„Ich sehe beim digitalen KMU-Banking eine riesige Marktlücke in Deutschland“

Nadine Methner baut seit über zwei Jahren das KMU-Geschäft von ING Deutschland auf. Im Interview spricht sie darüber, warum die Bank gerade jetzt angreift – und wie groß das KMU-Geschäft eines Tages werden soll.

Bei der Banking Exchange sprach Nadine Methner gestern noch über die Rolle der deutschen Banken bei der Transformation. Wir haben sie nach ihrem Panel für ein Interview abgefangen.

Frau Methner, auf dem Banking-Exchange-Panel war es eben schon Thema: Die ING Deutschland ist in der ING-Gruppe extrem erfolgreich. Können Sie das konkretisieren?   

Tatsächlich haben wir eine Cost-Income-Ratio, die ihresgleichen sucht. In anderen Worten: wir sind sehr profitabel. Im vergangenen Jahr lag die Cost-Income-Ratio bei 36,6 Prozent, damit stehen wir in der Branche sehr gut da. 

Wie kam es dazu? 

Zum einen sind wir in Deutschland eine reine Digitalbank, keine Filialen, weniger Personal- und Gebäudekosten: Das hilft natürlich auf der Kostenseite. Aber wir trauen uns auch Dinge. Das hilft natürlich auf der Income-Seite. Wir waren beispielsweise die ersten, die drei Prozent aufs Tagesgeldkonto für Privatkundenangeboten haben und wir erweitern unser Produktportfolio stetig.  

Neben dem bekannten Retailgeschäft gibt es auch Wholesale-Banking und sie bauen nun ein drittes Standbein auf: Business Banking. Warum ausgerechnet jetzt? 

Wir haben vor mehr als zwei Jahren entschieden, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist. Ich sehe beim digitalen KMU-Banking eine riesige Marktlücke in Deutschland. Man könnte auch von Unterversorgung sprechen. Unternehmerinnen und Unternehmen sind auf der Suche nach einfachen, schnellen und digitalen Produkten. Das Unternehmertum hat sich geändert, weshalb immer mehr ein Konto suchen und dabei verzweifeln. Viele KMU, die zu uns kommen, erzählen, dass sie vorher 40 oder 50 Euro für ihr Konto bezahlt haben – und zwar im Monat. Wir arbeiten daran, hier Abhilfe zu schaffen. 

Eigentlich ist KMU-Banking das Gebiet von Sparkassen und Volksbanken. Sind die Angebote so schlecht, dass Sie noch Chancen für sich sehen? 

Das Angebot ist anders, nicht so digital wie bei uns. Wir wollen den gesamten Prozess für KMU digital abbilden, so dass sie mit wenigen Klicks alles regeln können. Da sehe ich eine große Chance, gerade auch weil sich das Unternehmertum ändert: Es gibt viel mehr freie Unternehmer, Soloselbständige und kleine Betriebe, denen eine einfache, digitale, aber dafür günstige Kontovariante reicht. Da sehe ich Potenzial.

Seit zweieinhalb Jahren sind sie nun dabei. Wo sehen Sie die größte Herausforderung beim Aufbau des KMU-Bereichs? 

Die größte Herausforderung ist sicherlich, den Fokus zu behalten. Seit zweieinhalb Jahren bekomme ich, egal wo ich hingehe, Wünsche von unseren Kunden: Könnt ihr nicht einen Anschlusskredit für die KfW-Finanzierung machen? Könnt ihr nicht noch so ein Konto anbieten oder könnt ihr noch dieses und jenes machen? Das müssen wir natürlich berücksichtigen, aber wir müssen uns auch fokussieren, um uns nicht zu verzetteln. Das ist ganz wichtig, denn das ist unsere große Stärke bei der ING Deutschland: Wir machen einfache, effiziente Produkte, nicht vier Konten und fünf Karten. 

Einfach nur ein einfaches Produkt zu bauen wird kaum reichen.

Nein, es braucht dann auch einen langen Atem. Die ING Deutschland baut seit 30 Jahren einfache Produkte und deswegen wissen die Leute: Aha, da kriege ich einfaches, digitales Produkt. Das wollen wir auch im KMU-Bereich machen und deshalb baue ich das Geschäft Stück für Stück auf, so dass wir ein Vollangebot anbieten können. Denn eines ist ganz wichtig: Wir wollen kein Spartenspieler sein. Wir wollen nicht nur einen Kredit anbieten oder perspektivisch nur ein Geschäftskonto. Wir wollen das Gesamtangebot anbieten und dann auch Empfehlungen geben: Schau, du hast viel Liquidität rumliegen, hier kommt ein Angebot mit drei Prozent Zinsen für Tagesgeld. Da wird mit Künstlicher Intelligenz viel möglich sein in Zukunft. 

Noch ist Business Banking bei der ING in Deutschland klein. Wo wollen sie mal hin?

Über konkrete Zahlen sprechen wir nicht. Was man aber sagen kann: In anderen Ländern macht Business Banking, also das Geschäft mit KMU, durchschnittlich bereits etwa 25 Prozent am Gewinn aus. Ich sehe keinen Grund, warum wir da nicht eines Tages auch hinkommen könnten. Aber jetzt sind wir noch am Anfang und brauchen einen langen Atem. Ich kann sagen: Den haben wir. 

Vielen Dank für das Gespräch. 

Autor

  • Nils Heck (geb. Wischmeyer) ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei und seit März 2024 Redaktionsleiter bei Payment and Banking. Er ist zudem Autor der monatlichen Kolumne „Nils nörgelt“, in der er sich kritisch mit aktuellen Trends in der Payment- and Bankingbranche beschäftigt.

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