Eure Alleingänge sind schrecklich

Portrait Nils Heck mit seiner Kolumne Nils nörgelt

Dass der BVR seinen Angriff auf Apple nun verschiebt, ist zunächst einmal ein wenig peinlich. Es zeigt aber sinnbildlich, dass deutsche Banken ein Problem haben: Jeder kocht sein eigenes Süppchen. Eine neue Folge von „Nils nörgelt.” 

Die Payment- and Banking-Szene ist zweifellos niemals langweilig. Kein Monat vergeht, ohne dass neue Produkte, Banken, Fintechs und Payment-Lösungen auf den Markt kommen. Aber wer braucht das eigentlich alles und muss man das alles gut finden? Unser Autor Nils Heck beleuchtet in seiner Kolumne „Nils nörgelt“ monatlich ein Produkt, Thema oder eben den „letzten heißen Scheiß“. Etwas zu meckern gibt es schließlich (fast) immer.

Wer etwas heimlich, still und leise verkünden will, der mache dies auf Linkedin. So zumindest hat es der Verband der Volks- und Raiffeisenbanken bei einem absoluten Prestigeprojekt versucht – und damit zurecht so einiges an Spott auf sich gezogen. In der besagten Mitteilung ging es nämlich um nicht weniger als den groß angelegten Angriff auf ApplePay, den der BVR schon seit vielen Monaten vorbereitet und der im Herbst diesen Jahres nun endlich starten sollte. Konkret sollten alle Kunden von da an die Möglichkeit haben, mit ihrer Girocard über die Volksbanken-App statt über ApplePay zu bezahlen. 

Möglich macht das die erzwungene Öffnung der NFC-Schnittstelle der iPhones, die der BVR meines Erinnerns nach nicht nur begrüßt, sondern auch hinter den Kulissen vorangetrieben hatte. Es war die Rede von unfairen Marktbedingungen und davon, dass die eigene Lösung die Kunden nun endlich unabhängiger machen sollte. Doch der große Angriff: Er fällt ins Wasser. Wie in besagter Mitteilung auf Linkedin verkündet, verschiebt sich der Start der eigenen Girocard-in-der-iPhone-App auf unbestimmte Zeit. Man brauche einfach noch ein wenig, um am Produkt zu feilen, hieß es. Huch. 

Warum immer nur das eigene Süppchen kochen?

Das ist für die Volks- und Raiffeisenbanken natürlich vordergründig erst einmal ärgerlich. Die eigenen Pläne einzukassieren, das sieht nie gut aus. Dann ist es zusätzlich noch ein bisschen peinlich, hatte man sich doch eigentlich in der Pionierrolle gesehen. Vor allem aber zeigt sich an der neuen Anwendung der Volksbanken mal wieder ein grundlegendes Problem des deutschen Bankings: Alle kochen nur ihr eigenes Süppchen und vergessen dabei, dass sie den eigenen Kunden womöglich dutzende Angebote machen, die sie nur verwirren. 

Bei den Volksbanken wird sich das spätestens dieses, vielleicht sogar schon nächstes Jahr, sehr deutlich zeigen. Denn die Volks- und Raiffeisenbanken trommeln bei ihren Kunden eifrig für die europäische Lösung Wero. Die wird herausgegeben von der European Payments Initiative (EPI), bietet P2P-Zahlungen und hat zurzeit mehr als 40 Millionen Kunden in den Benelux-Staaten und Deutschland. Eine Million davon kommen vom DSGV (Sparkassen) und 650.000 von BVR-Mitgliedern (Volks- und Raiffeisenbanken). Das heißt, mehr als eine halbe Million Volksbankkunden haben Wero aktiviert und senden damit schon Geld von Konto zu Konto. Noch dieses Jahr sollen damit nun auch Online-Zahlungen und im kommenden Jahr POS-Zahlungen möglich sein. 

Genau da liegt der Knackpunkt: Kunden bei den Volksbanken wird dann vermutlich gleichzeitig angeboten, die eigene Girocard in die Volksbanken-Wallet zu legen, um damit am POS zu bezahlen – oder aber mit Wero zu bezahlen. Und jetzt kommt der besonders spaßige Clou: Weil Wero eben auch in den Volksbank-Apps läuft, würde dann beides parallel in der Volksbank-App laufen. Zum einen das Bezahlen mit der Girocard über den BVR und zum anderen das Bezahlen mit Wero von Konto zu Konto. Sind Sie bereits verwirrt? Ich bin es jedenfalls und ich will gar nicht wissen, wie verwirrt Erna, 73, aus Bad Münstereifel ist, wenn man sie nach den verschiedenen Optionen fragen wird. 

Doppelte Infrastruktur und Arbeit: Warum nur?

Es ist mir unbegreiflich, warum man die so aufwendige und teils teure Infrastruktur nun unbedingt zweimal aufbauen will. Die Interchange-Gebühr sparen sich die Volksbanken auch, wenn die Kunden mit Wero bezahlen. Noch dazu haben sie sich doch extra bei EPI engagiert, um grenzüberschreitende, einfache Zahlungen möglich zu machen. Das wäre mit Wero ja durchaus möglich, anders übrigens als mit der Girocard, die hinter der deutschen Grenze und im Internet sowieso nicht funktionieren wird. Auch verlieren die Volksbanken die Bindung zu den Kunden nicht unbedingt, weil Wero in die Apps der Banken integriert ist. Es entsteht also schlicht Doppelarbeit. Die nun auch noch länger dauern wird. Kann man machen, ist dann aber irgendwie aufwendig für wenig Ertrag.

Autor

  • Nils Heck (geb. Wischmeyer) ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei, Buchautor und seit März 2024 Redaktionsleiter bei Payment and Banking. Er ist zudem Autor der monatlichen Kolumne „Nils nörgelt“, in der er sich kritisch mit aktuellen Trends in der Payment- and Bankingbranche beschäftigt. Wenn er nicht gerade meckert, jongliert er professionell.

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