Gute Laune in der Lieferkette

Lieferkettengesetz

Während bis zuletzt heftig um die europäische Lieferkettenrichtlinie gerungen wurde, gilt für Banken hierzulande längst das deutsche Lieferkettengesetz. Seit Anfang des Jahres sind weitere Institute betroffen. Was das bedeutet. 

Viel zu viel Bürokratie, ein Wettbewerbsnachteil und ohnehin kaum Effekte: Die Kritik an der europäischen Lieferkettenrichtlinie, Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) ist groß – und irgendwie hat man all das in Deutschland schon vor einigen Jahren gehört. 

Denn bevor 2023 das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft trat, gab es ganz ähnliche Stimmen. Doch nun, mehr als ein Jahr später, zeigt sich: Zumindest für die ganz großen Banken ist das LkSG gut umsetzbar. Jetzt fragt sich nur: Gilt das auch für die kleineren Geldhäuser, die erst seit Beginn dieses Jahres betroffen sind? 

Zugegeben: Es gab da eine Zeit, in welcher der Bankensektor auch hierzulande zittern musste: Umfasst das Lieferkettengesetz etwa auch Finanzierungen und all die anderen üblichen Bankgeschäfte? Bis weit in den Sommer 2023 hinein, war das völlig unklar. Erst Mitte August vergangenen Jahres veröffentlichte das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) eine Handreichung für die Kredit- und Versicherungswirtschaft zur Risikoanalyse für das LkSG. Die zentrale Message, die sich daraus ablesen lässt: alles halb so wild. 

Finanzierungen spielen keine Rolle, eigentlich

„Im Grunde sind Banken ähnlich betroffen wie die Industrie und müssen ihre Zulieferungen betrachten”, erklärt Adrian Schwantes vom Bankenverband. Die Kundenseite, also Kreditvergaben und Co., fallen nicht in den Anwendungsbereich. Banken müssen lediglich überprüfen, ob in ihrer Lieferkette auf Menschenrechte eingehalten wurden, das heißt zum Beispeil: Schutz vor Kinderarbeit und Recht auf faire Löhne, aber auch der Umweltschutz spielt eine Rolle. „Die Handreichung hat da sehr geholfen“, erläutert Schwantes. Im Gegensatz zu vielen Industrieunternehmen sind die Geldhäuser laut Schwantes dabei oft in einer etwas anderen Situation. „Die meisten Zulieferer der Banken stammen aus Europa“, sagt er. Dazu gehörten etwa Anbieter von Beratungsdienstleistungen, Forschungsinstitute oder Lieferanten von Büromaterial.

Alles geklärt ist damit aber noch lange nicht. Denn selbst für solche Zulieferer falle es manchmal schwer, an die benötigten Daten zu kommen, sagt Schwantes. Das dürften auch die Geldhäuser zu spüren bekommen, die seit Januar dieses Jahres ebenfalls dem LkSG unterliegen. Denn galt es 2023 nur für Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitenden, liegt seit diesem Jahr die Schwelle bei 1.000. Selbst die ein oder andere größere Sparkasse dürften nun also direkt unter das Lieferkettengesetz fallen,

Indirekt auch kleine Häuser betroffen

Zudem müssen Geldhäuser eine Beschwerdestelle einrichten und eine Grundsatzerklärung abgeben. Und um all das zu bewerkstelligen, müssen Banken zahlreiche Bereiche beteiligen. Einer Erhebung von KPMG zufolge sind das meist das Nachhaltigkeitsmanagement, der Einkauf sowie Recht und Compliance. Auch das Risiko- und Auslagerungsmanagement sei in vielen Fällen eingebunden.

Alles alles gut? Mitnichten. Denn indirekt sind deutlich mehr Banken betroffen. Zwar hat das Bafa klar gemacht, dass für die Realwirtschaft die eigene Finanzierung nur in bestimmten Situationen darunter fällt. Doch entspricht das laut Schwantes vom Bankenverband nicht der Praxis. Denn wenn Unternehmen ihre Lieferketten durchforsten müssen, so betrachten sie gerne auch mal die Quelle ihrer Finanzierungen als „Lieferung“ und fragen daher zur Sicherheit bei ihren Geldhäusern an, ob sie zum Beispiel Menschenrechtsverstöße ausschließen können.

Viele Institute, auch kleine, müssen sich also doch mit dem LkSG in ihrem Kerngeschäft rumschlagen – und sei es lediglich, um Unternehmen zu erklären, dass das Kreditgeschäft gar keine Rolle spielt. Die Herausforderungen durch das deutsche Gesetz sind für Banken also überschaubar. Ist die europäische Variante final in Kraft, wird sich zeigen, ob auch in diesem Fall die Sorgen unberechtigt waren. 

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Autor

  • Jan Schulte ist freier Journalist und Mitgründer des dreimaldrei Journalistenbüros. Er schreibt unter anderem für den Tagesspiegel Background Sustainable Finance, die ZEIT und die WirtschaftsWoche. An der Finanzbranche fasziniert ihn, dass inzwischen jeder angeblich Nachhaltigkeit schon immer in seiner DNA stehen hatte.

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