„Es kann nicht mehr jeder Dulli ein Krypto-Start-up gründen” 

Bitpanda-Gründer Eric Demuth

Die neuen Regelungen für Krypto-Firmen sind streng und ab 2027 werden sie sogar noch strenger. Das könnte die Szene abwürgen – oder sie endlich reifen lassen.

Die Krypto-Welt war lange eine regulatorische Vollkatastrophe. Weder waren Krypto-Start-ups richtig reguliert, noch wurden sie so intensiv beaufsichtigt wie beispielsweise Banken. Das handelte der Szene in den vergangenen Jahren zurecht die Beschreibung „Wild Wild West” ein. Die Folgen mangelnder Aufsicht führten zu großen Pleiten wie der Zusammenbruch der Kryptobörse FTX oder der Krypto-Firma Genesis, die das gesamte Ökosystem erschütterten und Investoren heftig verunsicherten. Viele zogen ihr Geld ab, sodass allein im vergangenen Jahr das Investitionsvolumen in Krypto-Start-ups um mehr als 60 Prozent einbrach. 

Mit MiCAR (Markets in Crypto-Assets Regulation) gibt es teilweise bereits heute ein strenges europäisches Regelwerk, das mit Inkrafttreten EU-Geldwäscheverordnung ab 2027 noch deutlich schärfer wird. Spätestens ab dann gehören Krypto-Dienstleister genauso zu den „Verpflichteten” wie Fintechs und große Banken. Das bedeutet, dass sie alle Sorgfaltspflichten der Geldwäschebekämpfung beachten müssen, angefangen bei einem umfangreichen KYC-Prozess bis hin zur Meldung von auffälligen Aktivitäten. Das macht es für neue Krypto-Start-ups nahezu unmöglich, an den Markt zu kommen, wie auch die heftig eingebrochenen Neugründungszahlen im Krypto-Bereich zeigen, die der Start-up-Verband zuletzt veröffentlichte. Waren es 2021 noch 91 Gründungen im Krypto- und Blockchain-Bereich, zählten die Studienautoren für das erste Halbjahr 2024 nur noch acht. Droht das deutsche Krypto-Ökosystem also zu scheitern – oder ist das der nötige Schritt, um endlich erwachsen zu werden? 

Krypto: Weniger Neugründungen im Start-up-Bereich

Zunächst einmal lässt sich festhalten, dass die eingebrochenen Neugründungszahlen nicht ausschließlich auf die strengen Regularien zurückgehen. Jannis Gilde, Projektleiter Research beim Start-up-Verband, betont beispielsweise, dass der Krypto-Markt seit jeher geprägt sei von hoher Unsicherheit und Volatilität. „Entsprechend gab es hier in der Vergangenheit Hype-Phasen, die von Übertreibung und langfristig nicht tragfähigen Geschäftsmodellen geprägt waren”, sagt er. Hinzu kamen Skandale. Auch insgesamt sei im Fintech-Sektor mit weiteren Konsolidierungen zu rechnen. Kurz gesagt: Das Marktumfeld ist gerade nicht das Beste. Bitpanda-CEO und Krypto-Pionier Eric Demuth schränkt diese Sicht allerdings ein und betont, dass es insbesondere komplexere Geschäftsmodelle wie bspw.  Krypto-Börsen, Trader und andere regulierte Dienstleister schwer hätten, aktuell zu gründen, weil es in Deutschland und Europa eine der härtesten Regulierungen weltweit habe. Doch dass dies so ist, hält Demuth für gut und richtig. Es läge in der Natur der Sache, dass die regulatorischen Hürden für Neugründungen in dem Bereich hoch sind und dadurch auch das Anfangsinvestment recht hoch sein müsse. „Im Bereich Infrastruktur und Layer-2-Anwendungen sehen wir in ganz Europa aber ein großes Interesse an Gründungen und da ist auch viel Dynamik drin”, sagt Demuth von Bitpanda. 

