Lemon Markets: „Es wird niemand gekündigt”

Lemon Markets legt Exit hin.

Die Deutsche Wertpapierservice Bank (dwpbank) schluckt das Fintech Lemon Markets. Was das für Mitarbeiter und die Firma bedeutet und welche strategische Überlegung hinter dem Deal steht. Die News-in-depth.

Max Linden und sein 2020 gegründetes Start-up Lemon Markets waren das, was man in der Fintech-Szene als großen Hoffnungsträger bezeichnet hat. Die Idee der Firma war es, über eine Schnittstelle auch anderen Finanzfirmen die Möglichkeit zu geben, den Handel mit Wertpapieren zu ermöglichen. Eine Idee, die offenbar elektrisierte. Das zeitweise 60-köpfige Team schaffte es, nach der Gründung im Jahr 2020 in nur wenigen Jahren mehr als 30 Millionen Euro von namhaften Investoren einzusammeln. Wagniskapitalfonds wie Lakestar oder CommerzVentures steckten ihr Geld und ihre Hoffnung in den 24-jährigen Linden und das Managementteam, zu dem wichtige Köpfe wie Ex-N26-Führungskraft Markus Gunter oder Dirk Schlömer, Ex-Finanzchef der BNP Paribas, gehörten. Kunden wie Tomorrow oder Holvi nutzen den Service des Bafin-lizenzierten Fintechs. 

Doch seit Mittwoch ist klar: Für Lemon Markets geht es alleine nicht weiter. Das Hoffnungsträger-Fintech wird zu 100 Prozent von der Deutschen Wertpapierservice Bank (dwpbank) geschluckt und soll dort als eigenständige Tochterfirma neben den bisherigen Tochtergesellschaften, der dwp Service und der dwp Software, bestehen. Das berichtet am frühen Mittwochmorgen zunächst die Börsenzeitung, später gab es dann auch die inhaltlich identischen Meldungen dwp und Lemon Markets. Denen zufolge übernimmt die dwpbank nicht nur Lemon Markets, sondern auch das Management. Das Closing soll im Herbst 2025 erfolgen, die Bafin muss den Deal noch genehmigen. Wie es dann mit den Mitarbeitern abseits des Managements weitergeht, war in der Meldung zunächst nicht aufgeführt. Max Linden stellt im Interview mit Payment & Banking aber klar: Das gesamte Team von Lemon Markets wechselt mit dem Kauf zur dwpbank. „Es wird niemand gekündigt”, sagt er. „Ich habe genau so viel unternehmerischen Antrieb wie zuvor und wir haben auch für alle mindestens genau so viel Arbeit wie bisher.” 

Das sagt Max Linden zum Exit

Auffällig an den Meldungen der Unternehmen ist, dass von den Firmen weder eine Bewertung von Lemon Markets noch ein etwaiger Kaufpreis kommuniziert wird. Selbst wenn es üblich ist, die genaue Kaufsumme zu verschweigen, wird bei Exits meist zumindest eine Größenordnung genannt, beispielsweise ein „einstelliger Millionenbetrag” oder eine „niedrige achtstellige Summe.” Dass das in diesem Fall nicht geschehen ist, kann schlicht an der Verschwiegenheit des neuen Eigentümers liegen. Es könnte allerdings auch ein Zeichen dafür sein, dass die tatsächliche Verkaufssumme nicht so hoch ausfiel. 

Dass Lemon Markets überhaupt nach einem Käufer gesucht hat, liegt offensichtlich an der nicht immer einfachen Acquise, gerade bei größeren Finanzfirmen abseits des Fintech-Bereichs. „Wir haben einen starken Partner gesucht, weil wir gemerkt haben, dass wir bei größeren Kunden oft vom Risikomanagement ausgebremst wurden”, sagt Gründer Max Linden. Jetzt könne man sagen: ‘Als dwpbank Gruppe haben wir mehr als 2,2 Billionen Euro verwahrtes Vermögen.’ Ärgster Konkurrent auf dem Markt dürfte Upvest sein. Das 2017 gegründete Fintech konnte unter anderem N26 oder Bunq als Kunden gewinnen. 

Lemon Markets soll als Marke bestehen

Ebenfalls spannend ist, dass Lemon Markets als Marke künftig nicht verschwinden soll. Die dwpbank will eigenen Angaben zufolge mit einer „Zwei-Marken-Strategie” auftreten. Das bedeutet, das bisherige Vollverwahr-Angebot wird um den Brokerage-as-a-Service-Teil von Lemon Markets ergänzt und das Angebot nicht einfach integriert. Kunden sollen künftig von einem „flexiblen Leistungsportfolio” profitieren, heißt es in den Mitteilungen. So will man neue „Kundensegmente im Wertpapiergeschäft” erschließen. „Die dwpbank hat bisher ein Vollverwahrangebot und wir eine schlanke und effiziente Lösung”, skizziert Max Linden. „Beides zusammen führt dazu, dass wir jetzt ein sehr flexibles Angebot machen können, je nachdem was die Kunden brauchen.”

Der Zukauf von Lemon Markets könnte aber noch einen weiteren Grund haben und der hängt stark mit dem Aufkommen der Neo- und Onlinebroker zusammen. Die dwpbank bietet unter anderem eine Wertpapierplattform an und hat namhafte Kunden wie Sparkassen, Volksbanken und Privat- wie Direktbanken als Kunden. Eigenen Angaben zufolge haben zwei Drittel aller Banken in Deutschland ihre Wertpapierprozesse an den Spezialanbieter aus Frankfurt ausgelagert, der rund 5,3 Millionen Depots verwaltet. Mit dem Aufkommen der Neobroker wurde der Druck aber zunehmend größer für die dwp-Kunden bei den Sparkassen und Volksbanken, ein ähnlich günstiges und modernes Angebot auf die Beine zu stellen. 

Strategische Überlegung: Lemon Markets bringt Know-How mit

Der Zukauf von Lemon Markets könnte Teil einer Strategie sein, sich in diesem Bereich moderner aufzustellen. Allerdings ist abzuwarten, ob der bisher überschaubare Kundenstamm des Fintechs ausreicht, um hier kurzfristig große Sprünge zu machen. Was auf jeden Fall positiv wirken dürfte: Mit Max Linden und seinen Team hat sich die dwpbank viel Know-How eingekauft. Gemeinsame Projekte haben sie dem Vernehmen nach schon geplant. 

Author

  • Nils Heck (geb. Wischmeyer) ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei, Buchautor und seit März 2024 Redaktionsleiter bei Payment and Banking. Er ist zudem Autor der monatlichen Kolumne „Nils nörgelt“, in der er sich kritisch mit aktuellen Trends in der Payment- and Bankingbranche beschäftigt. Wenn er nicht gerade meckert, jongliert er professionell.

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