Die Krypto-Entscheidung des DSGV ist falsch

Portrait Nils Heck mit seiner Kolumne Nils nörgelt

Die Sparkassen wollen es ihren Kunden ermöglichen, mit spekulativen Coins zu handeln. Werbung wollen sie dafür aber nicht schalten. Warum beides zusammen eine doofe Idee ist. Die neue Folge „Nils Nörgelt.” 

Die Payment- and Banking-Szene ist zweifellos niemals langweilig. Kein Monat vergeht, ohne dass neue Produkte, Banken, Fintechs und Payment-Lösungen auf den Markt kommen. Aber wer braucht das eigentlich alles und muss man das alles gut finden? Unser Autor Nils Heck beleuchtet in seiner Kolumne „Nils nörgelt“ monatlich ein Produkt, Thema oder eben den „letzten heißen Scheiß“. Etwas zu meckern gibt es schließlich (fast) immer.

Liebe Leserinnen und Leser, 

jeden Monat schnappe ich mir eine Nachricht, die nicht nur die Branche, sondern auch mein koffeingetränktes Herz bewegt und da bin ich nicht um diese herumgekommen: Die deutschen Sparkassen wollen in den Handel mit Kryptowährungen einsteigen. Schon bald sollen Kunden die Möglichkeit bekommen, Kryptowährungen zu handeln. Das technische Know-How dafür soll die Deka-Bank gemeinsam mit der Börse Stuttgart entwickeln, die mit ihrer App Bison schon recht erfolgreich im Markt unterwegs ist. Damit könnten bald auf einen Schlag rund 50 Millionen Kunden – das sind so viele Menschen wie in Spanien wohnen – in Krypto investieren.

Das ist schon sehr lustig, wenn man sich den Zeitverlauf anschaut. Immerhin sagte der ehemalige DSGV-Präsident Helmut Schleweis noch vor wenigen Jahren, das ganze sei ein „Schneeballsystem.” Auch sonst war der Tenor stets: zu riskant für unsere Kund:innen, das müssen wir nicht machen. Für mich als bekennender Krypto-Anti waren die Sparkassen so etwas wie die Stimme der Vernunft in einer verrückten Welt. Eine Institution, die nicht jeden Trend mitmachen muss, nur weil alle anderen es machen. Der Junge, der eben nicht wie alle anderen von der Brücke springt. Mama wäre stolz gewesen. 

Tja, und dann kam diese Nachricht, die mich schwer enttäuscht hat. Die Sparkassen wollen nun doch in den Handel mit Krypto-Währungen einsteigen, allerdings ohne Beratungsleistung und Werbung. Halt für alle, die das unbedingt wollen. Ich bin der Überzeugung: Dieser Schritt ist ein Fehler. Denn das Vertrauen der Sparkassen geht durch den Handel auf Krypto-„Währungen”* über, denen (meiner bescheidenen Meinung nach) kein faktischer Wirtschaftswert zugrunde liegt. In dem Moment, in dem die Sparkassen den Kryptohandel ermöglichen, machen sie es für viele Menschen überhaupt erst interessant. Menschen, die sonst vielleicht nichts mit Kryptowährungen zu tun haben oder bisher noch skeptisch waren. Alle anderen können längst damit bei Neobrokern oder bei Online-Apps handeln und tun dies auch. Sollte es dann eines Tages zum Crash im Markt kommen, könnte sich das negativ auf die Repuation der Sparkassen auswirken. Und, ist es das wirklich wert?

Die Entscheidung ist halbherzig

Besonders ärgerlich ist aus meiner Sicht aber die Halbherzigkeit der DSGV-Entscheidung. Immerhin wollen die Sparkassen das Angebot aufbauen, damit Menschen damit handeln können. Nur halten sie Krypto zugleich für zu spekulativ, um dafür zu werben oder es zu beraten. Mehr noch: Sie wollen bei Krypto-Handel (zurecht) vor extrem hohen Verlusten warnen und so die Anleger sensibilisieren. Warum aber sollte jemand ein Angebot machen, dass dann niemand bewirbt und berät? Entweder sind Kryptowährungen vom DSGV für gut befunden worden. Dann sollte man für sie werben und dazu auch beraten, wie die Sparkassen es auch sonst mit ihren Finanzprodukten machen. Oder aber der DSGV hält Kryptowährungen nach wie vor für riskant. Dann sollte kein Kunde auch nur in die Nähe dessen gelassen werden. So aber ist es weder Fisch noch Fleisch.

Dass die Sparkassen sich dafür entschieden haben, einen Mittelweg zu gehen, zeigt aus meiner Sicht deutlich, dass man sich in den Führungsetagen der Geldhäuser sehr wohl bewusst ist, welche hochriskanten Anlagen Coins sind. Sie wissen, dass Krypto-”Währungen”* kein gutes Investment für die Allermeisten sein dürften. Sie wissen, dass ihnen das böse auf die Füße fallen kann. Sich angesichts dieses Wissens trotzdem dazu zu entscheiden, Kryptowährungen anzubieten, ohne sie dann zu bewerben, ist eine falsche und halbherzige Entscheidung. Schade noch dazu. Denn eigentlich hatten sich die Sparkassen ja lange dem Zwang des Marktes widersetzt. Ich fand das charmant. Nein, ich fand das sogar mutig. Fand, Vergangenheitsform. 

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*

Ich weigere mich nach wie vor Krypto auch als Währung zu bezeichnen. Eine Währung ist per Definition ein „hoheitlich geordnetes Geldwesen eines Staates” oder „gesetzliches Zahlungsmittel eines Landes oder der Länder einer Währungsunion“. Das ist bei Krypto nicht der Fall. Sollte das Wort Währung dennoch auftauchen, dann nur aufgrund der besseren Lesbarkeit dieses Textes. 

Autor

  • Nils Heck (geb. Wischmeyer) ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei, Buchautor und seit März 2024 Redaktionsleiter bei Payment and Banking. Er ist zudem Autor der monatlichen Kolumne „Nils nörgelt“, in der er sich kritisch mit aktuellen Trends in der Payment- and Bankingbranche beschäftigt. Wenn er nicht gerade meckert, jongliert er professionell.

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