski allerdings für „sehr, sehr unwahrscheinlich.” Es gebe weder Nachfrage von den Menschen, noch seien Sparkassen daran interessiert, solch ein Verfahren in den Markt zu bringen. Schließlich versuchen Banken und Sparkassen über die European Payments Initiative (EPI) mit Wero ein eigenes europäisches Zahlungssystem zu etablieren. Starten soll das zwischen dem 28. Juni und 02. Juli. Genau zur Halbzeit der Europameisterschaft.

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