2018 verließ Kate Terry den sicheren Job beim Versicherungskonzern Liberty Mutual, um gemeinsam mit Jonathon Grayson eine eigene Firma zu gründen. Wie sie in mehreren Interviews verriet, liefen bei tradierten Versicherern in den USA ihrer Ansicht nach gleich zwei Dinge falsch. Sie unterschätzten die Veränderungen innerhalb des Markts, die sich durch eine stärkere Nachfrage junger Zielgruppen ergeben. Und sie vernachlässigten freie Vermittler, die für 700 Mrd. Dollar an Prämienvolumen stehen. Mit ihrem Startup Surround Insurance wollten sie und ihr Partner dies ändern.
Casual-Versicherungen für junge Leute
Wie auch hierzulande verstehen sich die Versicherer in den USA in erster Linie als Verkäufer von Lösungen, die auf ein individuelles Risiko zugeschnitten sind. Und nach dem eigenen Verständnis begleitet die Versicherung mit ihren Produkten die Kundschaft durch das ganze Leben: von der ersten Unfallversicherung, über die Krankenversicherung bis zum Sterbegeld. In diesem Konstrukt finden sich nur junge Menschen lediglich teilweise wider.
Denn die jungen Kund:innen und ihre Bedürfnisse haben sich auch in den USA gewandelt. Zum einen fehlt es ihnen an Wissen rund um Finanzen und Vorsorge. Was der Opa noch wusste, gehört nur noch bedingt zum Erfahrungsschatz der 20- bis 30-Jährigen. Dazu kommt, dass flexible Abo-Modelle für diese Generation zum Alltag gehören.
Und schließlich benötigen die jungen Leute längst nicht das ganze Arsenal an Versicherungspolicen, zwischen denen sie die Wahl haben. Als Studierende oder Berufseinsteiger ist das Geld knapp und die Sorgen vor der Zukunft noch eher gedanklich weit weg.
Auf Basis dieser Überlegungen entwickelte Surround Insurance sein Geschäftsmodell. Zum Portfolio gehören u. a.:
- Eine Versicherung für Mieter, die Schäden in der Wohnung abdeckt. Das kann der Einbruch sein, wie auch ein Personenschaden, den die Bewohner:innen oder Gäste durch einen Unfall erledigen.
- Die Haftpflichtversicherung für alle Autofahrer:innen, die kein Auto besitzen. Ob Mietwagen oder von Freunden geliehenes Fahrzeug spielt für Surround Insurance keine Rolle.
- Unfallversicherung für alle, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind.
- Und schließlich eine Versicherung für das Freelancen, die Schäden abdeckt, die Auftraggeber:innen entstanden sind.
All das flexibel und online abschließbar und mit flexiblen Laufzeiten. Und weil die Notwendigkeit der Policen und das Wissen um die Risiken bei der Zielgruppe nicht unbedingt vorausgesetzt werden kann, informiert das Insurtech umfassend mit Hintergrundartikeln in seinem Blog. Zudem sind die Beschreibungen der Produkte in einfacher Sprache gehalten.
Was ebenfalls auffällt: Auf der Website fehlt jede Anbiederung an die Zielgruppe. Die in der Kommunikation deutscher Versicherer so typischen Bilde mit strahlenden Gesichter junger Leute, die bei möglichst coolen (oder was die Älteren so dafür halten) Alltagssituation abgelichtet wurden, fehlen komplett.
Wenn Tradition auf Moderne trifft
Es gibt noch etwas, was Surround Insurance anders als viele andere Insurtechs macht. Auch hier ließ sich Kate Terry von ihren bisherigen Erfahrungen leiten. So schön eine gut gestaltete Website, die zum Abschluss einer Versicherung führt, auch ist. Wie nützlich eine App auch sein mag: Versicherungsgeschäft ist und bleibt in weiten Teilen ein persönliches Geschäft. Bei den Maklerbüros in den USA, den Insurance Agents, handelt es sich vielfach um kleinere Unternehmungen, die teilweise bereits in zweiter oder sogar dritter Generation aktiv sind. Damit verbunden ist häufig ein ebenso traditioneller Beratungsansatz und ein entsprechend zusammengestelltes Produktangebot.
Surround Insurance hat sich von Anfang an dem Maklervertrieb geöffnet. Diese leiten dann die Interessenten direkt an Surround weiter, das die weitere Ansprache und Betreuung übernimmt.
Aktuelles Funding in dieser Woche
Nach einer größeren ersten Anschubfinanzierung Ende des vergangenen Jahres in Höhe von 1,7 Mio. Dollar, ist es Surround in dieser Woche gelungen, weitere 2,5 Mio. Dollar für sein vertikales Modell in einer Seed-Runde einzuwerben. Das Geld steckt das Insurtech in den Vertrieb und neue Produkte.