Digital Payments – Interview mit Marcus Mosen (Concardis)
Wir von Payment and Banking mit Marcus W. Mosen CEO Concardis zu Entwicklungen im Payment Markt gesprochen. Und es gibt auch noch fünf Bücher zu verlosen… mehr dazu am Ende des Interviews…
„Die Concardis: Ein schlafender Riese im Payment Bereich“ – Würdest du der Aussage zustimmen? Wenn ja, wann kommt der Wake Up?
Das Potenzial, das in Concardis schlummert ist enorm, das stimmt. Und den Wake-Up call haben wir auch schon erhalten. Oder besser gesagt: wir erhalten täglich solche Calls, wenn man sich den Markt anschaut und einige Wettbewerber, mit Kunden spricht, oder wenn man sich die Veränderungen vor Augen hält, die das Internet und die Digitalisierung mit sich bringen. Wir antworten darauf mit einem Programm von mehr als 20 Schlüsselprojekten, mit dem wir uns selbst Beine machen. Das ganze haben wir zusammengefasst unter dem Begriff Concardis 3.0. Ziel dabei ist, Concardis von einem Acquirer zu einem Omni-Payment Services Provider zu entwickeln. In den vergangenen zwölf Monaten haben wir die Organisation bereits deutlich verändert und neue Kompetenzen an Bord geholt.Wir sind also inzwischen hellwach – manchmal auch außerhalb der Kernarbeitszeit. :-)
Wie muss man sich die Veränderungen bei Concardis ganz konkret vorstellen? Kannst du das an ein paar Beispielen erläutern?
Wir haben kräftig neue Mitarbeiter in nahezu allen Bereichen eingestellt. 2014 waren wir 200 Mitarbeiter. Zum Jahresende 2016 rechnen wir mit rund 350. Vor allem sind viele jüngere Mitarbeiter dazugekommen. Auch die Krawattenträgerquote ist deutlich zurückgegangen – ich würde mal schätzen, seit Sommer 2015 von 50 Prozent auf heute ca. 0,5 Prozent. Außerdem haben wir einen BBQ-Grill auf der Außenterrasse, der dieses Jahr in der 2. Sommersaison rege genutzt wird.
Aber Spaß beiseite: abgesehen von den Veränderungen, die man direkt von außen wahrnimmt – z. B. das neue Corporate Design, den neuen Webauftritt – haben wir auch intern einiges verändert bzw. weiterentwickelt. Wir haben den Vertrieb gestärkt, eine eigene Kundenservice-Einheit geschaffen, ein neues E-Commerce-Kompetenzteam aufgebaut und dieses mit dem klassischen Produktmanagement verzahnt. Unsere Bereiche Controlling, Finanzen und Risikomanagement haben wir ebenso verstärkt. Wir entwickeln gerade eine moderne PSP-Plattform und investieren in neue Lösungen speziell für den E-Commerce. Daneben werden wir Kompetenzen im Bereich Big Data aufbauen, was uns hilft, neue Mehrwertleistungen zu entwickeln. All das zahlt letztlich auf unseren Claim ein: Als „Your Payment Expert“ wollen wir der ganzheitliche Businesspartner unserer Kunden rund ums Bezahlen sein. Daran arbeiten wir intensiv.
Wie positioniert ihr euch in einem mehr und mehr internationalen Markt? Kann ein nationaler Champion langfristig wettbewerbsfähig bleiben?
Payment lässt sich schon heute nicht mehr klar auf einen einzelnen Wirtschaftsraum begrenzen. Wir sehen und positionieren uns deshalb als „German Payment Champion“, der aus Deutschland heraus international agiert und die Kunden in ihren Strategien auch international unterstützt und begleitet. Sowohl Bestandskunden als auch neue Kunden erwarten von uns heute eine breite Produktpalette, die ihnen alle Optionen für eine Expansion in den europäischen und internationalen Markt offenlässt. Die Anforderungen an uns steigen in dem Maße, wie die großen Handelsunternehmen in ihren Multichanneling- und Internationalisierungsstrategie vorankommen. Ihnen dabei zur Seite zu stehen ist die Chance, die wir nutzen wollen. Und natürlich wollen wir unser Geschäft auch in den der Kernregion „DACH“ ausbauen und ihnen neue Services, die die Digitalisierung ermöglicht, anbieten. Gerade in Österreich und in der Schweiz konnten wir unsere Position in den letzten beiden Jahren – in Österreich auch mit einer Akquisition – gut ausbauen. Wir haben mit dem Kauf der ICP und der Mehrheitsübernahme an der Cardtech endlich eine eigene Netzbetriebsplattform, die sowohl kleine als auch große Händler servicieren kann. Mit der ICP-Lösung können wir jetzt Funktionalitäten wie E-Money und Loyalty anbieten – und bieten damit entscheidenden Mehrwert für unsere Kunden. Nicht zuletzt gehen wir neue Partnerschaften ein, wie mit Alipay und Valuephone. So bauen wir stetig unsere Kompetenzen im nationalen und sukzessive im internationalen Geschäft aus.
Konsolidierung der Valuechain im Payment: Wie entwickelt sich hier der Markt mittelfristig? Wie sieht ein PSP in 3-5 Jahren aus? Wie ein Acquirer?
