KYC- Prozesse sind schon digital, KYB hinkt hingegen hinterher. No-Code-Lösungen revolutionieren jetzt das Onboarding von Unternehmen – aber die Digitalisierungslücke bleibt eine Herausforderung.
Die Digitalisierungslücke zwischen KYC und KYB
Während die digitale Identitätsverifizierung von Privatpersonen (KYC) in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht hat, steckt die Überprüfung von Geschäftspartnern (KYB) noch in den Kinderschuhen. Der Grund: Unternehmensstrukturen sind wesentlich komplexer als Identitäten von Privatpersonen, was den Verifizierungsprozess deutlich anspruchsvoller macht.
Die Zahlen verdeutlichen das Problem: Während KYC-Prozesse oft in Minuten abgeschlossen werden können, dauert das Onboarding eines Unternehmenskunden im DACH-Raum durchschnittlich 7-14 Tage. In dieser Zeit können weder Transaktionen ausgeführt noch Dienstleistungen vollumfänglich genutzt werden. Die Konsequenz: Banken und Fintechs berichten von hohen Abbruchraten während des Onboardings, Marketplaces verlieren potenzielle Händler, und Payment-Anbieter können neue Kunden erst mit erheblicher Verzögerung monetarisieren.
Die zentralen Herausforderungen im KYB-Prozess
1. Vielschichtige Unternehmensstrukturen und Eigentumsverhältnisse
Die Verifizierung der tatsächlichen wirtschaftlichen Eigentümer (Ultimate Beneficial Owners, UBOs) gleicht bei internationalen Unternehmensstrukturen oft einer detektivischen Arbeit:
- Zeitintensität: Manuelle UBO-Analysen können bis zu mehrere Wochen pro Fall in Anspruch nehmen
- Datenproblematik: Internationale Register weisen erhebliche Qualitätsunterschiede auf, von vollständig digitalisierten Datenbanken bis hin zu kaum zugänglichen Papierarchiven
- Compliance-Risiken: Fehlerhafte UBO-Identifikation kann schwerwiegende regulatorische Konsequenzen haben – besonders kritisch für Fintech-Unternehmen und Krypto-Plattformen mit ihren speziellen Aufsichtsanforderungen
2. Fragmentierte Datenlandschaft und ineffiziente Prozesse
Die benötigten Unternehmensdaten sind über eine Vielzahl von Quellen verstreut:
- Handelsregister und Unternehmensverzeichnisse
- Sanktions- und PEP-Listen (politisch exponierte Personen)
- Finanzberichte und Kreditinformationen
- Branchenspezifische Zulassungen und Zertifizierungen
Was die Situation verschärft: Diese Daten müssen in vielen Fällen noch manuell abgefragt, gesammelt und bewertet werden – ein Prozess, der für jedes einzelne Unternehmen neu gestartet werden muss und erhebliche Ressourcen bindet.
3. Regulatorische Komplexität
Die regulatorischen Anforderungen an KYB-Prozesse variieren stark je nach Branche und Region. Während Banken seit Jahrzehnten etablierte Compliance-Prozesse haben, stehen junge Fintech-Startups und Krypto-Plattformen vor der Herausforderung, GwG- und BaFin-konforme Prozesse aufzubauen – oft mit begrenzten Ressourcen und unter Zeitdruck. Marketplaces wiederum müssen ihre internationalen Händler nach unterschiedlichen nationalen Vorschriften überprüfen.
Der Weg nach vorn: Intelligente Automation des KYB-Prozesses
Was also tun? Die Antwort liegt in einem KYB-Self-Service: der Nutzung von No-Code-Plattformen, die Daten automatisch aus verschiedenen Datenbanken und Lookup-Services aggregieren und gleichzeitig die eigenständige Konfiguration von KYB-Prozessen per Drag-and-Drop ermöglichen.
Integrierte Datenquellen als Grundlage
Der erste Schritt zur Lösung des KYB-Dilemmas ist die Integration verschiedener Datenquellen und von automatisierten Lookup-Services, wie z. B.:
- Nationalen und internationalen Unternehmensregistern
- Sanktions- und Compliance-Datenbanken
- Kredit- und Bonitätsinformationen
- Branchenspezifischen Zertifizierungsstellen
Eine solche Integration als Teil eines KYB-Self-Services bietet unter anderem Payment-Anbietern und Finanzinstituten einen umfassenden 360-Grad-Blick auf ihre Geschäftspartner. Zudem können sie vorausgefüllte Daten nutzen, ohne diese manuell aus unterschiedlichen Systemen zusammentragen zu müssen.
