Exklusiv: So geht es Fintech-Deutschland 

Auswertung des Start-up-Verbands zu deutschen Fintechs im Vergleich mit anderen Start-ups

Payment & Banking liegt eine Auswertung des Start-up-Verbands zur deutschen Fintech-Szene vor. Diese zeigt, wie Fintechs im Vergleich zu normalen Start-ups abschneiden. Einige Zahlen überraschen. 

Deutschlands Wirtschaft geht es schlecht, bei den Start-ups hingegen läuft es besser. Das zumindest geht aus dem neu veröffentlichten Deutschen Startup Monitor des Start-up-Verbandes hervor. Und den Fintechs? Die stechen noch einmal besonders hervor,  zeigen Zahlen zur Fintech-Landschaft, die Payment & Banking exklusiv vorliegen. 

So viele Start-ups zählt der Verband im Finanzbereich

Dieser exklusiven Auswertung zufolge geht der Start-up-Verband davon aus, dass es in Deutschland zurzeit 74 junge Unternehmen gibt, die im Banken- oder erweiterten Finanzbereich unterwegs sind. Das bedeutet, sie bieten beispielsweise eigene Bankprodukte, Versicherungen oder vielleicht auch nur einen Kontoeinblick an. Die Zahl erscheint zwar etwas tief gegriffen, wenn man bedenkt, dass Payment & Banking für seine Infografik weit über 100 Fintechs ausgemacht hat, die in Deutschland aktiv sind .

Auf der anderen Seite sind die Definitionen des Start-up-Verbands enger und es werden auch ausschließlich deutsche Finanz-Start-ups betrachtet und nicht solche, die nur hierzulande aktiv sind. 

Diese 74 Fintechs unterscheiden sich laut der Auswertung durch einige wesentliche Punkte von Start-ups, die beispielsweise in der Logistik, im Onlinehandel oder im Software-Bereich unterwegs sind. So sind Fintechs offenbar deutlich krisenfester. 42 Prozent der vom Start-up-Verband befragten Finanz-Start-ups geben demnach an, dass ihre aktuelle Geschäftslage gut sei. Das sind zwar weniger als die Hälfte der Befragten, was darauf hindeutet, dass die aktuelle Konjunkturlage auch der Finanzszene zu schaffen macht. Es sind aber immer noch acht Prozentpunkte mehr als bei anderen Start-ups. Dort gaben nur 35 Prozent an, dass ihr Geschäft gut laufe. 

Krisenfester und größer: Fintechs trumpfen gegenüber Start-ups auf

Ob das auch mit der Größe der Fintechs zu tun hat? Immerhin arbeiten im Durchschnitt 34 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem deutschen Fintech. Wobei man hier beachten muss, dass Firmen wie N26, Raisin oder Trade Republic nicht mehr als Start-up gelten, weil sie schon zu alt und zu groß sind. Es gibt also mutmaßlich nur wenige größere Fintechs, die den Schnitt künstlich nach oben ziehen. Im Vergleich zu allen anderen Start-ups sind das übrigens doppelt so viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mehr als ein Achtel aller Fintechs beschäftigt sogar mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 

Die meisten davon sind sehr international aufgestellt. Auch das zeigt die Auswertung. Den Zahlen zufolge beschäftigen Fintechs demnach in 67 Prozent der Fälle ausländische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was mehr als doppelt so häufig der Fall ist wie bei anderen Start-ups. 

Nur wenige Neueinstellugen: Das Wachstum der Fintechs stockt

Allgemein gilt: Immer mehr Gründer finden den Standort Deutschland attraktiver als die USA, Künstliche Intelligenz wird zum Wachstumstreiber und die Zahlen des Stimmungsbarometers liegen demnach noch immer weit über dem von Industrie, Produktion oder der deutschen Wirtschaft insgesamt. Chefin Verena Pausder ließ sich auch deshalb mit den Worten zitieren: „Die Zahlen zeigen, dass die deutsche Start-up-Szene Aufwind hat.”

Doch so krisenfest und groß dabei besonders die deutschen Fintechs sind, muss man auch feststellen: Der Wachstumsmotor der vergangenen Jahre gerät offenbar langsam ins Stocken. Denn deutsche Start-ups planen immerhin mit sechs Einstellungen im kommenden Jahr. Das wäre, gemessen am Durchschnitt von 16 durchschnittlichen Beschäftigten immerhin eine Steigerung um 37,5 Prozent. Fintechs hingegen gaben beim Start-up-Verband an, dass sie im Durchschnitt nur mit vier Neueinstellungen planen. Das ist – auch wieder gemessen an der aktuellen, durchschnittlichen Mitarbeiter:innen-Zahl von 32 – gerade einmal ein Wachstum von 11,25 Prozent. Wobei „gerade einmal” natürlich eine strenge Einschätzung ist. Mit Blick auf den Jobabbau in der deutschen Industrie muss man sagen: Wachstum ist Wachstum. Könnte auch schlechter laufen. 

Autor

  • Nils Heck (geb. Wischmeyer) ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei, Buchautor und seit März 2024 Redaktionsleiter bei Payment and Banking. Er ist zudem Autor der monatlichen Kolumne „Nils nörgelt“, in der er sich kritisch mit aktuellen Trends in der Payment- and Bankingbranche beschäftigt. Wenn er nicht gerade meckert, jongliert er professionell.

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