„Papier ist geduldig – aber Digitalisierung ist schneller“

Armin Wittemer von der LBBW im Interview

Armin Wittemer ist Produktmanager für Global Trade & Payments bei der LBBW – und kämpft mit Leidenschaft gegen Papierberge im Außenhandel.

Mit über 30 Jahren Branchenerfahrung ist Armin Wittemer ein echter Routinier im Transaction Banking, aber weiterhin an neuen Entwicklungen interessiert. Als Tech-Nerd mit schwäbischer Akribie digitalisiert er bei der LBBW Prozesse, die bislang von Stempeln, Zollformularen und langen Wegen geprägt sind. Im Interview spricht er über die Renaissance von Supply-Chain-Finance, warum Fintechs manchmal nur Revolte statt Revolution sind – und was er als Justizminister sofort ändern würde.

Wer bist Du und was machst Du?

Ich bin Armin Wittemer, aktuell Produktmanager im Bereich „Global Trade & Payments“ bei der LBBW. Mein Schwerpunkt liegt auf der Digitalisierung von Trade-Finance-Lösungen. Gemeinsam mit unseren Kunden entwickle ich innovative Ideen und Geschäftsansätze und forme daraus marktfähige Lösungen – eine spannende Herausforderung in einem Bereich, der oft durch tradierte Prozesse und viel Papier geprägt ist.

Wie viel Geld hast Du gerade im Portemonnaie?

Sehr wenig – ich zahle fast ausschließlich mit Wallet und Karte.

Wie bist Du im Payment- und Banking-Sektor gelandet?

Während meines dualen Studiums in einem Industriekonzern bin ich eher zufällig im Treasury-Department gelandet. Dort faszinierten mich sofort die Payment-Themen. Damals war für mich klar, dass ich eines Tages in den Banking-Sektor wechseln möchte, um noch tiefer in das Transaction Banking einzutauchen. Mittlerweile bin ich fast 30 Jahre in der Bankbranche tätig und den Themen Payment, Cash Management und Trade Finance in unterschiedlichen Funktionen treu geblieben.

Wie möchtest Du den Payment- und Banking-Bereich verändern?

Im Bereich Payments und Cash-Management sind die Kundenbedürfnisse gut abgedeckt. Hier sehe ich mich aktuell nicht als „Veränderer“. Mein Fokus liegt auf der Digitalisierung im Trade Finance, einem Bereich, in dem nach wie vor Papier und sperrige Prozesse dominieren. Gerade für Deutschlands exportorientierte Wirtschaft ist es entscheidend, dass wir in diesem Thema bei der Digitalisierung als „First Mover“ agieren. Dazu möchte ich meinen Beitrag leisten.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Verbesserung und Digitalisierung von Supply-Chain-Finance-Lösungen (SCF). Diese waren in Zeiten von Nullzinsen und stabilen Lieferketten oft zweitrangig. Aktuell erleben sie jedoch eine Renaissance. SCF-Lösungen sind essentiell, um das Working Capital unserer Kunden in Balance zu halten. Wir Banken müssen hierfür barrierefreie, speziell für den Mittelstand konzipierte Lösungen anbieten.

Sind Fintechs die große Revolution – oder doch eher nur eine kleine Revolte?

Ein Beispiel für eine echte Revolution sind die deutschen Neobroker. Obwohl das Brokerage schon seit den 2000er-Jahren digital war und traditionelle Onlinebroker als erfolgreich und unantastbar galten, wurde durch die Neobroker eine völlig neue Dynamik geschaffen. Dass sich diese „Revolte“ tatsächlich zu einer erfolgreichen Revolution entwickelte, hat mich ehrlich überrascht.

In vielen anderen Bereichen müssen Fintechs erst noch beweisen, ob sie über den Status einer solchen  Revolte hinauskommen. Mit zunehmender Regulatorik und der Herausforderung, Skalierung und Profitabilität zu erreichen, dürfte dies für viele Fintechs schwierig sein – wenn nicht gar unmöglich.

Wenn Du Finanzminister*in wärst, was würdest Du sofort ändern?

Finanzminister möchte ich nie sein. Wenn ich mir jedoch etwas wünschen dürfte, würde ich gerne kurzfristig das Amt des Justizministers übernehmen. Mein Ziel: Die Umsetzung des „UN Model Law on Electronic Transferable Records“ (MLETR) in Deutschland. Dieses Gesetz schafft die Rechtsgrundlage für digitale Handelsdokumente und deren rechtssichere Übertragung. Nach der Umsetzung hätte ich meinen Job erledigt und würde sofort wieder ins Banking zurückkehren.

Werden wir persönlich: Was machst Du in Deiner Freizeit – und sag´ jetzt nicht „Lesen und Freunde treffen“.

Ich laufe gerne und erfülle unseren beiden Katern jeden Wunsch.

Wie bezahlst Du an der Supermarktkasse?

Mit Wallet oder Karte.

Welche Finanz-Apps sind Deine drei liebsten?

Scalable, TradingView und AppleWallet. 

👉 Wer Armin live erleben möchte: Jetzt Ticket sichern für die BEX 2025! Im Panel „Trade Finance: Jenga für Fortgeschrittene – Was hält, was fällt?“ geht es um die großen Fragen der Handelsfinanzierung. Warum scheitern so viele digitale Initiativen? Liegt es an mangelnder Prozessharmonisierung, zu viel Regulierung oder fehlender Skalierung? Und vor allem: Was braucht es, damit die digitale Infrastruktur beim nächsten Schock nicht sofort einstürzt? Gemeinsam mit Jan Osenegg, Nadine Brandies, Markus Rupprecht und moderiert von Stefan Schmautz analysiert Armin Wittemer, wie Trade Finance endlich aus dem Schattendasein tritt – und welche Rolle Banken, FinTechs und Infrastrukturanbieter dabei wirklich spielen.

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  • Bei Payment & Banking navigieren wir Dich durch die dynamische Landschaft der Finanz- & Fintech-Branche. Wir sind ein vielseitiges und diverses Team aus Gründer:innen, Investor:innen, Berater:innen und Redakteur:innen mit der Mission, tiefere Einsichten zu liefern und die Branche aktiv zu formen. Als unabhängiger Wirtschafts-Hub berichten, recherchieren und analysieren wir die wichtigsten Themen rund um die Themen Payment, Banking, FinTech und mittlerweile auch Krypto und digitale Assets.

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