Die nächste Generation der KMU-Finanzierung: Infrastruktur und Orchestrierung als Schlüssel

Fintechs haben die angestaubte Welt der KMU-Finanzierung aufgemischt, aber längst nicht alle Probleme gelöst. Vor allem, weil die Infrastruktur nicht Schritt hielt. Wie sich das ändern kann, erklärt Banxware-CCO Mandya Aziz. 

Als Chief Commercial Officer bei Banxware beschäftige ich mich täglich mit den Herausforderungen und Chancen im KMU-Finanzierungsmarkt. Kleine und mittlere Unternehmen sind das Rückgrat der europäischen Wirtschaft – das sehen wir in jedem Gespräch mit unseren Plattformpartnern. Dennoch bleibt der Zugang zu Kapital für viele Unternehmen schwierig. Der sogenannte „Credit Gap“ ist aus meiner Sicht eines der größten und zugleich am wenigsten gelösten Probleme im europäischen Finanzsystem. Trotz aller Fortschritte durch Fintechs sind viele Hürden wie Kosten und Skalierbarkeit weiterhin ungelöst.

Wir stehen an einem Wendepunkt: Die Zukunft der KMU-Finanzierung entscheidet sich nicht mehr daran, wer am schnellsten Kredite vergibt, sondern daran, wer die besten Voraussetzungen schafft, damit Finanzierung genau dort und dann möglich wird, wo sie gebraucht wird. Im Mittelpunkt steht künftig die Infrastruktur, die Kreditvergabe orchestriert und nahtlos in bestehende Geschäftsprozesse integriert – das ist meine Überzeugung aus der täglichen Praxis.

Warum klassische Kreditvergabe an ihre Grenzen stieß

Viele unserer Partner berichten, wie sie jahrelang mit Prozessen kämpfen mussten, die auf veralteten Strukturen basieren: Vertrauen wurde manuell aufgebaut, Bonitätsprüfungen waren rückwärtsgewandt, und Papierdokumente bestimmten den Ablauf. Banken verlangten umfangreiche Unterlagen, persönliche Termine und hatten lange Prüfungszyklen – selbst für kleinere Finanzierungsbeträge. Die Kriterien für Kreditvergaben waren auf Stabilität ausgelegt, nicht auf Innovationskraft. So wurden zahlreiche Unternehmen abgelehnt, nicht wegen mangelnder Perspektiven, sondern weil sie nicht ins Raster passten. Die Folgen: langsame Entscheidungen, hohe Abbruchquoten und eine Finanzierungserfahrung, die nicht zur digitalen Arbeitswelt passt.

Digitale Kreditvergabe mit Limitationen

Mit dem Aufkommen von Fintechs wurde vieles einfacher: Digitale Onboardings, automatisierte Scoring-Modelle und schnelle Entscheidungen. Das hat auch den Druck auf etablierte Anbieter erhöht. Aber: Die neuen Lösungen bringen eigene Herausforderungen mit sich, wie wir aus vielen Gesprächen mit unseren Kundinnen und Kunden wissen:

  • Hohe Kapitalkosten: Viele digitale Anbieter refinanzieren sich über externe Kreditlinien, was die Kosten für Kreditnehmende erhöht – besonders bei häufigen oder kleineren Finanzierungen.
  • Mangelnde Integration: Die meisten digitalen Kreditportale sind Insellösungen und nicht tief in die Tools eingebettet, die KMU tatsächlich nutzen. Das sorgt für zusätzliche Reibungsverluste.
  • Begrenzte Skalierbarkeit: Viele Angebote sind auf bestimmte Branchen oder Märkte zugeschnitten. Eine Expansion erfordert meist den kompletten Neuaufbau von Compliance- und Risikomodellen.

Unterm Strich: Die Frontend-Erfahrung wurde verbessert, das System dahinter jedoch nicht grundlegend verändert. Was an Geschwindigkeit gewonnen wurde, ging häufig bei Kosten, Kontrolle und Kontinuität verloren.

KMU-Kreditvergabe als orchestrierte Infrastruktur

Aus meiner Sicht ist die nächste Entwicklungsstufe klar: Orchestrierungs-Infrastruktur. Hier wird Finanzierung zum festen Bestandteil der Plattform-Ökonomie – nahtlos eingebettet, digital aktiviert und durch Echtzeitdaten gesteuert. Das Entscheidende: Die Kapitalquellen sind institutionell oder bankenseitig und nicht von teuren alternativen Kanälen abhängig. Daraus ergeben sich klare Vorteile:

  • Zugang zu günstigem Kapital: Plattformen wie Marktplätze oder SaaS-Lösungen können Kreditgesuche an ein Netzwerk regulierter Banken und institutioneller Partner weiterleiten. Das erhöht die Bewilligungsquoten und senkt die Finanzierungskosten.
  • Echtzeit-Bewertung: Anstelle veralteter Scoring-Verfahren nutzen eingebettete Anbieter Transaktionsdaten, Verhaltensmuster und Open-Banking-Informationen für schnelle und präzise Entscheidungen.
  • Automatisierte Compliance: Durch die Einbindung lizenzierter Banken werden regulatorische Anforderungen wie KYC und AML direkt erfüllt.
  • Nahtlose Integration: Finanzierungsangebote werden Teil bestehender Geschäftsprozesse – für Unternehmen genügt ein Klick, ohne Umwege oder Medienbrüche.

Infrastruktur als Wettbewerbsvorteil

In meiner täglichen Arbeit sehe ich, wie dieses Modell die Kreditvergabe grundlegend verändert: Plattformen behalten die Kontrolle, Banken bleiben integriert, und Unternehmen erhalten schnellen, fairen und unkomplizierten Zugang zu Kapital. Der Wandel der KMU-Finanzierung verläuft analog zur Entwicklung des Zahlungsverkehrs: Erst kam die Digitalisierung, dann die Integration – und schließlich die Infrastruktur. Die wirkliche Innovation findet im Hintergrund statt. Entscheidend für die Zukunft ist nicht, wer am schnellsten Kredite vergibt, sondern wer Kreditvergabe intelligent in digitale Prozesse einbettet und Kapital effizient mit Bedarf verknüpft.

Gerade im aktuellen Umfeld – mit hohen Zinsen, vorsichtigen Investoren und restriktiverer Kreditvergabe durch Banken – braucht es neue Wege der Kapitalvermittlung. Für Fintechs steigen die Refinanzierungskosten, Banken werden selektiver. Für Orchestratoren aber eröffnet sich die Chance, Kreditangebot und -nachfrage effizienter zu verbinden – mit geringeren Akquisekosten und besseren Konditionen für alle Beteiligten.

Banxware setzt genau hier an: Wir bauen die Infrastruktur, die Plattformen mit regulierten Banken verbindet und so eine schnelle, konforme und auch bezahlbare Finanzierung für KMU ermöglicht. Unser Ziel ist es nicht, mit Banken zu konkurrieren, sondern sie als Teil der Embedded-Lending-Reise einzubinden und zu stärken.

Zur Person: Mandya Aziz arbeitet seit 2020 bei Banxware, seit 2024 ist er Chief Commercial Officer.

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  • Immer wieder bitten wir externe Autoren, einen Beitrag für Payment and Banking aufgrund ihrer ausgewiesenen Expertise zu schreiben. Diese stellen wir unter dem Beitrag jeweils vor.

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