So sparen sich Händler die Bankgebühren

Carola Wahl @Nexi

In einigen Geschäften müssen Kunden bei Zahlungen mit der Girocard keine PIN mehr eingeben. Möglich macht das eine spezielle Lastschrift-Variante. Doch es gibt auch Verlierer.

Es ist ein Trend, der nicht mehr wegzudiskutieren ist: Netzbetreiber nutzen die Möglichkeiten von Mehrfachmandaten bei der Lastschrift immer häufiger auch im stationären Handel. Das führt dazu, dass Kunden einmal eine Unterschrift bei einer Zahlung leisten müssen und dann über Monate hinweg auf die Eingabe einer PIN an der Kasse verzichten können. Die Neuerung hat das Potenzial, das Einkaufen im stationären Einzelhandel zu verändern. Aber wer ist Verlierer dieser neuen Lastschrift-Spielart? Wer kann auftrumpfen? Und was bedeutet das eigentlich für die Sicherheit der Zahlungen am Point-of-Sale? Hier kommen die wichtigsten Fragen und Antwort zu Mehrfachmandaten bei Lastschriften. 

Wie funktionieren Mehrfachmandate für Lastschriften im stationären Einzelhandel? 

Im Prinzip ist die Idee aus dem Online-Handel geklaut. Auch dort können Nutzer einmal ein Sicherheitsfeature eingeben, woraufhin die Unternehmen jeden Monat einen Beitrag abbuchen. Möglich macht das ein sogenanntes Mehrfach- oder Dauerlastschriftmandat. Im stationären Handel funktioniert es ähnlich, nur dass nicht jeden Monat oder jede Woche Geld eingezogen wird. Kunden geben durch ihrer Unterschrift vielmehr die Erlaubnis, dass bei den nächsten Einkäufen immer eine Lastschrift-Zahlung ausgelöst werden darf. Der Kunde muss also beim nächsten Einkauf im Supermarkt oder im Freizeitpark keine PIN mehr eingeben. Das gilt auch für Zahlungen mit der Girocard, die die sonst so magische Grenze von 50 Euro überschreiten. Im Prinzip muss es gar kein Limit für Zahlungen mehr geben, die meisten Anbieter haben aber eine Grenze bei besonders hohen Zahlungen im beispielsweise vierstelligen Bereich vorgesehen. Erst nach 180 Tagen, also alle sechs Monate, müsste der Kunde wieder eine Unterschrift leisten.

Wie verbreitet ist die Methode? 

Noch ist der Einsatz von wiederkehrenden Lastschriftmandaten im stationären Handel recht neu. Bei Payone beispielsweise haben sie das neue Feature seit 2021 flächendeckend im Angebot, andere Netzbetreiber haben ungefähr zur gleichen Zeit begonnen. Seither aber verzeichnen sie alle eine steigende Nachfrage. Bei Telecash beispielsweise heißt es, dass die „gesamte Branche eine steigende Nachfrage nach Mehrfachmandaten” erlebe. Bei Nexi beobachten sie eine Nachfrage, die zuletzt „kontinuierlich gestiegen” ist. Und bei Payone bestätigt eine Sprecherin den Trend: „Seit Einführung des Mehrfachmandats haben sich bereits zahlreiche Händler verschiedenster Branchen und Größen für das Produkt entschieden – Tendenz steigend.” Das Interesse sei zudem branchenübergreifend zu sehen. So hätten Buchläden um die Ecke die Bezahlart ebenso nachgefragt wie international agierende Modehändler oder Drogisten. Welche Unternehmen es genau nutzen, wollte aus Gründen der Vertraulichkeit kein Anbieter preisgeben.

Woher kommt die Idee überhaupt – und wie ist sie reguliert? 

