Das Arbeiten der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist primär geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weitverbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? Heute: Martin Baart von ecoligo.

In unserer Reihe: Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Martin Baart unsere Fragen.

Dürfen wir vorstellen: Martin Baart von ecoligo

Wer bist Du, was machst Du?

Ich bin Martin Baart, Gründer und Geschäftsführer von ecoligo. Wir sind ein Unternehmen, das mit Solarprojekten in Schwellenländern die Energiewende global vorantreibt. Möglich gemacht werden diese Solar-as-a-Service-Projekte durch engagierte und umweltbewusste Crowdinvestor*innen, die mit ihren Investitionen den Klimawandel bekämpfen, während sie gleichzeitig ihr Geld gewinnbringend anlegen. Bei ecoligo bin ich für unseren weltweiten Vertrieb zuständig, manage also Sales-Mitarbeiter in sechs Ländern in unterschiedlichen Zeitzonen und verantworte den operativen Betrieb unserer Solarprojekte. Als Gründer und Geschäftsführer macht man aber noch so einiges anderes …

Wie sieht ein klassischer Tag in Deinem Leben aus?

… weshalb es auch keinen klassischen Tag in meinem Leben gibt. Das ist, glaube ich, auch das, was mich und viele andere Gründer motiviert. Denn wir alle hatten mal “diesen einen Job”, der uns zu monoton war.

Meinen Tag starte ich trotzdem mit gewissen Ritualen. Als Erstes beginne ich zum Wachwerden mit einer kleinen Joggingrunde. Frisch geduscht, spiele ich mit meinem Sohn und im Anschluss gibt’s eine Tasse Kaffee. Dabei informiere ich mich im Netz über die Neuigkeiten, bevor ich mir meine To-do-Liste und meinen Kalender für den Tag anschaue. Meinen Arbeitstag starte ich dann meist mit Videocalls nach Südostasien, gefolgt von Calls mit unseren Teams in Berlin, Kenia und Ghana, bevor am frühen Nachmittag unsere Teams in Chile und Costa Rica aktiv werden und ich mich mit ihnen unterhalte.

Tatsächlich lege ich großen Wert darauf, meine Mittagspause mit meiner Familie zu verbringen. Nach dem Arbeitstag ist dann noch mal Familienzeit – allerdings geht’s dann abends in die Spätschicht. Das ist tatsächlich meine produktivste Zeit, weil zwischen 21 Uhr und Mitternacht niemand mehr anruft und unterbricht, keine E-Mails ablenken und der Kopf frei ist von den Terminen des Tages.

Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?

So richtig bewusst bin ich mit der Industrie vor acht Jahren in Berührung gekommen. Damals war ich auf der Suche nach einem Projektfinanzierer für ein Solarprojekt in Kenia auf meiner ersten Reise in dem Land unterwegs. Ich sprach mit der DEG, der deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, mit der IFC, der International Finance Corporation, und mit lokalen Banken. Es ging immer um das Thema der langfristigen Projektfinanzierung von Solarprojekten.

Damals wurde mir bewusst, wie viel Macht Banken besitzen. Und wie fehlgeleitet diese Macht eingesetzt werden kann, wenn Banker nicht über den Stand von Technologien Bescheid wissen, in die sie investieren könnten. Dass als Konsequenz die Entwicklung der Länder, Unternehmen und letztlich auch der Gesellschaft vor Ort eingeschränkt wurde, fuchste mich! Mir wurde klar, dass die alteingesessene Bankenwelt nicht in der Lage ist, mit dem schnellen Voranschreiten des Klimawandels Schritt zu halten und dass wir andere innovative Finanzprodukte brauchen, die das können.

Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?

Das war circa vor sieben Jahren, als wir mit ecoligo auf einem Investorenevent vertreten waren und mich ein Investor fragte: “Was seid ihr eigentlich? Ein FinTech oder ein CleanTech?”. Für mich war aber schon damals die Differenzierung nicht sinnvoll. ecoligo ist eben ein Hybrid – wir revolutionieren die globale Energiewende und nutzen dafür unsere Tech-Plattform im Finance Bereich.

Wie definierst Du FinTech?

Früher war für mich ein FinTech ein Unternehmen, das durch Entwicklung und Nutzung der neuesten Softwaretechnologien in der Lage ist, die gleichen Produkte anzubieten wie etablierte Unternehmen der Finanzszene, z. B. Banken. Allerdings hat sich diese Sichtweise geändert. Denn durch die Verwendung von modernen Technologien entstehen auch einfach viele neue Geschäftsfelder und Produkte, die es so vorher gar nicht gab. Daher sind FinTechs für die etablierten Unternehmen auch so gefährlich: Sie graben nicht nur Bestandskunden ab und machen dort vieles besser, sondern können ihren Kunden dann auch mehrere Produkte anbieten und so ihren Umsatz pro Kunde steigern.

Zu guter Letzt aber, was viel entscheidender ist, glaube ich vor allem eines: FinTechs sind cool. Sie arbeiten agil, mit flachen Hierarchien und oft an der Disruption von Strukturen. Das macht sie attraktiv für junge Talente auf einem heiß umkämpften Arbeitsmarkt. Darunter leidet langfristig definitiv die Positionierung der etablierten Unternehmen.

Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?

