Liquidität entscheidet über Wachstum: Was der Mittelstand jetzt verstehen muss

Liquidität ist kein Puffer mehr, sondern Wachstumstreiber. Die Visa-Studie zeigt: Wer Cashflow smart managt, sichert Geschwindigkeit und Zukunftsfähigkeit im Mittelstand.

Ausgangspunkt für diese Einschätzung von mir ist die aktuelle Visa-Studie zum Thema Working Capital. Dazu habe ich auf LinkedIn einen Artikel veröffentlicht. Umso mehr freue ich mich, dass der Text auch hier bei Payment & Banking als Gastbeitrag erscheint. Es ist mir wichtig, dass das Thema stärker auf die Agenda rückt. Dass dies inzwischen passiert, zeigt auch die diesjährige Banking Exchange in Frankfurt am 16.9., bei der mehrere Panels die Rolle von Mittelstand und KMUs beleuchten.

Schnelligkeit schlägt Konditionen: Warum Cashflow-Management für KMU zur strategischen Führungsaufgabe werden muss

Wenn wir über die Zukunft des deutschen Mittelstands sprechen, kommen viele sofort auf die bekannten Themen zu sprechen: Fachkräftemangel, Digitalisierung, Regulierung. Alles wichtig, keine Frage. Doch in diesen Diskussionen wird meiner Meinung nach ein Punkt oft unterschätzt – die Liquidität. Dabei zeigt die neue Visa-Studie zum Middle-Market Growth Corporates Working Capital Index 2024–2025 sehr deutlich: Liquiditätsmanagement entscheidet darüber, ob Unternehmen wachsen können oder nicht.

Wachstum braucht Geschwindigkeit

In einer Wirtschaft, in der sich Märkte und Technologien rasant verändern, reicht es nicht mehr aus, gut aufgestellt zu sein. Es kommt darauf an, im entscheidenden Moment handlungsfähig zu sein. Wer erst Finanzierung beschaffen muss, ist zu spät. Wer liquide ist, kann sofort zugreifen.

Die Visa-Studie liefert dafür eindrückliche Zahlen: Die erfolgreichsten 20 Prozent der Unternehmen zahlen ihre Rechnungen 28 Prozent schneller, senken ihre Zinskosten um 25 Prozent und sparen dadurch jährlich im Schnitt 11 Millionen US-Dollar. Diese Unternehmen haben verstanden, dass Liquidität kein Sicherheitspuffer ist, sondern der entscheidende Wachstumshebel.

Vom Notgroschen zum Wachstumsinstrument

Bemerkenswert finde ich wie sich sich die Rolle des Liquiditätsmanagements verändert hat. Mehr als 80 Prozent der befragten CFOs und Treasurer nutzen inzwischen Working-Capital-Lösungen – ein Anstieg von 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig setzen immer mehr Firmen Liquidität geplant und strategisch ein, statt sie nur im Notfall anzuzapfen. Das entspricht einem Plus von 16 Prozent.

Für den deutschen Mittelstand, der unter gestiegenen Finanzierungskosten, Fachkräftemangel und dem Druck zur digitalen wie nachhaltigen Transformation steht, liegt hier eine große Chance. Wer seine Liquidität aktiv steuert, verschafft sich Freiräume – nicht nur, um Krisen zu meistern, sondern um gezielt zu investieren.

Kunden wollen Schnelligkeit und Einfachheit

Ein weiterer zentraler Befund der Studie betrifft die Erwartungen der Kunden. Rund 22,6 Prozent der Unternehmen wünschen sich personalisierte Finanzservices – und das sogar mehr als bessere Konditionen oder technologische Innovationen. Das zeigt: Es geht nicht mehr nur um Kosten, sondern um Einfachheit, Geschwindigkeit und Relevanz.

Gerade für KMU bedeutet das, dass Finanzprodukte dort verfügbar sein müssen, wo sie gebraucht werden: im Checkout, in der Buchhaltung, direkt in den Geschäftsprozessen. Embedded Finance ist deshalb kein Trendbegriff mehr, sondern ein handfestes Wettbewerbsthema.

Meine Empfehlung: Die drei Säulen für eine stabile Basis

Aus den Ergebnissen der Studie leite ich für den Mittelstand eine klare Empfehlung ab: Wer künftig agil und wettbewerbsfähig bleiben will, braucht eine Liquiditätsbasis, die auf drei Säulen steht.

  • Kreditkarten – Sie sichern schnellen und unkomplizierten Zugriff auf Kapital.
  • Embedded Finance – Finanzierung muss direkt in Geschäftsprozesse integriert werden, um im entscheidenden Moment keine Zeit zu verlieren.
  • Banken – Trotz aller Innovationen bleiben sie unverzichtbare Partner für langfristige Finanzierung und Stabilität.

Die richtige Balance zwischen diesen drei Elementen ist entscheidend. KMU, die ausschließlich auf klassische Bankfinanzierung setzen, werden an Geschwindigkeit verlieren. Nur wer flexibel denkt und verschiedene Instrumente kombiniert, kann Chancen konsequent nutzen.

Fazit: Liquidität ist ein strategisches Führungsthema

Die Studie zeigt eindeutig: Liquidität entscheidet über Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Für den Mittelstand darf sie kein Randthema mehr sein, das in der Finanzabteilung abgelegt wird. Sie gehört auf die Agenda der Geschäftsführung.

Ich bin überzeugt: Wer heute eine smarte Liquiditätsbasis schafft, wird morgen jede Chance nutzen können – egal ob es um neue Märkte, digitale Geschäftsmodelle oder nachhaltige Investitionen geht. Der Mittelstand hat das Know-how, die Innovationskraft und die Nähe zu den Kunden. Aber nur, wer auch liquide ist, wird daraus echten Erfolg machen.

Author

  • Miriam Wohlfarth ist Unternehmerin, Aufsichtsrätin und Beirätin. 2009 hat sie das Payment-Unternehmen Ratepay gegründet und war dort bis zum Oktober 2021 Geschäftsführerin. 2020 hat sie das Fintech Banxware mitgegründet und ist dort Co-CEO und GF. Seit 2016 ist Miriam Gesellschafterin bei Payment & Banking. Sie ist außerdem Aufsichtsrätin bei Mercedes-Benz Mobility AG und Freenet AG. Weiterhin engagiert sie sich ehrenamtlich als Gesellschafterin bei Startup Teens e.V., als Beirätin der Programmierschule School 42 und im Kuratoriumsvorsitz des Bundesverband Deutsche Startups.

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