Lastschriften gab es schon lange vor dem heute PIN-basierten Verfahren der Girocard. Im Zuge der SEPA-Regularien wurde dann 2009 auch die Lastschrift neu reguliert. Seither ist laut SDD-Rulebook geregelt, dass ein neues elektronisches Lastschriftmandat eine einzigartige ID bekommt. Tatsächlich gibt es dadurch die Möglichkeit, bei erneuten Zahlungen auf eben diese Mandats-ID zu verweisen, wodurch es kein neues SEPA-Mandat braucht und weswegen dann auch keine erneute Unterschrift notwendig ist. Voraussetzung dafür ist eine sogenannte Mandats-ID-Tabelle, um auf bereits bestehende SEPA-Mandate zu verweisen. Der Aufbau einer solchen erschien vielen Anbietern zunächst zu aufwändig. Deshalb wurde zumeist bei jeder Zahlung ein neues SEPA-Mandat generiert. Erst mit der Pandemie und dem gesteigerten Interesse am möglichst kontaktlosen Bezahlen änderte sich diese Sicht, was dann zur Einführung von Mehrfachmandaten auch im stationären Einzelhandel führte.

Wer gewinnt bei dieser Spielart der Lastschrift – und wer verliert?

Die Gewinner des weiterentwickelten elektronischen Lastschriftverfahren sind zweifelsohne Kunden wie auch Händler. Für Verbraucher ändert sich nämlich erst einmal nichts, außer, dass sie keine PIN oder Unterschrift mehr bei wiederholten Einkauf leisten müssen. Das spart für sie also in der Regel Zeit und vielleicht ein wenig Nerven, wenn hinter ihnen die Schlange schon rumort. Zudem haben sie die Möglichkeit, ihr Geld bei unberechtigten oder falschen Abbuchungen schnell zurückzubekommen. Das funktioniert wie bei einer Lastschrift.

Auch die Händler sparen die Zeit, die so eine PIN-Eingabe sonst gebraucht hätte. Deutlich spannender ist für sie aber die Kosteneinsparung. Weil das elektronische Lastschriftverfahren ohne Intermediäre auskommt, können Netzbetreiber wie Payone, Telecash oder Nexi das Verfahren noch einmal deutlich kostengünstiger als die Zahlung einer Girocard anbieten. Die bisherigen Bankgebühren bei einer Girocard-Zahlung in Höhe von 0,2 Prozent des Umsatzes entfallen ebenso wie die Netz-Service-Entgelte der Girocard, erklärt eine Sprecherin von Payone. Die SEPA-Lastschrift sei somit die „kostengünstigste Alternative für den Handel”. Das bestätigt auch Konkurrent Nexi. Dort sehen sie die hohe Nachfrage der Händler insbesondere in der „Kostenersparnis” begründet. Einnahmen verloren gehen insbesondere dem Scheme-Betreiber der Girocard. Das dürfte sich allerdings erst auswirken, wenn das Volumen tatsächlich signifikant wird.

Gibt es neue Risiken bei Mehrfachmandaten für Lastschriften? 

Größere Sicherheitsrisiken als bei einer PIN-basierten Zahlung sind nicht zu erwarten. So ist es beispielsweise unmöglich, sich an den Supermarktkassen Geld oder Cashback auszahlen zu lassen. Sollte die Karte also einmal gestohlen sein, könnten Diebe ausschließlich in den Geschäften einkaufen, bei denen der Kunde ein Dauer- oder Mehrfachmandat für seine Girocard hat. Diese kennt er aber nicht und würde damit schnell Gefahr laufen, zu einer PIN-Eingabe aufgefordert zu werden. Die Netzbetreiber betonen zudem, dass jemand, der eine Girocard stiehlt, auch nicht vor einer gefälschten Unterschrift zurückschrecken würde. Eine wegfallende Unterschrift sei also nicht weniger sicher.

Hinzu komme das Risiko-Monitoring und dass die Terminalbetreiber zufällig zwischen den Verfahren wie PIN oder elektronischer Lastschrift wechseln würden. Für Diebe sei der Einsatz einer gestohlenen Girocard daher weiterhin ein „Glücksspiel.” Weder Telecash noch Nexi oder Payone konnten seit Einführung der Mehrfachmandate eine Veränderung der Betrugszahlen feststellen. 

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Autor

  • Nils Heck (geb. Wischmeyer) ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei und seit März 2024 Redaktionsleiter bei Payment and Banking. Er ist zudem Autor der monatlichen Kolumne „Nils nörgelt“, in der er sich kritisch mit aktuellen Trends in der Payment- and Bankingbranche beschäftigt.

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