In eigener Sache: In den letzten Monaten hat sich herauskristallisiert, das einige unser Payment & Banking Mitglieder in ihrem Hauptjob zur Deutschen Bank wechseln. Aufgrund dessen, verfassen die Protagonisten dazu individuelle Statements. Nach der Vorhut André und Rafael gestern nun heute die Nachhut

Jochen Siegert

“Ausgerechnet der Bankenbasher geht zu einer Bank” wird wohl der eine oder andere gedacht haben bei der Ankündigung meines Wechsels zu einer Bank. Da ist schon das erste Problem der Wahrnehmung: Ich war nie ein pauschaler “Bankenbasher”. Ja, ich lege manchmal die Hand sowohl bei Banken auch als auch bei Fintechs in die Wunde, wo so vorhersehbar sinnlose Entscheidungen getroffen wurden, wenn offensichtlich alternative Fakten versucht werden zu verkaufen und marktfremde Geschäftspolitik bzw. Gremien sich manchmal stark konträr gegen Markt und Kunden stemmen und damit Geld verbrannten. Dabei geht es mir immer inhaltlich darum wie man Dinge besser, erfolgreicher machen kann, denn wir brauchen in Deutschland mehr Innovation und viel mehr digitale Erfolge sowohl bei Konzernen als auch Start-ups. Das Ökosystem im Silcon-Valley zeigt, dass diese gegenseitigen Erfolge wie Öl in einem Motor die wesentliche Grundlage des Fortkommens darstellen. Ex-post würde ich daher mit Kritik viel lieber komplett daneben liegen. Auf der anderen Seite habe ich auch immer gute Entwicklungen der Fintechs, Banken und Sparkassen honoriert und stark gelobt, aber irgendwie wird Lob nie so stark wahr genommen.

Bevor ich in die StartUp-Welt eintauchte, arbeitete ich jahrelang sowohl als enger Dienstleister für Banken als auch in Banken selbst. Als Leiter des Produktmanagements der KarstadtQuelle Bank verantwortete hatte schon Mitte der 2000er Jahre bei diesem Spartenmarktführer Probleme zu lösen, die viele Banken bis heute beschäftigen: Wie treibe ich Produktinnovation trotz eines veralteten Cobol-Kernbankensystems, dessen Ablösung schon zweimal scheiterte? Wie transformiere ich die Bank von einer Filialbank mit Call-Center in eine “richtige” Direktbank? Danach wechselte ich zur Paypal Bank nach Luxembourg und war dort anfangs wieder für die Bankprodukte/Finanzprodukte zuständig in einer Silicon-Valley-Organisation, die sich aber genauso mit Legacy Code und Legacy Systemen herumschlagen musste.

Und nun also eine Bank - Die Vorhut zur Bank

Was viele bis heute nicht wissen (oder vielleicht auch gar nicht wahrhaben wollen) PayPal war schon Ende der 2000er Jahre mit den identischen IT-Problemen konfrontiert wie traditionelle Banken. Der große Unterschied war jedoch: Sowohl bei der KarstadtQuelle Bank als auch bei Paypal wurde nicht gejammert, sondern unternehmerisch gedacht, Lösungen entwickelt und Produkte trotzdem nach vorne gepusht.

Die letzten 5 Jahre mit Traxpay haben wir das Start-up auch explizit als “bankenfreundliches” Fintech etabliert, während alle unsere Wettbewerber versuchten die Banken und ihre Rolle beim Corporatekunden zu marginalisieren. Traxpay geht nun in eine neue Phase über: Der harte, teilweise sehr kräftezehrende Turn-Around der letzten 5 Jahre, zu dem Markus Rupprecht als Gründer zurück und ich als Externer neu in die Gesellschaft gerufen wurden, ist abgeschlossen. Traxpay wurde transformiert von einem Start-up ohne nennenswerte Kunden und Umsatz mit extrem hohem Cashburn in eine neue Firma mit namhaften Kunden und einem Produkt, das durch die allgemeine wirtschaftliche Lage seit Covid-19 sogar noch angefeuert wurde. Entsprechend war dieser Wendepunkt und Meilenstein bei Traxpay jetzt ein guter Zeitpunkt für einen Wechsel. Das Potential für die Firma ist sehr groß und ich bleibe dem Team sowohl emotional verbunden als auch weiter ein größerer Shareholder.

Seit fast 20 Jahren kenne ich den Deutsche Bank Konzern in verschiedenen Rollen: als Privatkunde, als Transactionbanking-Firmenkunde, als Kooperationspartner und als Dienstleister. Die Diskussionen und Offenheit der Deutschen Bank im Corporate Banking hatte mich sehr positiv überrascht. In den Verhandlungen über das Investment in Traxpay lernte ich die Bank sogar noch besser kennen.

Anders als im Retailbanking stehen uns die großen Innovationssprünge und die Transformation des Corporate Bankings erst bevor, wie wir erst vor einigen Wochen hier im Blog im Kontext der Frage wer die GAFAs im Corporate Banking sind, analysiert haben.

