Exklusiv: Europäische Banken attackieren digitalen Euro scharf

Martina Weimert über die Pläne von Wero, dem Payment-Dienst der EPI.

Die Wero-Macher von EPI warnen in einem Brief vor den Schwächen der digitalen Währung und sehen sich selbst als beste Alternative. Was im Brief steht und was ihn so ungewöhnlich macht.

Die European Payments Initiative (EPI), ein Zusammenschluss von 14 führenden europäischen Banken, geht in einem Schreiben an EU-Entscheidungsträger massiv gegen das Projekt des digitalen Euro vor. In dem Brief, der Payment & Banking vorliegt, fordern die Banken die Überprüfung des Projekts und werfen der Europäischen Zentralbank (EZB) vor, mit dem digitalen Euro bestehende private Lösungen zu untergraben. Zusätzlich warnen die Geldhäuser, dass der digitale Euro nicht etwa die Dominanz ausländischer Anbieter wie PayPal, Apple Pay oder Alipay brechen werde – sondern im Gegenteil „diesen Anbietern eine Plattform bieten könnte, ihren Marktanteil bei EU-Bürgern auszubauen“.

Kein klarer Mehrwert, alles zu spät: EPI schießt gegen Konkurrenz 

Was das Schreiben so ungewöhnlich macht: Der Ton ist recht scharf und richtet sich erstmalig explizit gegen den digitalen Euro. Bisher ließ EPI-Chefin Martina Weimert eigentlich immer durchklingen, dass man den digitalen Euro eher als Ergänzung zum eigenen Angebot sehe. Das klingt in dem Brief an europäische Policy-Maker nun anders. EPI, zu deren Gründungsmitgliedern unter anderem die Deutsche Bank, BNP Paribas und die Sparkassen gehören, kritisiert ganz offen das aktuelle Design des digitalen Euro als unzureichend: „Darüber hinaus zielt das derzeitige Design des digitalen Euro für Endkunden weitgehend auf dieselben Anwendungsfälle ab wie private Lösungen, ohne einen klaren Mehrwert für die Verbraucher zu bieten“, heißt es beispielsweise. 

EPI führt in dem Brief weitere Kritikpunkte an. So würden der Status als gesetzliches Zahlungsmittel und die „subventionierte Gebührenstruktur” ein ungleiches Spielfeld schaffen. Das Design sei „übermäßig komplex” und erhöhe Kosten und Implementierungsschwierigkeiten „ohne klaren strategischen Fokus”. Zudem versäume es der digitale Euro, die bestehende europäische Infrastruktur wie die Instant-Payment-Schienen zu nutzen, was zu „Duplikation und Ineffizienz” führe.

Auch komme die Lösung erst 2029, obwohl die EU bereits „jetzt vor einer Souveränitätsherausforderung steht.” Gemeint ist damit offensichtlich die starke Abhängigkeit der EU von US-Zahlungsdienstleistern wie Paypal, Visa, Mastercard sowie Front-End-Produkten wie Apple- oder GooglePay. Die EZB warnt bereits seit einiger Zeit vor dieser Abhängigkeit. Der Ausfall der Sicherheitssysteme bei Paypal vor einigen Wochen trieb die Debatte dazu zusätzlich an. 

Wero als Alternative: 45 Millionen Nutzer in einem Jahr

Als Alternative zum digitalen Euro preist die EPI naturgemäß ihre eigene Lösung Wero an, die bereits in Belgien, Frankreich und Deutschland für Person-zu-Person-Zahlungen verfügbar ist. Nach einem Jahr nutzen eigenen Angaben zufolge bereits 45 Millionen Bürger den Dienst. Bis Ende 2025 beziehungsweise 2026 sollen E-Commerce- und Kassenfunktionen ausgerollt werden, mit geplanten Migrationen von mindestens 15 Millionen Nutzern der niederländischen Lösung iDEAL und Payconiq in Luxemburg, heißt es in dem Schreiben. Was dabei untergeht: Wero hängt hinter seinem Zeitplan. Denn eigentlich wollte man die großen Online-Händler bereits im Sommer und Herbst 2025 anbinden und live schalten. Daraus wird aller Voraussicht nach nichts mehr. Das Argument, man sei selbst agiler als der digitale Euro, ist also vielleicht nicht ganz so hieb- und stichfest, wie es auf den ersten Blick scheint. 

Was die EPI-Banken von der EU wollen

Die Banken fordern die EU-Gesetzgeber auf, die Zahlungsstrategie neu zu prüfen und stattdessen private, in Europa entwickelte Zahlungslösungen zu unterstützen. Sie empfehlen eine „umfassende Kosten-Nutzen-Analyse”, um sicherzustellen, dass regulatorische Bemühungen das europäische Zahlungsökosystem „verbessern statt behindern”. Konkret verlangen die Banken gesetzliche Unterstützung für private Lösungen, etwa durch eine Pflicht zur Akzeptanz mindestens einer EU-basierten Instant-Payment-Lösung für Händler.


Auch auf der Payment Exchange 2026 greifen wir das Thema wieder auf: Im Panel „European Wallets & Digitaler Euro“ diskutieren Expert:innen aus Banken, Handel und Politik, was die aktuellen Spannungen zwischen EPI und EZB für Europas Zahlungsverkehr bedeuten. Geht es um echte Souveränität – oder entsteht nur ein neuer Wettbewerb der Systeme? Und welche Rolle spielt Vertrauen, wenn Europas digitaler Zahlungsraum endlich Gestalt annimmt?

Das könnte dich auch interessieren:
Exklusiv: EPI-Chefin Martina Weimert im Podcast zu Wero

Autor

  • Nils Heck (geb. Wischmeyer) ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei, Buchautor und seit März 2024 Redaktionsleiter bei Payment and Banking. Er ist zudem Autor der monatlichen Kolumne „Nils nörgelt“, in der er sich kritisch mit aktuellen Trends in der Payment- and Bankingbranche beschäftigt. Wenn er nicht gerade meckert, jongliert er professionell.

Weitere interessante Beiträge