Verena Pausder zählt in der Startup-Szene schon lange Zeit zu den bekanntesten Gesichter der Startup-Welt, nun gelangt sie über die Branche hinaus zu Prominenz, denn seit sich die Gründerin digitaler Unternehmen mit ihrem Buch „Das neue Land“ für eine Reformation der Bildungslandschaft einsetzt, ist sie gern gesehener Interviewgast im Fernsehen, Ansprechpartnerin für die Politik und willkommen auf Podien, wenn es um digitale Bildung geht.

Daher freuen wir uns sehr, Verena Pausder trotz eines übervollen Terminkalenders für die kommende Transactions.io als Speakerin gewonnen zu haben. In ihrer Keynote fordert sie: „Auf zu neuen Ufern – warum wir GestalterInnen werden müssen!“

Im Interview spricht sie darüber, warum ihr die Themen digitale Bildung und Chancen-gerechtigkeit so am Herzen liegen und was das alles überhaupt mit der Finanzbranche zu tun hat.

Die von Payment & Banking organisierte Veranstaltung geht nach dem großen Erfolg am 19. November in die zweite Runde! Neben Verena Pausder erwarten wir weitere hochkarätige Speaker, darunter Whistleblower Edward Snowden und Sascha Lobo.

Unternehmerin, Investorin, Antreiberin und Aufsichtsrätin bei der Comdirect-Bank, dazu Mutter dreier Kinder und Buchautorin – auf welche Rolle bist du besonders stolz?

Darauf, dass ich alle Rollen haben darf. Es ist kein “Entweder-Oder” sondern ein “Und”. Die vielen Rollen machen Spaß, sind aufregend, anstrengend…aber vor allem auch ein Privileg. Ich bin mehr sehr bewusst, dass nicht jeder die Chance hat, in solche Rollen zu kommen. Auch deshalb ist die Digitale Bildung und die Bildungsgerechtigkeit für mich so ein Herzensthema.

Die Digitalisierung in der Bildung und Chancengerechtigkeit spielen in deinem Leben eine große Rolle – warum?

Digitale Bildung und Chancengerechtigkeit sind eng verknüpft. 65% der Kinder, die jetzt in der Grundschule sind, werden in Jobs arbeiten, die wir heute noch gar nicht kennen. Damit unsere Kinder für die Zukunft gut aufgestellt sind, müssen sie digital gebildet sein. Das kriegen unsere Schulen gerade noch nicht gut genug hin. Digitale Bildung wird zur Frage des Elternhauses: Welche Eltern können die fehlende digitale Bildung in Schulen kompensieren, und welche nicht? Damit sich die eh schon hohe Bildungsungerechtigkeit in Deutschland nicht verschärft müssen die Schulen da besser werden.

Corona hat gezeigt, wie sehr Deutschland in Sachen Digitalisierung allgemein und digitale Bildung im Besonderen im internationalen Vergleich zurück liegt. Hattest du mit dieser Deutlichkeit gerechnet?

Digitale Bildung ist für mich ein Herzensthema

Für mich war es nicht überraschend, dass der Aufholbedarf bei der digitalen Bildung in Deutschland enorm groß ist. Was mich stattdessen überrascht hat, war die Menge an großartigen Schüler*innen- und Lehrer*innen-Initiativen, die während des Lockdowns entstanden sind, die Schulleitungen, die nach flexiblen Lösungen gesucht haben, und auch die Politik, die ihren Bund-Länder-Kompetenzstreit ein Stück hinten angestellt hat.

Trotz digitalem Bildungspaket ist bislang noch nicht viel passiert an deutschen Schulen: Was läuft aus deiner Perspektive falsch?

  1. Digitalpakt unbürokratisch und schnell ausschütten. Wenn wir die 5 Mrd. EUR durch die 44.000 Schulen im Land teilen, hat jede Schule sofort knapp 115.000 EUR für Infrastruktur und Geräteausstattung parat.
  2. Die Lehrerfortbildung updaten. Mit zielgerichteten Online-Modulen könnten Lehrer*innen genau das lernen, was sie gerade brauchen, anstatt im veralteten Fortbildungs-Curriculum gefangen zu sein.
  3. Digital-Taskforces in den Bundesländern. Von dort aus würde zentralisiert die digitale Infrastruktur organisiert.

