Warum die KI-Einführung bei so vielen Unternehmen scheitert

Silke Finken spricht als Kolumnistin über Herausforderungen bei der KI-Einführung in Unternehmen

Viele Firmen tun sich mit KI-Piloten und Agenten noch schwer. Aus innovationstheoretischer Sicht ist das nicht ungewöhnlich. Woran es liegt und wie wir es besser machen könnten.

Die Diskrepanz scheint groß zu sein: Einerseits steht KI – insbesondere generative KI und KI-Agenten – ganz oben auf der To-do-Liste der meisten Unternehmen, andererseits scheitert derzeit noch ein signifikanter Anteil der Piloten. 95 Prozent der befragten Organisationen sehen laut dem aktuellen Report des MIT „The state of AI in Business 2025“ nur wenig eindeutig messbaren Erfolg nach den Pilotphasen ihrer KI-Initiativen. Der Think Tank Rand schätzte 2024 die Quote der scheiternden KI-Piloten auf über 80 Prozent und Gartner geht derzeit davon aus, dass mehr als 40 Prozent der Agentic-AI-Projekte bis Ende 2027 eingestellt werden. Doch sind diese Zahlen wirklich so unerwartet, besorgniserregend und negativ?

Kontinuierliche Innovation unter Unsicherheit

Aus Innovationssicht bin ich darüber nicht wirklich überrascht – allerhöchstens über die negativen Schlagzeilen und Posts, die aufgrund der Studien immer wieder die Runde machen. Gerade bei neuartigen Technologien wie generativer KI und KI-Agenten bewegen wir uns teilweise noch auf unbekanntem Terrain und werden dabei mit einer extrem hohen Entwicklungsgeschwindigkeit konfrontiert. Das bietet enorme Chancen, zwingt uns aber auch dazu, unsere Komfortzone zu verlassen und über Lösungen und Geschäftsmodelle komplett neu nachzudenken. 

Wir befinden uns in einem Zustand kontinuierlicher Innovation und müssen durch iteratives und teilweise experimentelles Vorgehen lernen, welche Ansätze gut funktionieren und welche weniger gut. Das führt dazu, dass ein Teil der Piloten nicht von Anfang an zum Erfolg führen wird, und eine Quote von eins zu zehn ist gerade bei neuen Technologien oder signifikanten Veränderungen nicht ungewöhnlich. Anders ausgedrückt: Eine Erfolgsquote von nahezu 100 Prozent hieße, dass wir bei Weitem nicht innovativ genug denken.

Schnell und systematisch testen

Entscheidend ist, wie wir mit dieser Unsicherheit umgehen. Ideal ist ein konstruktiver und chancenorientierter Umgang, der auch unnötige Verunsicherung und Frustration innerhalb der Organisationen vermeidet. Das heißt: Schnell lernen, was funktioniert und was nicht, und dann die Piloten anpassen oder die knappen und wertvollen Ressourcen für andere KI-Projekte und Use Cases einsetzen. 

Hilfreiche Ansätze aus dem Innovationsmanagement sind Design Thinking und Sprints, Use Cases, die konsequent von den Kunden und dem Kundenerlebnis her gedacht werden, Portfolio-Ansätze und Methoden wie „intelligentes Scheitern“. Darunter versteht man kontrollierte und zielgerichtete Proof of Concepts zum Testen konkreter Hypothesen und Ideen unter risikominimierenden Rahmenbedingungen, begleitet von einem systematischen Lernprozess. Dies fokussiert die Ressourcen auf die vielversprechendsten Use Cases und erhöht deren Erfolgswahrscheinlichkeit. 

Grundlage für die Auswahl der Piloten sollte außerdem eine klare strategische Zielsetzung sein, die Fokussierung auf die wichtigsten Kundenbedürfnisse und Pain Points sowie eine Priorisierung auf Basis des Skalierungspotenzials und der Qualität, Verfügbarkeit und Kritikalität der Daten. Es geht darum, Abläufe, Prozesse und Bereiche mithilfe von KI neu zu denken und zu optimieren, statt KI-Anwendungen in bestehende, suboptimale Prozesse zu integrieren: Strategische Transformation statt Schrotflinte oder Flickenteppich. 

Piloten scheitern an Strukturen, Organisation und Mindset 

Die derzeitigen Hauptgründe für das Scheitern von KI-Piloten sind wenig überraschend, allerdings auch nicht immer leicht zu beheben. Die meisten dieser Gründe basieren nicht auf der eigentlichen Technologie, sondern auf organisatorischen, strukturellen und mentalen Themen. Sie reichen von einer fehlenden strategischen und transformativen Ausrichtung über unzureichende Datenqualität, -verfügbarkeit und -governance sowie fragmentierte Prozesse und Infrastrukturen bis hin zu einer fehlenden AI-Literacy, die sich entweder in Berührungsängsten und geringer Akzeptanz oder aber in blindem Vertrauen und geringer kritischer Reflexion ausdrückt. In Bezug auf die Technologie hapert es zudem an der noch geringen Lern- und Anpassungsfähigkeit der bestehenden Tools.

Es gibt also noch einiges zu tun, bevor wir in großem Umfang messbare monetäre Erfolge des Einsatzes von KI sehen. Laut einer Studie von McKinsey aus dem November 2025 sah jedoch etwa die Hälfte der befragten Unternehmen bereits einen positiven Einfluss auf Innovationen, Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit.

Generative KI und KI-Agenten als Innovationen behandeln 

Statt also angesichts des Anteils scheiternder Piloten verunsichert oder frustriert zu sein, sollten wir generative KI und KI-Agenten lieber als das betrachten und behandeln, was sie sind: Innovationen, die einen noch relativ hohen Grad an Unsicherheit und eine sehr dynamische Entwicklungsgeschwindigkeit aufweisen. Deshalb ist das Scheitern eines signifikanten Teils der Piloten kein Wunder, sondern eher ein typisches Phänomen angesichts der Neuartigkeit der Technologie. Der Weg vorwärts heißt daher: Strategisch und chancenorientiert denken, systematisch ausprobieren und lernen und notwendige Rahmenbedingungen schaffen und optimieren. Dann klappt es auch mit der KI.

Autor

  • Silke Finken ist Professorin für Innovationsmanagement. Darüber hinaus ist sie gefragte Keynote-Speakerin, Buchautorin und Beirätin und unterstützt Führungsteams mit fokussierten Workshops zu Strategie-, KI- und Innovationsfragen. Ihre Kernthemen sind Innovationsmanagement und -kultur, KI und digitale Transformation im Banking sowie Embedded Finance. Vor der Übernahme der Professur leitete Silke Finken das Innovations- und Consultingmanagement im Transaction Banking der DZ BANK. Davor war sie Projektleiterin in der Financial Service Practice von Bain & Company.

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