Vor ein paar Wochen erreichte uns eine Pressmitteilung des Zahlungsdienstleister Unzer, die über Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens informiert. Grund genug für uns, einmal nachzufragen.

Die Finanzbranche ringt um ESG (Environmental, Social, Governance). Im dritten Jahr der Umsetzung der regulatorischen Vorgaben der EU betonen Banken und Versicherungen wie wichtig ihnen das Thema sei. Rückschläge gab es indes allerdings auch schon. Stichwort: Greenwashing.

Das Thema beschäftigt indes auch andere Branchenakteure, wie etwa den Payment-Dienstleister Unzer. ESG und Payment? Wie passt das zusammen? Das wollen wir von Dr. Max Steiger, Chief Compliance and Governance Officer bei Unzer wissen.

Wie seht ihr den Einfluss, den ein Paymentunternehmen auf den Umbau unserer Wirtschaft nehmen kann?

„Es stimmt natürlich, dass unsere Produkte und Tätigkeiten nicht die gleichen Auswirkungen auf die Umwelt haben wie die eines industriellen Herstellers. Dennoch sehen wir es als Marktteilnehmer und Mitglied der globalen Gemeinschaft als unsere Pflicht an, die Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren und zum Erhalt der natürlichen Ressourcen unseres Planeten beizutragen. Und ESG meint ja nicht nur nachhaltiges Wirtschaften, sondern heißt auch, verantwortungsvoll und ethisch zu handeln. Das betrifft meiner Meinung nach alle Unternehmen, unabhängig von der Branche.

Wie integriert ihr Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte in eure Geschäftsstrategie? Ist ESG Teil der Strategie oder lediglich eine Selbstverpflichtung?

„ESG ist fest in unserer Geschäftsstrategie verankert. Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und ethische Unternehmensführung werden immer wichtiger – und das zu Recht. Dabei geht es uns nicht nur um die Verantwortung gegenüber Kund:innen, Mitarbeiter:innen und Eigentümer:innen, sondern auch um globale Herausforderungen. Wir können den Klimawandel oder soziale Ungerechtigkeit nur als Weltgemeinschaft bekämpfen. Unser Ziel ist es, ein Vorreiter für verantwortungsvolle Geschäftspraktiken in der Zahlungsbranche zu sein.“

Und welche konkreten Maßnahmen habt ihr ergriffen, um eure Umweltauswirkungen zu reduzieren?

„Ein wesentlicher Treiber unserer Kohlenstoffemissionen bei Unzer sind unsere Geschäftsreisen und Bürogebäude. Deshalb setzen wir vor allem hier an. Beispielsweise haben wir in unseren deutschen Niederlassungen überall Ökostrom. Wenn Reisen notwendig sind, nutzen wir, wo immer möglich, das öffentliche Schienennetz. Bei der Beschaffung unterstützen wir den Kauf nachhaltiger Produkte auf allen Ebenen unseres Unternehmens und fördern den Einsatz von Elektrofahrzeugen in unserem Flottenmanagement. Und unsere Mitarbeiter:innen können – je nach Standort und Tätigkeit – den Großteil ihrer monatlichen Arbeitszeit von zuhause aus arbeiten und ihre Bürotage flexibel wählen.

Bis 2030 wollen wir als Unzer vollständig klimaneutral sein. In den kommenden Jahren werden wir daher weitere Maßnahmen umsetzen, um den Energie- und Stromverbrauch in unseren Büros zu senken. Zudem wollen wir verstärkt in Elektromobilität investieren und attraktive Angebote für Mitarbeiter:innen schaffen, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit zu kommen.“

Du hattest ja bereits erwähnt, dass ESG ja nicht allein den Umweltaspekt umfasst. Wie fördert euer Unternehmen soziale Gerechtigkeit und Vielfalt in der Belegschaft?

„Wir legen großen Wert darauf, dass sich alle Mitarbeiter:innen sicher, unterstützt und respektiert fühlen, egal woher sie kommen oder wer sie sind. Dazu haben wir einen klaren Wertekanon, Führungsgrundsätze und einen Verhaltenskodex erarbeitet. Und wir haben eine Speak-up-Kultur implementiert, in der offenes Feedback und Mitsprache nicht nur Schlagworte sind, sondern gelebt werden. Aktuell beschäftigen wir Menschen aus 55 Nationen – Diskriminierung hat keinen Platz bei uns.“

Dr. Max Steiger ist Chief Compliance and Governance Officer bei Unzer.

