Das Arbeiten der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist primär geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weitverbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? Heute: Lena Justen, Deutsche Bank.

In unserer Reihe: Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Lena Justen unsere Fragen.

Dürfen wir vorstellen: Lena Justen, Deutsche Bank

Wer bist Du, was machst Du?

Ich bin Lena Justen, ehemalige Mitgründerin der FinTech-Gruppe fino. Insbesondere mit dieser für die Deutsche Bank sehr wertvollen Expertise und Erfahrung bringe ich mich als Leiterin Produktentwicklung der Unternehmensbank beim größten Kreditinstitut Deutschlands ein. Parallel dazu verantworte ich als Co-Host das FinTech Meetup Europe. Außerdem bin ich Mentorin für Start-ups, insbesondere FinTechs.

Wie sieht ein klassischer Tag in Deinem Leben aus?

Einen klassischen Tag verbringe ich entweder im Homeoffice bei Kassel oder im Headquarter der Deutschen Bank in Frankfurt. Dabei gefällt mir die Kombination aus Frankfurter Dynamik und Kasseler Bodenständigkeit.

In meinem Alltag  bringe ich meine outside-in Perspektive als ehemalige Unternehmerin in die Bank ein. So gebe ich an den richtigen Stellen Impulse für Technologie-, Kunden- und Lösungsorientierung und setze diese mit dem Team um. Das zeigt sich dann im effizienteren Aufsatz von Vorhaben, Offenlegung tatsächlicher Herausforderungen und digitalisierten Produkten und Prozessen. Ein Beispielprozess ist Audit Confirmation für die Kunden der Corporate Bank. Hier orchestrieren wir globale Datenquellen und automatisieren die Arbeitsabläufe, um den Kunden und deren Wirtschaftsprüfern noch besser und schneller zufriedenzustellen.

Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?

Wie bei vielen meiner Generation waren KNAXX und Sparkasse der erste Anlaufpunkt. Über meine Business-Development-Tätigkeit im E-Commerce Ressort des europäischen Versandhändlers Neckermann kam ich in Berührung mit den Vor- und Nachteilen von Buy Now Pay Later. 2014 mit Einstieg ins Digital Consulting von Banken und Versicherungen kamen beruflich die direkten Kontakte in die Fintech-Szene. 2016 dann der Einstieg bei fino mit Exit in 2021 und dem tieferen Sprung in die Finanzindustrie durch den Wechsel zur  Deutschen Bank.

Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?

2014 in der Beratung. Ich erinnere mich noch gut an die Folien mit den kleinen Haifischchen, die Fintechs symbolisieren sollten. Irgendwann gab die Folie nicht mehr ausreichend Platz für die vielen Fintechs. Auch das trug zum Umdenken bei, Fintech nicht mehr als Bedrohung zu sehen, sondern als Partner.

Wie definierst Du FinTech?

Fintech ist für mich eine Bewegung hin zu einer vollständig digitalisierten Finanzindustrie. Die Finanzindustrie der Zukunft wird FinTechs UND Banken verschmelzen, die von manchen noch als Antagonisten wahrgenommen werden, es aber längst nicht mehr sind.

Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?

Das erlebe ich nun täglich: Die Relevanz der Deutschen Bank u.a. als #1 Euro Clearer weltweit bleibt für viele FinTechs in galaktischer Entfernung. Das sind Volumina, gleichzeitige Angebotsbreite und -tiefe sowie Systemverantwortung, von denen Fintechgründer*innen selten eine Vorstellung entwickeln. Dabei sitzt eine solch große Bank tiefer am Kerngeschäft und dem dafür relevanten Netzwerk. Bis heute sind Banken unabdingbar.

Was kann man von FinTechs lernen?

Fintechs sind konsequenter und technologisch innovativer aufgestellt. Es gibt mehr Mut zu Entscheiden, e2e Ownership, technologische und kundennahe Perspektiven sowie Überlebenswille. Das sind meiner Meinung nach auch die wichtigsten Erfolgskriterien für ein Startupteam und 1:1 für ein Startup. Hier sind Fintechs meiner Meinung nach durchgängig agil aufgestellt.

Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?

Komplexität ist ein Problem vieler großer Unternehmen. Zu viele Menschen, zu viele Sonderlocken, zu viele (Alt-)Systeme. Die Antwort auf zu viel ist dabei schnell „Noch mehr!“ anstatt „Besser“. Dabei funktioniert Digitalisierung nur erfolgreich, wenn man damit verbessert. Ich bin Fan davon, Technologie statt Menschen auf Probleme zu werfen. Damit bin ich sicher nicht die Einzige, aber suche noch mehr Mitglieder für diesen Club in Großunternehmen.

Grundsätzlich will ich mein Team und mich immer in der Lage sehen, nicht nur wegzuschaffen, sondern auch zu reflektieren und neu zu denken. Dafür muss man sich proportional mehr strecken, je mehr Altlasten – systemisch, kulturell und politisch – vorhanden sind.

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Was macht deinen Job täglich interessant?

Die fino-Gruppe hatte zunächst ihren Schwerpunkt im Open Banking Umfeld. Während ich also damals „nur“ auf Banking aufsetzte, gestalte ich heute direkt ebendieses im Kern. Zusätzlich ist dieses neue Umfeld deutlich skalierter als ich es bisher kannte. Aktuell macht also insbesondere die Lernkurve im neuen Arbeitsumfeld meinen Job täglich interessant.

Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?

Schon eine ganze Weile stelle ich mir vor, viele Felder für jeweils sechs Monate auszuprobieren: Bäcker, Schaffner, Müllabfuhr, Einzelhandel, Bank, Logistik, Handwerk, …. Ich bin überzeugt, dass würde die eigene Vielseitigkeit wach halten und das Verständnis füreinander in der Gesellschaft steigern.

Worauf bist du stolz?

Besonders stolz bin ich darauf, auch in komplexen Situationen den Kern der Sache herauszukristallisieren. Ich kombiniere das gerne damit, keine Scheu vor der Benennung des tatsächlichen pain points zu haben. Auf das erste halbe Jahr bei der Deutschen Bank blicke ich stolz zurück, weil ich bereits mehrfach vertrauensvolle Zusammenarbeit geschaffen habe und Kolleg*innen auf mich zukommen, wenn sie Dinge gelöst wissen wollen.

Wieso gibt es nicht mehr Frauen in der Tech-Branche?

Über meine Beteiligungsgesellschaft erhalte ich monatlich das IHK Magazin für die Region Nordhessen. Als ob es keine Frauen gäbe, war da 15 Ausgaben infolge keine Frau auf dem Titel abgebildet; nur einmal Mann und Frau. Das ist unrealistisch und trägt genau 0,0 zum Umdenken bei. Es demotiviert mich obendrein gelegentlich bis ich wieder die Energie habe, es zu ändern. Sehr ähnlich ist es übrigens bei Tech-affinen Formaten, auch bei einschlägigen Fintech Podcasts: Da mal eine Frauenstimme zu hören? Eine Rarität. Das lässt den falschen Schluss zu, es gäbe Keine.

Es ist unser aller Verantwortung die Branche divers abzubilden. Seitdem ich das FinTech Meetup mitorganisiere, hatten wir immer diverse Panels. „Es gibt keine Frauen“ ist eine Lüge. Man braucht gelegentlich nur ein My länger, um sie zu finden. Deshalb sind mir Benennungen von Kolleginnen der Branche wichtig.

Um zugrunde liegende Muster zu erkunden, empfehle ich immer wieder das Buch „Break The Good Girl Myth“ von Majo Molfino.

Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?

Alchemy wegen des erfolgreichen Newcomer-Status, Aspiration wegen des Green Fintech Trends und Starling Bank wegen Anne Boden.

Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?

Oprah Winfrey! Aus schwerer Kindheit rausgeboxt, großartige Karriere als erfolgreiche Unternehmerin und vor allem Philanthropin. Eine erfolgreiche Frau, die dafür auch mutig Frau geblieben ist.

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