Das Arbeiten der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum?
In unserer Reihe: Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Stefan Kempf von aifinyo unsere Fragen.
Dürfen wir vorstellen: Stefan Kempf von aifinyo
Wer bist Du, was machst Du?
Ich bin Stefan Kempf, Gründer, Vorstand und Aktionär bei aifinyo. Beruflich habe ich meine Wurzeln im Bereich Finance, aber meine Passion liegt eher übergreifend auf dem Thema „Veränderung“: Als Unternehmer brenne ich jeden Tag dafür, einen Wandel zum Besseren zu bewirken – im Unternehmen und außerhalb. Es ist kein Zufall, dass ich bei aifinyo auch die Strategie verantworte.
Wie sieht ein klassischer Tag in Deinem Leben aus?
Ich habe für jeden Tag drei Ziele: Erstens möchte ich mit möglichst vielen interessanten Menschen sprechen. Zweitens habe ich mir vorgenommen, an jedem Tag etwas zu lernen, was mich weiterbringt. Und drittens möchte ich jeden Tag etwas erreichen, was für die Zukunft Bedeutung hat. Deshalb stehen auf der ersten Seite meiner To-Do-Liste auch nur Dinge, die sich auf die Entwicklung der nächsten drei bis fünf Jahren auswirken werden. Erst auf Seite zwei stehen die kurzfristigen Aufgaben für meinen Tag.
Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?
Unternehmertum, Finanzen und Aktien haben mich schon immer fasziniert. Bereits mit 14 Jahren habe ich FAZ und NZZ gelesen. Mit 16 bin ich mit der Capital in der Hand in die Bankfiliale marschiert und habe mir ein Wertpapierkauf-Formular geben lassen, das ich zwei Tage später, von meinen Eltern unterschrieben, wieder abgegeben habe.
Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?
Der Begriff dürfte 2014 oder 2015 bekannt geworden sein. Schon lange vorher habe ich mich aber mit technisch ausgerichteten Startups und der Digitalisierung der Finanzindustrie beschäftigt, nur hieß das damals noch nicht „FinTech“.
Wie definierst Du FinTech?
Die naheliegende Definition als Anwendung neuer Technologien in der Finanzindustrie greift mir zu kurz. Für mich bedeutet Fintech, dass neu gedacht, neu kombiniert wird, dass etwas möglich gemacht wird, was vorher noch als unmöglich betrachtet wurde. Fintech ist viel mehr als nur Digitalisierung, da durch neue Methoden ganz neue Mehrwerte und Produkte geschaffen werden können.
Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?
In etablierten Unternehmen sind die Prozesse oft professioneller strukturiert und klarer auf Effektivität und Rentabilität ausgerichtet. Vorteile sind aber meist zugleich auch Nachteile: Aus den festeren Strukturen kann man nicht so einfach ausbrechen, die Kreativität bleibt auf der Strecke.
Was kann man von FinTechs lernen?
Wenn man den Mut hat, Dinge neu zu denken und schnell und entschlossen zu handeln, dann kann man Ziele erreichen, die vorher als unerreichbar galten. Das machen uns viele FinTechs täglich vor. Ich verstehe daher FinTech auch eher als eine Art Bewegung und nicht nur als Branche.
Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?
Große Unternehmen, wie etwa klassische Banken, sind im Grunde ein Netzwerk aus hoch ausgebildeten Spezialisten. Deren Wissen ist die Grundlage für den Erfolg. Aber dieses Netzwerk ist unglaublich schwer digitalisierbar, zumal auch die Prozesse nicht auf Technologien, sondern eher auf analogen Traditionen beruhen.
Was macht deinen Job täglich interessant?
Ganz einfach: Ich liebe meinen Job. Er gibt mir die Freiheit, über meine Themen täglich selbst zu bestimmen. Als Vorstand bin ich zugleich auch eine Art Vorhut: Ich beschäftige mich mit den Trends, mit dem, was gerade erst im Entstehen ist. Das ist mal das Brand-Management, mal Data Analytics. Das ist sehr abwechslungsreich und zugleich sinnstiftend fürs Unternehmen.
Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?
Vielleicht wäre ich Architekt. Als Architekt hast du eine Vorstellung, machst daraus einen Plan und daraus wiederum entsteht ein echtes Gebäude, das von Menschen genutzt werden kann. Ich bewundere gute Architektur, die zweckmäßig und gleichzeitig zeitlos schön gestaltet ist. Leider hält sich meine künstlerische Begabung in engen Grenzen, aber auch hier fasziniert es mich etwas zu schaffen, was Bestand hat und den Menschen weiterhilft.
Worauf bist du stolz?
Stolz bin ich auf meine Familie, mein Team, mein unternehmerisches Netzwerk. Bei aifinyo haben wir einen sensationellen Zusammenhalt, jeder steht für den anderen ein. Das ist ein bisschen wie im Fußball, wo eine Mannschaft mit besonderem Teamspirit überragende Erfolge erzielen kann.
Wieso gibt es nicht mehr Frauen in der Tech-Branche?
Vielleicht liegt das an dem Stereotyp des Computer-Nerds, der umgeben von leeren Pizzakartons und riesigen Monitoren alleine vor sich hincodet. Sowas schreckt sicher viele Frauen ab. Dabei ist die wichtigste Zutat für erfolgreiche Technologie-Entwicklung heute die soziale Interaktion im Team! Wir brauchen mehr und bessere Kommunikation, wir brauchen Empathie. Wir sind in der Tech-Branche auf Frauen angewiesen, ohne eine echte Gleichstellung wird es sehr schwierig. Ich hoffe sehr, dass die Flexibilisierung der Arbeitswelt nach der Pandemie mit den diversen Möglichkeiten für Home-Office oder Teilzeit die Tech-Branche für Frauen attraktiver macht.
Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?
Ich freue mich jeden Tag auf aifinyo, daher habe ich darüber tatsächlich noch nie nachgedacht. Was mich als Unternehmer interessiert, ist, wie man die Welt verbessern kann. Da sehe ich Überschneidungen mit der Politik: Ein Tag im Bundeskanzleramt, das wäre spannend! Zu sehen, wie dort die Findung und Umsetzung von Entscheidungen funktioniert – und ob man da nicht vielleicht noch mehr erreichen kann.
Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?
Da schließe ich direkt an: Eine Einladung zum Kneipenbesuch mit Frau Baerbock, Herrn Lindner oder Herrn Scholz würde ich sicher annehmen. Mal aus erster Hand hören, was die persönlichen Herausforderungen im Wahlkampf waren und wie die Koalitionsverhandlungen ablaufen sind.