Obwohl man es kaum glauben mag, auch in Deutschland fühlen sich immer noch zu viele Verbraucher:innen zum Thema eigenen Finanzen nicht ausreichend ausgebildet. Fehlende Kenntnisse in diesem Bereich können bedeutende Folgen für die Gesellschaft haben und zu einer unzureichenden langfristigen finanziellen Stabilität und Unabhängigkeit für die einzelne Personen führen.
Seit Jahren bemühen sich verschiedene Akteure, die Verbraucher:innen für dieses Thema zu sensibilisieren und Unterstützung anzubieten. Um Verbraucher:innenbedürfnissen gerecht zu werden, können Finanzinstitute neue Ansätze umsetzen und damit auch mehr bewirken. Die Erhöhung der Kooperationsbereitschaft und kontinuierliche Innovation sind die Schlüssel für Banken und andere Finanzdienstleister, um Veränderungen schneller zu antizipieren und kund:innenorientierte Lösungen zu finden, die für alle von Vorteil sind.
Unabhängig auf welches Geschäftsmodell wir schauen, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor ein nachhaltiges Vertrauensverhältnis zu Kund:innen zu entwickeln und diesen auf Augenhöhe im Beratungsprozess zu begegnen. Um dieses Empfinden auf Kund:innenseite herzustellen, müssen diese auf deren individuellem Stand der Finanzbildung abgeholt werden. Laut einer von Deloitte veröffentlichen Studie von 2024 zum Thema Beyond Banking, betrachten nur 62% der Verbraucher:innen sich selbst als ausreichend in Finanzthemen gebildet.
In der Bankenbranche hat die finanzielle Bildung einen hohen Stellenwert. Dies belegt die benannte Deloitte Studie, in der Branchenexpert:innen die finanzielle Bildung als strategisches Mittel zur Stärkung der Kund:innenbeziehung bewerten. Andererseits bewerten auch Kund:innen, die zur Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen gehören, in dieser Studie Finanzwissen als einen der vier wichtigsten Faktoren, die ihre Bank erfüllen sollte.
Beyond Banking und Open Banking: Chancen zur Entwicklung einer besseren Kund:innenbeziehung
Beyond Banking hat das Potenzial, die Rolle der Finanzbildung neu zu interpretieren. Im Einklang damit schafft Open Banking die Voraussetzungen Informationslücken zu schließen – besonders bei der digital versierten jüngeren Generation, die ohnehin eine nahtlose Integration von Finanzdienstleistungen in ihr tägliches Leben erwartet. Open Banking ermöglicht es Finanzinstituten, über ihre bisherigen Leistungen hinaus personalisierte und integrierte Dienste anzubieten, die direkt auf die täglichen Bedürfnisse der Verbraucher:innen abgestimmt sind. Durch den gezielten Einsatz von Daten und Technologie können Banken maßgeschneiderte Angebote zur Finanzbildung und Beratung erstellen, die insbesondere bei der jüngeren Generation Anklang finden. Diverse Fintech-Unternehmen nutzen Open Banking bereits aktiv zur Verbesserung der finanziellen Bildung. So ermöglichen Plattformen wie beispielsweise finanzguru den Nutzer:innen, ihre Konten und Transaktionen bei verschiedenen Banken zu überblicken und auf diese Weise ein tieferes Verständnis ihrer finanziellen Situation zu erlangen. Andere Anbieter wie beatvest integrieren darüber hinaus Tools und Ressourcen zur finanziellen Bildung direkt in ihre Dienstleistungen.
Verbraucher:innenbildung über erweiterte Finanzprodukte und -dienstleistungen
Die Relevanz einer fundierten Finanzbildung wird besonders deutlich, wenn wir Finanzprodukte berücksichtigen, die einen signifikanten Einfluss auf das Leben der Verbraucher:innen haben – und das unabhängig von der Einkommensgruppe. Ob es sich um die Aufnahme eines Darlehens für den Erwerb einer ersten Immobilie handelt, die Auswahl der passenden Versicherung oder die Altersvorsorgeplanung – diese finanziellen Entscheidungen gehen weit über den alltäglichen Zahlungsverkehr hinaus. Open Banking ermöglicht Finanzinstituten die Schaffung eines Ökosystems, das Verbraucher:innen dabei unterstützt, fundierte Entscheidungen zu treffen. Dies hilft den Menschen dabei, ihre Lebensherausforderungen besser zu bewältigen und mehr Möglichkeiten zur Verbesserung ihres Lebensstandards wahrzunehmen und beinhaltet sogar das effektive Management von Alltagsausgaben – zum Beispiel Energiekosten – um sicherzustellen, dass alle Menschen, ungeachtet ihres Einkommens, in der Lage sind, fundierte finanzielle Entscheidungen zu treffen.
Der Paradigmenwechsel zu einem kund:innenorientierten Finanzwesen
Die bisherigen Ausführungen zeigen, es muss eine Paradigmenwechsel zum kund:innenorientierten Innovationsmodell geben um die Kund:innentreue und die Dauer der Kundebeziehung zu steigern. Durch die Bereitstellung personalisierter Finanzbildungs- und Beratungsleistungen können Fianzdiensleister eine tiefere Bindung zu ihren Kund:innen aufbauen, was zu erhöhten Cross-Selling- und Upselling-Möglichkeiten führt. Dadurch können sie besser auf sich verändernde Bedürfnisse reagieren und langfristiges Wachstum und Kund:innenzufriedenheit sicherstellen. Die Einführung der EU-Verordnung Financial Data Access (FiDA) im ersten Quartal 2025 könnte den Übergang zu Beyond Banking beschleunigen, da sie die Öffnung der Finanzdaten vorschreibt und so Innovation und Zusammenarbeit zwischen Banken und Fintech-Unternehmen fördert. Dies führt zu größerem Wettbewerb, was für das Konzept des Beyond Banking zentral ist. Die neueste Veröffentlichung des „Deloitte FiDA Centre of Excellence“ beleuchtet sowohl die regulatorischen Verpflichtungen als auch die strategischen Chancen, die sich aus der Verordnung ergeben. Künftig sollen nahezu alle Finanzdienstleistungsdaten sowie zusätzliche Akteure, wie Versicherungsunternehmen und Investmentgesellschaften, durch die Regulatorik berücksichtigt werden. FiDA fördert den einheitlichen Marktzugang und die Verarbeitung von Kund:innendaten, was die Schaffung neuer datengestützter Produkte und Dienstleistungen ermöglicht – von beschleunigten Kreditvergaben bis hin zu personalisierten Anlageberatungen. Die sich daraus ergebenden Vorteile reichen über bloße Vermögenssteigerungen hinaus. Sie fördern auch eine größere finanzielle Inklusion und Bildung für alle Bevölkerungsgruppen. Damit kann die Finanzbildung ein neues Niveau erreichen und Kund:innen in die Lage versetzen, unabhängig von Bildungsniveau, Alter oder Einkommen, fundiertere finanzielle Entscheidungen zu treffen.
Bei Deloitte Germany nutzen Andreas Reuss, Dr. Francesco Pisani und Marie-Louise Bernhard ihre Expertise, um die digitale Transformation im Bereich Financial Services voranzutreiben. Sie konzentrieren sich dabei u.A. auf Bereiche wie FinTech-Ökosysteme, Open Banking & Data sowie Beyond Banking. All dies geschieht mit dem übergeordneten Ziel, die zukünftige digitalen Banking Journey für alle Beteiligten zielführend mitzugestalten.