Das US-Unternehmen Stripe könnte die Geldhäuser dort treffen, wo es richtig weh tut. Warum jetzt alle aufhorchen sollten: die neue Kolumne von Peter Großkopf.
Normalerweise würde ich in meiner Kolumne keine Neuigkeit einer einzelnen Firma aufnehmen, allerdings ist der Vorstoß des Zahlungsdienstleisters Stripe derart gewaltig, dass jede Bankerin ihre Ohren spitzen sollte: auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz Sessions 2025 hat Stripe Stablecoin-basierte Finanzkonten in 101 Ländern angekündigt. Ermöglicht wird der Vorstoß technologisch von dem kürzlich akquirierten Startup Bridge.xyz und dem USD Stablecoin USDC von Circle. Was auf den ersten Blick wie ein lapidares Krypto-Feature aussieht, könnte sich als direkter Angriff auf das Kerngeschäft traditioneller Banken entpuppen – das Cash-Management.
Was Stripe angekündigt hat – und warum es so bedeutend ist
Stripe-Nutzer können ab sofort USDC empfangen, halten und ausgeben – direkt in ihren Stripe-Konten, mit sofortiger Konvertierung in Fiat-Währungen, falls gewünscht. Der lokale Tausch in eine Fiat-Währung wird Partnerschaften in den jeweiligen Jurisdiktionen erfordern, die über Bridge realisiert werden. Transfers erfolgen rund um die Uhr, ohne die typischen Verzögerungen oder Einschränkungen herkömmlicher Bankinfrastruktur.
Wie ein Video Snippet auf X zeigt, können Kunden in Realzeit neue Konten und Karten anlegen, sowie Beträge in verschiedenen Währungen in Realzeit konvertieren und übertragen. Der Multi-Currency Dienst steht aktuell nur in den USA und UK zur Verfügung. Sollten in Zukunft auch lokale Stablecoins verwendet werden, wie EUR oder HK$ Stablecoins, ließe sich die gesamte Abwicklung bis “zur letzten Meile” on-chain, also unabhängig von lokalen Bankensystemen abwickeln.
Die jetzt schon vorhandene Dollar-Infrastruktur ist besonders attraktiv für Unternehmen in Märkten mit instabilen lokalen Währungen oder restriktiven Kapitalflüssen.
Das Ende der Bankabhängigkeit?
Was Stripe hier aufgebaut hat, ist mehr als nur eine Krypto-Integration. Es ist der Beginn einer Finanzinfrastruktur, die das klassische Bankwesen umgeht. Unternehmen können nun weltweit:
- rund um die Uhr Zahlungen senden und empfangen,
- ihre Liquidität programmatisch steuern,
- und Erträge auf digitale Dollar halten.
Banken, die ihren Kunden globale Dienstleistungen ermöglichen, gibt es nur wenige. Hier entsteht eine globale Bank.
Warum Banken sich sorgen sollten
Die meisten Banken sehen Stablecoins immer noch als “Krypto-Spielzeug”, etwas, das man beobachten, aber nicht ernst nehmen müsse. Stripe zeigt nun, warum das gefährlich kurzsichtig ist. Das Unternehmen baut keine spekulative Kryptowelt, sondern Marktinfrastruktur. Und diese Infrastruktur löst reale Probleme: Ineffizienz, Intransparenz und Zeitverzögerungen im globalen Zahlungsverkehr.
Was Banken besonders treffen dürfte: Cash-Management ist einer ihrer profitabelsten Geschäftsbereiche. Genau hier setzt Stripe an – mit einem Produkt, das günstiger, schneller und technologisch überlegen ist.
Der Beginn einer Entkopplung
Mit der Einführung dieser Stablecoin-Konten, welche 1:1 neben Fiatgeld-Konten geführt werden können, erleben wir die beginnende Entkopplung von Finanzdienstleistungen und traditionellen Banken. Wer heute als Start-up, SaaS-Plattform oder international agierendes Unternehmen Zahlungen abwickeln will, braucht nicht mehr zwangsläufig ein Bankkonto. Stripe bietet eine Komplettlösung, die den Bedürfnissen der modernen digitalen Wirtschaft besser entspricht als jede klassische Bank. Liquidität ist rund um die Uhr in allen Währungen verfügbar, somit können Liquiditätsengpässe auch am Wochenende oder außerhalb der Banköffnungszeiten behoben werden.
Die großen Gewinner dieser Entwicklung sind:
- Unternehmen mit globaler Ausrichtung
- Finanzabteilungen, die auf Echtzeit-Transparenz setzen
- Softwareplattformen, die Embedded Finance integrieren möchten
- Entwickler, die Lösungen auf Basis von Stripe entwickeln
- und nicht zuletzt: Stripe selbst
Die Verlierer? Banken, die diese Entwicklung als vorübergehende Modeerscheinung abtun.
Fazit
Stripe hat nicht einfach ein neues Produkt angekündigt. Das Unternehmen hat leise, aber konsequent eine Alternative zur klassischen Finanzinfrastruktur aufgebaut – und bietet diese nun weltweit an. Es ist eine Warnung an alle Banken: Der Wandel kommt nicht irgendwann – er ist bereits da. Wer nicht mitzieht und sich im Bereich Stablecoins positioniert, wird bald irrelevant sein.