Wie schon angedeutet: der Paymentmarkt befindet sich heute in einer Umbruchsphase. Auslöser dafür ist die Digitalisierung – die Reichweiten verändern sich und das führt zu Beschleunigungseffekten. Damit wird ein Denken in neuen Geschäftsmodellen und Prozessen erforderlich. Die Innovationsraten haben sich deutlich erhöht, und es entstehen neue Wettbewerbssituationen.
Von dieser Entwicklung werden die Payment Service Provider profitieren – wenn sie es richtig machen. PSPs werden neben dem E-Commerce auch den stationären Handel und die Kommunikation mit den Kunden auf allen Kanälen unterstützen können müssen. Letzteres sehe ich als einen der wichtigsten Trends: durch die mobilen elektronischen Endgeräte rücken die Funktionen Kommunikation und Payment ganz nah zusammen. Eine Verschränkung liegt da auf der Hand. Die Integration von Kommunikations- und Bezahlfunktion wird sowohl auf der Konsumenten- als auch auf der Händlerseite ein zentrales Thema der nächsten Jahre werden, dem sich die Paymentbranche stellen muss. Wer das nicht kann, wird mittel- und langfristig marginalisiert – reine Acquirer inbegriffen.
Kurzum: Paymentanbieter, die E-Commerce nicht können, die Mobile Payment nicht können und nicht in der Lage sind, das Zusammenwachsen von Geschäftsprozessen, Kundenkommunikation und Payment abzubilden und zu unterstützen, werden keine Standalone-Perspektive haben. Acquirer im klassischen Verständnis wird es daher meiner Ansicht nach in fünf Jahren nicht mehr geben.
Tech Orientierung: Wie wichtig ist das MindSet einer „Tech Company“ für euch? Wo seid ihr da und wo wollt ihr noch hin?
Das Mindset ist extrem wichtig für uns. Ganz eng damit verbunden sehe ich das Thema Agilität. Die Agilität nämlich beginnt zu allererst im Kopf. Hier Veränderungen erzeugen ist nicht leicht, aber wir werden auch hier kontinuierlich besser.
Wer heute mit FinTechs mithalten will, muss von ihnen lernen, bzw. muss selbst FinTech werden. Der Begriff FinTech ist ja nicht exklusiv für Start-Ups. In diesem Punkt haben wir stark von unserer Partnerschaft mit Orderbird profitiert. An dem führenden iPad-basierten Kassenanbieter in der Gastronomie sind wir derzeit größter Einzelaktionär. Die Start-Up-Kultur dieses Unternehmens, aber auch anderer Start-Ups, hat uns gezeigt, auf welche Kompetenzen und Rahmenbedingungen es heute ankommt: Marktantizipation, Kundenverständnis, Handlungsschnelligkeit und Agilität. Dazu kommt die Freiheit zum unternehmerischen Handeln und Risikobereitschaft. Der etablierte Player kann hier noch das Attribut „Erfahrung“ einbringen. Und in dieser Kombination wollen wir Concardis entwickeln. Das ist nicht immer einfach, funktioniert aber immer besser.
Omnichannel, BlockChain, Künstliche Intelligenz, Bots: Was dieser „Buzzwords“ hat für euch wirklich heute konkrete Relevanz ? Was vielleicht in 1-2 Jahren?
Omnichannel ist eine der großen Herausforderungen im Payment. Der Kunde will immer öfter eine Verknüpfung von stationärem Handel mit dem Online-Handel. Ergo müssen wir PSPs das Omni im Sinne von „ganz, jeder, alles“ im Payment unterstützen. Themen wie Blockchain, KI oder Bots sind sicherlich hochspannend. Im aktuellen operativen Geschäft spielen sie jedoch noch keine Rolle. Aber auch hier gilt, dass wir uns über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten und gegebenenfalls auch mit Start-Ups kooperieren können.
Du hast gerade ein Buch herausgegeben. Warum dieses Medium ? Was ist die Zielgruppe?
Die Idee hatten Dietmar Schmitt von mexxon und ich vor rund einem Jahr. Professor Moormann von der Frankfurt School war schnell von dieser Idee begeistert. Wir waren der Meinung, dass es noch kein deutsches Fachbuch zum Thema Payment und Digitalisierung gibt, und dass wir diesem wichtigen Thema auch auf diesem Wege neue Anstöße geben können. Als relevanter Paymentplayer im deutschen Markt wollten wir hier einen Beitrag für Diskussionen liefern und ganz generell dem Thema Payment eine größere Bedeutung und Aufmerksamkeit verschaffen. Die große Resonanz bei der Veranstaltung am vergangenen Donnerstag in der Frankfurt School hat uns gezeigt, dass wir den Paymentnerv voll getroffen haben. Das Buch „Digtial Payments – Revolution im Zahlungsverkehr“ wird bereits gut nachgefragt – physisch und als E-Book.
Danke Marcus für das offene Gespräch… und gleich zur Überleitung wollen wir von Payment and Banking fünf Exemplare des angesprochenen Buches unter unseren Newsletter Subscribern verlosen.
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