Und wie geht es bei diesem Thema weiter?

„Wir wollen noch besser werden und haben uns ambitionierte Gleichstellungsziele gesetzt. Bis 2027 wollen wir gleich viele Männer wie Frauen beschäftigen. Im kommenden Jahr liegt der Fokus darauf, detaillierte Karrierepfade umzusetzen und unsere bestehenden Trainingsprogramme auszuweiten.“

Warum ist gerade dieser Aspekt für eurer Unternehmen wichtig?

„Vielfalt und Integration am Arbeitsplatz sind nicht nur moralisch und ethisch wichtig. Sie sind auch die Quelle für unterschiedliche Perspektiven, Ideen und Lösungen. Diese Diversität erleben wir bei Unzer jeden Tag, und sie bereichert uns. Wir hören auf alle Stimmen, nicht nur die lauten.“

Welche Richtlinien und Standards habt ihr für ethisches Geschäftsverhalten und Corporate Governance etabliert?

„In den vergangenen zwei Jahren haben wir intensiv daran gearbeitet, den höchsten Standards in Sachen Compliance und Unternehmensführung gerecht zu werden. In diesem Sinne hilft uns die Prüfung der Aufsicht bei unserer Tochter Unzer E-Com. Wir haben jeden Stein umgedreht, jede:n Händler:in und jeden Vertrag geprüft, und weit mehr als 15 Millionen Euro in die Weiterentwicklung unserer Compliance-Prozesse und die Einführung neuer Softwaretools investiert. Außerdem haben wir im letzten Jahr einen Beirat unter dem Vorsitz von Martin Blessing berufen, der die Geschäftsführung bei allen wichtigen Entscheidungen in Bezug auf Strategie, Betrieb, Compliance und Finanzen berät. Wir werden hier nicht aufhören, sondern auch in Zukunft weiter investieren, um in unserer Industrie führend in Sachen Compliance und Unternehmensführung zu werden.“

Wie transparent seid ihr in Bezug auf eure ESG-Performance und Berichterstattung? Wie messt ihr Fortschritte? Lasst ihr euch bewerten?

„Wir haben in unserer ESG-Strategie messbare Ziele definiert, die wir regelmäßig überwachen. Im Bereich Umwelt arbeiten wir dazu mit einem Softwareanbieter für automatisierte CO₂-Bilanzen und ESG-Ratings zusammen. Im Bereich Soziales messen wir gruppenweit die Zufriedenheit unserer Mitarbeitenden, und sehen uns zusätzlich Kennzahlen wie Krankheitsstand oder die Anzahl an Trainings an. Und im Bereich Unternehmensführung haben wir natürlich wirksame Strukturen und Prozesse nach dem Modell der drei Verteidigungslinien etabliert. Außerdem lassen wir unser Risikomanagement und unsere Governance auch extern prüfen.“

Wie seht ihr den langfristigen Wert von ESG-Integration für das Geschäftsergebnis und die finanzielle Performance?

„Wir glauben, dass finanzieller Erfolg und Nachhaltigkeit immer stärker Hand in Hand gehen. Schon heute spielen ökologische Verantwortung, Vielfalt, Integration und ethisches Verhalten bei der Bewertung von Unternehmen eine Rolle. Künftig werden ESG-Kriterien sicher noch stärker berücksichtigt werden – etwa von Endverbraucher:innen oder Anteilseigner:innen.“

Wie läuft das mit der ESG in der Praxis? Wie weit reicht dies bei der Annahme von Kund:innen? Würdet ihr einen zurückweisen, wenn der zum Beispiel bekanntermaßen gegen ESG besonders vehement verstößt?

„Wir bei Unzer schätzen Vertrauen und ethische Standards in allen unseren Geschäftsbeziehungen. Deshalb erwarten wir auch von unseren Lieferant:innen, Händler:innen und Partner:innen sowie deren Tochtergesellschaften und Unterauftragnehmer:innen, dass sie sich an alle geltenden Gesetze und Vorschriften halten. Unsere Erwartungen an Partner:innen in Bezug auf Menschenrechte, Geschäftsethik und Umwelt haben wir in unserem Verhaltenskodex dargelegt. Außerdem haben wir ethische Richtlinien verabschiedet, die klar regeln, mit welchen Partner:innen wir zusammenarbeiten und mit welchen nicht.“

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