„Weniger Herrschaftswissen, mehr Klarheit – auch bei Steuern und Finanzen“

Porträt von Agnieszka Walorska

Agnieszka Walorska will die Bürokratie bezwingen – mit KI und einer ordentlichen Portion Unternehmergeist.

Agnieszka Walorska ist Gründerin von Mika – einem Fintech, das mit AI-Agenten die Buchhaltung und Steuern für kleine Unternehmen übernimmt. Die Ex-UX-Designerin, Tech-Podcasterin und Ausdauersportlerin kennt die Herausforderungen für Gründer:innen aus eigener Erfahrung und will Schluss machen mit komplexen Strukturen und bürokratischen Hürden. Im Interview spricht sie über ihren Weg in die Finanzwelt, ihre Vision einer demokratisierten Finanzlandschaft und warum sie dem Finanzministerium am liebsten ein Papierverbot erteilen würde.

Wer bist Du und was machst Du? 

Ich bin Agnieszka Walorska. Unternehmerin, Tech-Nerd und passionierte Ausdauersportlerin. 2006 bin ich zufällig über meinen ersten Job bei StudiVZ in die deutsche Start-up-Szene reingerutscht – und seitdem nicht mehr losgekommen. Ich habe eine ausgeprägte Bürokratieallergie. Deshalb habe ich Mika gegründet: Wir bauen AI-Agenten, die Buchhaltung und Steuern für kleine Unternehmen (GmbHs und UGs). Kurzfristig nehmen wir Unternehmer:innen den ganzen Papierkram ab – langfristig wollen wir die Financial Health von kleinen Unternehmen insgesamt verbessern. Nebenbei hoste ich den Tech-Podcast Zurück zur Zukunft, wo ich jede Woche aktuelle Tech-Trends analysiere und in einen größeren gesellschaftlichen Kontext einordne. 

Wie viel Kohle hast Du gerade im Portemonnaie?

So 50–60 Euro. Einfach, weil man in Berlin immer noch an zu vielen Stellen ohne Bargeld aufgeschmissen ist. 

Wie bist Du im Payment und Banking-Sektor gelandet? 

2013 habe ich mit meiner ersten Firma zwei große Projekte für Banken und Versicherungen gemacht – UX, Innovation, alles neu denken. Die wollten damals explizit Leute ohne Banking-Brille. Und dann hat mich die Branche nicht so richtig loslassen wollen. Mit der Konsequenz, dass ich meine Firma 2020 an eine der größten Technologieberatungen im Finanzbereich verkauft habe. Zu mika bin ich aber anders gekommen: Bürokratie und Steuerberater haben mich als Gründerin so fertiggemacht, dass ich dachte: Okay, das muss man einfach selbst besser lösen.

Wie möchtest Du den Payment und Banking-Bereich verändern? 

Ich glaube, dass generative KI hier wirklich etwas bewegen kann. Nicht, weil jetzt jede Bank unbedingt einen Chatbot braucht, sondern viel tiefer: In Finanzen, Versicherungen und Steuern steckt noch immer jede Menge „Herrschaftswissen“, das nur wenigen zugänglich ist – und vor allem weniger privilegierte Gruppen ausschließt. Die aktuellen technologischen Entwicklungen haben das Potenzial, dieses Wissen aufzubrechen und zu demokratisieren. Mein persönlicher Fokus liegt dabei auf kleinen Unternehmen: Gerade in Deutschland ist es extrem komplex und verlangt viel Fachwissen, die eigenen Finanzen im Griff zu behalten.

Aber am Ende gilt das Gleiche auch für Privatpersonen – dort gibt es ebenfalls viele Hürden.

Sind Fintechs die große Revolution – oder doch eher nur eine kleine Revolte? 

Wie in jedem Bereich: es kommt drauf an. Es ist ein ständiger Chase. Mal sind die Newcomer schneller im Scaling, mal schaffen es die Incumbents, ihre Produkte auf Vordermann zu bringen. Revolution oder Revolte hängt also nicht am Label „Fintech“ – sondern an der Frage, wer Geschwindigkeit und Relevanz besser kombiniert. 

Wenn Du Finanzministerin wärst, was würdest Du sofort ändern? 

Den Job will ich echt nicht haben – ehrlich gesagt beneide ich auch niemanden, der ihn hat… Aber klar ist: Wir brauchen ein Steuersystem, das den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen ist. Außerdem sind heute Gründung, Unternehmensführung und auch Schließung in Deutschland so bürokratisch, dass man sich als Gründer:in schnell wie ein potenzieller Schwerverbrecher fühlt. Wer hat da bitte noch Lust, ein Unternehmen aufzubauen? Die bürokratischen Pflichten, vor allem für Klein- und Kleinstunternehmen müssen drastisch runter. Und ohne ins Detail zu gehen: auch das Steuerberatergesetz könnte dringend ein Update vertragen. 

Und ja – den Finanzämtern würde ich sofort ein Papierverbot erteilen. 

Werden wir persönlich: Was machst Du in Deiner Freizeit – und sag´ jetzt nicht „Lesen und Freunde treffen”. 

Bei dem Gründer-Arbeitspensum muss ich mich da leider zwischen „Lesen“ und „Freunde treffen“ entscheiden. Und da ich introvertiert bin und im Job schon genug Interaktion habe, entscheide ich mich meistens für die Bücher. Aber Spaß beiseite: Ich bin passionierte Ausdauersportlerin und trainiere eigentlich immer für irgendeinen Marathon oder Triathlon. Außerdem ist mein Tech-Podcast Zurück zur Zukunft mein Hobby – und wenn ich die Zeit finde, setze ich mich (zum Leidwesen meiner Nachbarn) auch mal ans Klavier.

Wie bezahlst Du an der Supermarktkasse? 

Apple Pay 

Welche Finanz-Apps sind Deine drei beliebtesten? 

Tatsächlich die, die meiner Meinung nach Herrschaftswissen im Finanzbereich demokratisieren: 

● Trade Republic – und auch Beatvest im Investment-Bereich (auch wenn ich Beatvest selbst nicht nutze). 

● Taxfix – weil sie die persönliche Steuererklärung maximal vereinfacht haben. 

Taxfix und Trade Republic sind für mich Vorbilder für das, wo ich mit mika hin will: Steuern und Finanzen für kleine Unternehmen so einfach machen, wie es heute für Privatpersonen schon möglich ist. Und wir sind auf dem weg dahin. mika ist auch tatsächlich die Anwendung, die ich mit am meisten nutze. Eat your own dog food eben: Ich mache unsere Buchhaltung selbst, damit ich den Touch mit den Problemen und Bedürfnissen unserer User nie verliere.

Autor

  • Bei Payment & Banking navigieren wir Dich durch die dynamische Landschaft der Finanz- & Fintech-Branche. Wir sind ein vielseitiges und diverses Team aus Gründer:innen, Investor:innen, Berater:innen und Redakteur:innen mit der Mission, tiefere Einsichten zu liefern und die Branche aktiv zu formen. Als unabhängiger Wirtschafts-Hub berichten, recherchieren und analysieren wir die wichtigsten Themen rund um die Themen Payment, Banking, FinTech und mittlerweile auch Krypto und digitale Assets.

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