Das Krypto-Einhorn Bitpanda hatte zuletzt auch einen 50 Millionen Euro schweren Fonds für Investments in Krypto-Start-ups aufgelegt. „Gerade, wenn wir den Blick auf Europa weiten, sehen wir ein großes Interesse an Gründungen, da passiert sehr viel. Das ist jedoch nichts im Vergleich zu der Dynamik, die aktuell in den USA und insbesondere Asien vorherrscht.”, so Demuth.

Was sich also schon jetzt beobachten lässt, drei Jahre bevor die EU-Geldwäscheverordnung in Kraft tritt: Der Krypto-Markt wird deutlich regulierter und ein Eintritt schwieriger. Ein ähnliches Phänomen konnte man bereits bei Neobanken beobachten, bei denen zu Anfang noch Scalable Capital, Trade Republic und N26 mit großen Versprechen in den Markt stürmten. Zuletzt gab es aber kaum noch neue Fintechs, die dazu kamen. Die ehemaligen Fintech-Hoffnungen mussten zudem auf die harte Tour lernen, was es bedeutet, unter die Knute der Bafin zu geraten. N26 hatte beispielsweise lange einen Geldwäschebeauftragten im Haus und konnte eine heftige Neukunden-Decklung erst vor wenigen Wochen loswerden. Beim Berliner Fintech Solaris ist es noch verheerender. Dort hat die Bafin erst vor wenigen Tagen die Maßnahmen aufrechterhalten und sogar mit einem Zwangsgeld gedroht. Solche Maßnahmen sind nötig, animieren aber weder Gründer noch Start-ups, sich in einen so hochregulierten Markt zu begeben. Im Krypto-Bereich dürfte es bald ähnliche Maßnahmen geben.  

Krypto kann aus der Schmuddelecke kommen

Doch ist eine strengere Regulatorik tatsächlich nur Hemmnis? Hört man sich bei Experten und auch in der Szene um, ist das nicht der Fall. Im Gegenteil: Viele sehen gerade die Kryptoregulierung als Möglichkeit, endlich erwachsen zu werden. Bilanz-Expertin Carola Rinker beispielsweise sagt, dass die „Regulierung von Kryptowährungen dazu beitragen kann, diese aus der Schmuddelecke zu holen” und auch Burkhard Eisele von der Unternehmensberatung LPA beobachtet, dass die Krypto-Firmen die Regulierung lange nicht stringent genug behandelt haben. Das wird sich nun ändern, oder konkreter: „Das wird für sie noch zu einem riesigen Berg Arbeit führen, weil viele die regulatorischen Anforderungen noch nicht stringent umgesetzt haben”, sagt Eisele.

„Es kann nicht mehr jeder Dulli ein Krypto-Start-up gründen, der nur versucht schnell reich zu werden und im Zuge dessen viel Schaden anrichtet. Regulierung ist da, um genau das zu verhindern.“

Bitpanda-CEO Eric Demuth

Bitpanda-CEO Eric Demuth sieht die gestiegenen Einstiegshürden ebenfalls als Chance, denn: „Es kann nicht mehr jeder Dulli ein Krypto-Start-up gründen, der nur versucht schnell reich zu werden und im Zuge dessen viel Schaden anrichtet. Regulierung ist da, um genau das zu verhindern.” Das wiederum bedeute, dass die gesamte Szene erwachsener geworden sei, was schlussendlich dazu beitragen kann, bei Investoren, Kunden und natürlich auch der Aufsicht ein größeres Vertrauen zu erlangen.

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Autor

  • Nils Heck (geb. Wischmeyer) ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei und seit März 2024 Redaktionsleiter bei Payment and Banking. Er ist zudem Autor der monatlichen Kolumne „Nils nörgelt“, in der er sich kritisch mit aktuellen Trends in der Payment- and Bankingbranche beschäftigt.

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