Erfahrene Anbieter wie Signicat, einer der führenden europäischen Spezialisten für digitale Identitätslösungen, haben bereits umfassende Integrationen zu zahlreichen Datenquellen aufgebaut. Mit mehr als 15 Jahren Erfahrung in den fortschrittlichsten Märkten Europas bietet Signicat Zugang zu einer breiten Palette an Identitätsprüfungs- und Authentifizierungsdiensten über einen einzigen Integrationspunkt – ein entscheidender Vorteil für Unternehmen, die ihre KYB-Prozesse optimieren wollen.
No-Code als Gamechanger für Compliance-Teams
Der eigentliche Durchbruch kommt mit No-Code-Plattformen, die es Fachexperten ohne Programmierkenntnisse ermöglichen, KYB-Prozesse, d.h. Antragsstrecken ohne Entwicklerressourcen selbst zu gestalten und anzupassen:
- Visuelle Gestaltung von Compliance-Workflows
- Flexible Anpassung an regulatorische Änderungen ohne IT-Engpässe
- Branchenspezifische Anpassungen für unterschiedliche Anforderungen
- Konsistentes Branding über den gesamten Onboarding-Prozess
Diese Self-Service-Ansätze sind besonders wertvoll für Marketplaces und wachsende Fintech-Unternehmen, die oft agil auf Marktveränderungen reagieren müssen und nicht auf langwierige IT-Projekte warten können. Hier bietet Signicat mit der No-Code-Plattform Mint die Möglichkeit auch ohne Entwicklerressourcen schnell eine professionelle Umsetzung sicherzustellen.
Zukunftsperspektive: European Business Wallet
Eine vielversprechende Entwicklung für die KYB-Landschaft stellt die geplante European Business Wallet (EBW) dar, die im Rahmen des EU Competitiveness Compass 2025 eingeführt werden soll. Diese Initiative könnte die KYB-Prozesse grundlegend verändern:
- Ein zentraler Aufbewahrungsort: Unternehmen speichern ihre verifizierten Unterlagen und Nachweise sicher in einer digitalen Wallet
- Grenzüberschreitende Anerkennung: Eine in Deutschland verifizierte Unternehmensidentität wird automatisch in allen EU-Ländern anerkannt
- Erhöhte Sicherheitsstandards: Aufbauend auf den eIDAS-Vorschriften werden fälschungssichere digitale Nachweise etabliert
Die wirtschaftlichen Auswirkungen könnten erheblich sein: Die EU-Kommission prognostiziert eine Reduktion der regulatorischen Berichtspflichten um 25% für Unternehmen allgemein und sogar 35% für KMUs. Die geschätzten Einsparungen von 37,5 Milliarden Euro an wiederkehrenden Kosten würden besonders kleineren Unternehmen zugutekommen, die überproportional unter administrativen Hürden leiden.
Innovative Plattformen, wie sie von Signicat entwickelt werden, sind bereits darauf ausgerichtet, die kommenden Standards der European Business Wallet zu unterstützen. Mit über 450 Mitarbeitern an 17 europäischen Standorten arbeitet Signicat kontinuierlich daran, seine Lösungen für den gesamten Identity Lifecycle – von der ersten Identitätsprüfung bis zur rechtsverbindlichen Vertragsunterzeichnung – an die sich wandelnden regulatorischen Anforderungen anzupassen.
Fazit: No-Code und Automation als strategischer Vorteil
Die Kombination aus Datenintegration, KI-Analyse und No-Code-Plattformen bietet B2B-Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Eine moderne KYB-Lösung kann den Onboarding-Prozess von Wochen auf Stunden reduzieren – und das bei erhöhter Compliance-Sicherheit.
Die Geschäftsvorteile sind vielfältig:
- Beschleunigte Time-to-Revenue: Banken können neue Kunden schneller monetarisieren
- Reduzierte Abbruchraten: Marketplaces verlieren weniger potenzielle Händler während des Onboardings
- Erhöhte Skalierbarkeit: Fintech-Unternehmen können schneller wachsen, ohne proportional mehr Compliance-Personal einzustellen
- Verbesserte Compliance: Krypto-Plattformen können strengere regulatorische Anforderungen mit gleichen Ressourcen erfüllen
Es ist an der Zeit, dass Unternehmen im DACH-Raum die Digitalisierung ihrer KYB-Prozesse vorantreiben. Diejenigen, die jetzt in moderne Lösungen investieren, werden nicht nur operative Effizienz gewinnen, sondern sich auch einen strategischen Vorsprung im zunehmend wettbewerbsintensiven digitalen Markt sichern.