Zum Beispiel mit der Veränderung von industriellen Geschäftsmodellen von Capex zu Opex und durch IoT bieten sich im Corporate Banking spannende neue Herausforderungen und Chancen für Produkte, wie Christoph Bornschein auch schon mal ausführlich in einem unserer Podcasts erklärte. Als Unternehmer liegen hier natürlich die Möglichkeiten auf der Hand gleich ein neues StartUp zu gründen…. oder es in der marktführenden Corporate Bank in Deutschland umzusetzen. Eine sehr interessante Chance, die ich gerne nutzen möchte. Also back2banking, auch wenn es jetzt die größte Bank ist, für die ich bisher arbeiten durfte.

Dem Payment & Banking Team bleibe ich natürlich erhalten. Ich werde weiter Artikel schreiben, Podcasts produzieren und unsere Konferenzen begleiten. In meiner neuen Rolle werde ich natürlich zu manchen Dingen weniger schreiben können und wollen. Dafür wieder mehr erklären und Infografiken machen, wozu ich in den letzten Monaten leider viel zu wenig gekommen bin.

Und nun also eine Bank - Die Nachhut zur Bank

Kilian Thalhammer

Jetzt der auch noch”, “das war ja klar”, „fällt denen/ihm nichts Besseres ein“ – sind Sprüche die natürlich (und in Teilen auch zu Recht) aus der Community kommen. Aber ich bekomme auch sehr viel positives Feedback – was mich freut!

Sprechen wir mal über meine Ausgangslage:
Eigentlich war der Plan ein ganz anderer nach 2 Jahren Wirecard und dem Aufbau des globalen Produktmanagements „from Scratch“ waren wir echt auf einem guten Weg und wir wollten richtig groß werden und uns im „Playground“ der Financial Serivces Player etablieren (und mehr). Den „Old Banks“ zeigen, wie das geht und was man machen kann. Immer links überholen (oder rechts oder oben oder unten).
Die Chance war da und es mangelte nicht an Opportunities und Ansätzen (was mich immer noch massiv ärgert, dass wir hier soviel nun „halb angebissen liegen lassen mussten“), denn einige von den Produkten hätten wir schon auf die Straße bekommen, da bin ich mir sicher. Aber dann „explodiert“ Manila und vieles andere und innerhalb vob zwei Wochen wird „nachhaltig“ eine ganze Company vernichtet und damit auch die Pläne von 6.000 Mitarbeitern und viel, viel Geld von Kunden, Aktionären, Partnern, Dienstleistern und Leuten die vertraut haben.

Anyhow – different Story….

Nun war es Zeit für einen neuen Plan – Offensichtlich war für eine lang angelegte Vorbereitung „oder auch eine Strategie“ keine Zeit also musste der „Bauch“ her.
Natürlich verfällt man erstmal in einer Art „Schockstarre“. Man muss alles erstmal verstehen – und einordnen. Was sicherlich immer noch nicht komplett gelungen ist. Bei mir war diese nach etwas „Nachdenkunterstützung“ schnell wieder aufgelöst und weiter geht’s.

So gesehen also nichts von langer Hand geplantes und aus dem Kontext „passiert manchmal dann auch besseres.

Und nun also eine Bank - Die Nachhut zur Bank

Und warum “Die Bank”? Einerseits zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort und manche Opportunitäten muss man greifen, wenn sie da sind („immer die Frage im Hinterkopf: Wird es besser, wenn ich noch 4-6 Wochen nachdenke? aber auch „wieviel Loyaltät muss man der Firma gegenüber zeigen? Und viel wichtiger noch ggü. dem Team – was erwartet es, was braucht es, kann man das überhaupt alles unter einen Hut bringen und „richtig“ machen oder ist es am Ende eh „falsch“ ? – schwierig). Aber auch das Thema und die damit zusammenhängende Umgebung. Ich glaube, die Basis ist da, der Marktzugang und die Positionierung.

Der Markt hat sich gewandelt und auch die Positionierung und Einstellung. Es gibt nicht mehr das „Fintech vs. Incumbent“ Spiel und wir schwimmen alle im selben Teich und zusammen können wir eine ganze Branche verändern, nachhaltig und auf ein nächstes Level bringen. Wo sie definitiv hin muss.

Mich freut das Vertrauen, dass mir ab Tag 1, ab dem ersten Gespräch entgegengebracht wurde – da bin ich nun in der Bringschuld. Natürlich bin ich ein Greenhorn im Großbanken Umfeld aber bringe dafür vieles andere mit und in der Kombination liegt die „explosive Kraft“.

Und natürlich ist es falsch zu sagen, dass die persönlichen Kontakte keinen Einfluss darauf haben. Ich vertraue auf Feedback von Leuten, die ich kenne und mit denen ich über Jahre zusammenarbeite (btw. wer macht das bitte nicht?) und wenn ich etwas Bewegen will, sollten auch ein Team dabei sein, mit denen ich glaube, dass was vorangeht und das ist der Fall – es geht was! – Schlafen kann ich später immer noch.

Und Payment & Banking was heißt, das nun? Für mich “no Change” – auch wenn das nach außen vielleicht nicht so rüberkommt – einerseits ist es natürlich die zeitliche Komponente – die gab es davor aber auch – so gesehen erwarte ich da nicht mehr oder weniger. Dann die inhaltliche Frage und ob die Vielfalt verloren geht? – Glaube nicht, dazu sind wir zu viele unterschiedliche “Typen” – werden wir zu allem noch was sagen? – wir hoffen doch.

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