Noch immer befindet sich die Welt der Fintechs mitten in der Konsolidierungsphase. Die Investitionen von Wagniskapitalgebern sind weiter gesunken. Payment-Start-ups kommen noch am besten durch die Krise.
Es gab sicherlich schon angenehmere Zeiten, um Fintech-Gründer zu sein – zumindest wenn es ums Geld geht. Denn das investierte Venture-Capital-Volumen in junge Finanzunternehmen ist im vergangenen Jahr drastisch gesunken. Mal wieder. Das geht zumindest aus dem State of Fintech Report vom Datenbankmanager Dealroom in Kooperation mit dem Wagniskapitalgeber Motive Ventures und der Bank ABN Amro hervor. 42 Milliarden US-Dollar flossen demnach 2023 an Fintechs weltweit, das sind 63 Prozent weniger als noch im Vorjahr (90 Milliarden US-Dollar).
Die fetten Jahre scheinen damit endgültig vorbei zu sein. Das Rekordjahr 2021 mit einem Volumen von 137 Milliarden US-Dollar rückt in immer weitere Ferne. Und selbst in den Jahren 2020 (49 Milliarden US-Dollar), 2019 (50 Milliarden US-Dollar) und 2018 (59 Milliarden US-Dollar) wurden höhere Investitionsvolumen erreicht. Gleichzeitig bleibt die Anzahl an Fusionen und Übernahmen auf konstant hohem Niveau. Die Konsolidierung der Fintech-Landschaft, das machen diese Zahlen deutlich, geht damit weiter.
Finanzierungen in Krypto-Start-ups brechen ein
Doch längst nicht alle Zahlen des Berichts lesen sich derart negativ. So ist die Paymentbranche diejenige, die mit Abstand die meisten Investitionen erhält. 11,48 Milliarden US-Dollar flossen 2023 in den Bereich. Der Abstand zu den anderen Bereichen ist groß. Auf Rang zwei liegen Start-ups mit Lösungen für das Finanzmanagement. Sie erhielten im vergangenen Jahr 4,1 Milliarden US-Dollar. 2021 war das Rennen noch enger: Payment-Anbieter erhielten in dem Ausnahmejahr mit 21,1 Milliarden US-Dollar zwar das meiste Geld, doch folgten, dicht auf, Start-ups aus dem Bereich Vermögensmanagement mit 20,1 Milliarden US-Dollar. Fintechs mit Fokus auf dezentralisierte Finanzmärkte und Krypto erhielten 16,3 Milliarden US-Dollar und die Firmen mit Lösungen für das Finanzmanagement sammelten 15,7 Milliarden US-Dollar ein.
„Trotz eines vorsichtigen Investitionsklimas, in dem die Fintech-Finanzierung unter dem Niveau von 2020 liegt, gibt es Anzeichen für eine Markterholung“
Ramin Niroumand, Chef von Motive Ventures
Der Rückgang an Finanzierungen für Payment-Start-ups ist mit 15 Prozent damit geringer als bei allen anderen Segmenten. Payment-Finteches scheinen damit robuster zu sein als andere Fintechs. Die größte Schwankung gab es im Bereich dezentralisierte Finanzmärkte und Krypto mit einem Einbruch von 84 Prozent.
Vorsichtiger Optimismus für die kommenden Jahre
Ramin Niroumand, Chef des Frühphasen-Investors Motive Ventures, blickt positiv auf das Jahr 2024. „Trotz eines vorsichtigen Investitionsklimas, in dem die Fintech-Finanzierung unter dem Niveau von 2020 liegt, gibt es Anzeichen für eine Markterholung“, meint er. So wartet offenbar zudem eine ganze Reihe von Start-ups auf einen guten Zeitpunkt für einen Börsengang. Im Rekordjahr 2021 gab es 54 Listings, entweder über einen klassischen Börsengang (IPO) oder mit Hilfe eines Spacs, also eines leeren Börsenmantels. 2022 waren es nur noch neun Listings. Im vergangenen Jahr gar mit Better Mortgage und Realpha nur zwei. Die Autoren des Reports listen aber eine ganze Reihe von Start-ups auf, die es bis 2026 an die Börse ziehen könnte. Dazu gehören Stripe, Revolut, N26, Klarna, Sumup und Qonto.
Viel Potenzial steckt offenbar auch in Klima-Fintechs. Die Finanzierung für diese speziellen Start-ups war 2023 immer noch 2,4-mal höher als vor der Pandemie. „Wir bei Motive Ventures glauben, dass die Kategorie mittelfristig für ein signifikantes Wachstum prädestiniert ist“, sagt Partner Hugo Bongers.
Der Report macht darüber hinaus deutlich, dass in Deutschland politischer Handlungsbedarf besteht. Zwar ist das in der Bundesrepublik investierte Volumen das drittgrößte, doch ist Deutschland dennoch weit abgeschlagen hinter den ersten beiden Plätzen. 20,2 Milliarden US-Dollar waren es in den USA, vier Milliarden in Großbritannien – und in Deutschland weniger als 850 Millionen.