Ich glaube, etablierte Unternehmen haben den riesigen Vorteil, dass Prozesse bereits etabliert, geprüft und mehrfach validiert sind. Ein Fehler im Prozess z. B. bei einer Kontoanmeldung wird eher selten vorkommen – dafür ist der Prozess  aber aufwändig. Außerdem haben sie keine Wachstumsschwierigkeiten – gerade FinTechs im B2C-Bereich wachsen oft so schnell auf der Kundenseite, dass die Serviceinfrastruktur nicht hinterherkommt. Wer ein Konto bei einer Neobank hat, kann davon oft ein Lied singen – denn auf Serviceanfragen wird bei einigen wochenlang nicht reagiert.

Was kann man von FinTechs lernen?

So ziemlich alles außer etablierte Prozesse! FinTechs probieren aus, was funktioniert und was nicht. Sie haben den Mut, das „Das haben wir schon immer so gemacht“-Mantra der alten Finanzwelt aufzubrechen und wollen das Produkt anbieten, das den Nutzern am meisten bringt. Die zeitliche Spanne zwischen Idee und Produkt ist oft wahnsinnig kurz und können dieses dann ebenso schnell skalieren.

Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?

Zum einen haben die etablierten Unternehmen in ihren Führungsetagen oft keine Digital Natives sitzen. Es scheitert mit der Digitalisierung daher oft am Verständnis der Manager und Führungsebenen. Denn das ist notwendig, um Fragen zu beantworten wie: Was genau ist mit dieser Digitalisierung gemeint? Wie könnte sie aussehen? Welche Produkte könnte man damit konkret realisieren?

Korrekterweise muss man allerdings sagen, dass ja alle Unternehmen in der Finanzwelt schon digitalisiert sind. Nur eben basierend auf Systemen, die teilweise noch aus den 80ern stammen und die einen Flickenteppich entstehen lassen, der sich aus tausenden Einzelsystemen und Legacy Softwares, die oftmals nicht mehr gepflegt oder geupdated werden können, zusammensetzt. Würde man einen Teil davon erneuern, liefe man Gefahr, dass die Kompatibilität mit anderen Teilen nicht mehr gegeben ist und dass das Konstrukt als Ganzes nicht mehr läuft. Das will natürlich keiner riskieren. Als Alternative bleibt nur, alles von Grund auf neu zu entwickeln:  ein Mammut-Projekt mit unglaublichem Investitionsbedarf, den man schwer beim Vorstand genehmigt bekommt.

Zu guter Letzt ist es aber auch ein kulturelles Problem: Ich glaube nicht, dass die innovationsgetriebenen Menschen, die ein großes Interesse an neuen Dingen haben, einen Job in einer Großbank suchen. Die sind schon in der FinTech-Branche unterwegs. Und das macht es schwer, eine Transformation innerhalb eines etablierten Unternehmens anzustoßen – der Widerstand innerhalb des Unternehmens wäre vermutlich gar nicht mal so klein.

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Was macht deinen Job täglich interessant?

Definitiv die Zusammenarbeit mit meinem tollen Team. Es ist bei ecoligo so divers, dass ich bei jeder Interaktion etwas Neues über mich und mein Gegenüber lerne. Das finde ich spannend. Früher hat mich das Technische sehr interessiert, dann die Business-Seite – heute ist es das Menschliche. Ansonsten finde ich es immer noch super spannend, dass wir als Scale-Up weltweit aktiv sind und in so vielen Ländern etwas bewirken können.

Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?

Ich glaube, etwas ganz anderes. Ich kann mir vorstellen, dass ich alte Häuser saniere und zu neuem Leben erwecke und dabei alles Handwerkliche selbst mache. Darauf hätte ich wirklich Lust.

Worauf bist du stolz?

Definitiv darauf, mit ecoligo ein globales Unternehmen aufgebaut zu haben, das die größte Krise der Menschheit, den Klimawandel, bekämpft!

Wieso gibt es nicht mehr Frauen in der Tech-Branche?

Ich glaube, das sind aktuell noch die Konsequenzen der letzten Jahrzehnte und ihrer stark männlich dominierten Strukturen. Außerdem war es sogar noch zu meinen Studienzeiten eine Ausnahme, dass Frauen in MINT-Fächern studiert haben. Das hat sich zum Glück stark geändert, und auch die alten Strukturen brechen so langsam auf. Es gibt außerdem tolle Gründerinnen, die als Vorbilder dienen und hoffentlich auch damit dazu beitragen, dass mehr Frauen in die Branche wechseln. Wir versuchen, eine Frauenquote von mindestens 50 Prozent im Unternehmen zu halten und stehen mit 43 Prozent gut dar, sind aber eben noch nicht ganz am Ziel. Wir arbeiten dran!

Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?

Im Miniatur Wunderland in Hamburg. Es ist unvorstellbar, wie viel Technik dort im Einsatz ist, um die abertausenden Züge und Miniaturfiguren zum Leben zu erwecken. Da ich als Kind gerne mit der Modelleisenbahn gespielt habe, wäre das schon so ein kleiner Traum, der in Erfüllung ginge!

Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?

Mit Elon Musk und Jeff Bezos. Und dann würde ich Ihnen sagen, wie sinnfrei ihre Weltraumaktionen sind, und dass sie gefälligst ihr Geld in die Rettung unseres Planeten stecken sollten. Nachdem wir das geschafft haben, hätten sie immer noch ausreichend Vermögen übrig, um zum Mars zu fliegen.

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