Wo aber siehst du auch Licht am Horizont?

Digitale Bildung ist in der politischen Agenda weit nach oben gerutscht. Es gab mehrere Bildungsgipfel, die Kanzlerin persönlich nimmt sich dem Thema an. Es gibt zusätzliche finanzielle Mittel, aber vor allem einen Mindset-Shift bei den Beteiligten: Weg vom Fokus auf den Bund-Länder-Streit (wie beim Digitalpakt) hin zu der Bereitschaft mehr voneinander zu lernen und ein gemeinsames Vorgehen abzusprechen.

Rückblickend auf das Jahr – was hat sich in deinem speziellen Wirkungsradius massiv verändert? Was davon ist positiv, was negativ?

Das Homeschooling während des Lockdowns hat uns das größte unfreiwillige Bildungsexperiment der vergangenen Jahrzehnte gebracht. Dieses Experiment können und müssen wir nutzen. Jetzt ist das Momentum da, das viele Jahre lang gefehlt hat. Insofern wird die digitale Bildung hoffentlich zum Krisen-Gewinner.

Auch Edward Snowden wird eine Keynote halten. Welche Fragen würdest du ihm stellen wollen, wenn du Gelegenheit dazu hättest?

Ich würde ihn fragen, wie er mit Angst umgeht.

Die TRX zieht ja vor allem Teilnehmer aus der Finanzindustrie an – welche Verantwortung trägt deiner Meinung nach die Branche in Sachen Digitalisierung der nächsten Generation?

Ich bin überzeugt, dass alle Branchen eine Verantwortung für die Digitalisierung der nächsten Generation tragen. Bei der Finanzindustrie spielt Transparenz eine große Rolle. Transparenz heißt nicht nur den Zugang zu Informationen erleichtern, sondern auch die “Financial Literacy” der Nutzer*innen verbessern – durch unabhängige Bildungsangebote und eine gute User Experience.

„Alle Branchen tragen eine Verantwortung für die Digitalisierung der nächsten Generation.“

Dein Panel auf der TRX trägt den Titel: „Auf zu neuen Ufern – warum wir GestalterInnen werden müssen“. Wen adressierst du damit konkret und was kann jeder Einzelne tun?

Egal ob Managerin, Familienvater, Startup-Gründerin oder Abiturient – wir alle müssen Verantwortung für die Zukunft unseres Landes übernehmen. Es reicht nicht zu sagen: “Man müsste mal”. Stattdessen muss es heißen: “Ich mache mal”. Niemand kann alleine die großen Herausforderungen wie Digitalisierung, Gleichberechtigung oder Klimakrise alleine lösen – aber jeder kann seinen Beitrag leisten. In meinem Buch “Das Neue Land” nenne ich viele Ideen, was dieser persönliche Beitrag sein kann.

Zu welchem Thema wurdest du noch nie befragt und hättest dazu aber eine Menge zu sagen?

Fussball! Seit ich ein kleines Mädchen bin spiele ich Fußball. Ich weiß nicht nur viel über den Sport, sondern bin vor allem auch auf dem Spielfeld eine gute Stürmerin. Und meine Erfahrung als Mädchen in einem Jungs-dominierten Sport hat mir viel über Gleichberechtigung gelehrt.

Du hast Überlegungen geäußert, in die Politik gehen zu wollen: Welche Position wäre für dich spannender: Digitalministerin oder Bildungsministerin?

Ich will nicht Ministerin werden, deshalb ist meine persönliche Präferenz hier zweitrangig. Ich habe aber eine Meinung, welches Ministerium besonders stark besetzt werden sollte: Das Digitalministerium! Nach jahrelangem Rumeiern mit einer dezentralisierten Digitalisierungs-Politik braucht es jetzt mal jemanden, der sich den Hut aufzieht und sagt: Das sind die Ziele für die Digitalisierung, die ich mir vornehme, so überprüfe ich die, nach 4 Jahren könnt ihr mich daran messen.

Wenn ihr Verena Pausders inspirierenden Vortrag live mitverfolgen wollt, dann sichert euch jetzt noch ein Online-Streaming-Ticket. Alle Panels und Keynotes sind mit dem Ticket auch im Nachhinein abrufbar.

https://www.eventbrite.de/e/trx20-die-transactions-2020-tickets-85464425397

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