Die Gesichter der Branche – Philipp Zentner von LI.FI

Am Montag gab das Berliner Start-up Li.Fi eine Series-A Finanzierungsrunde in Höhe von 17,5 Millionen US-Dollar bekannt. Zu den Investoren zählen neben Coinfund und Superscrypt mehr als 20 Business-Angels. Das Unternehmen ermöglicht, digitale Assets über mehrere Blockchains zu tauschen. Wir haben LI.FI Philipp Zentner gebeten, unseren beliebten Fragebogen auszufüllen.

Seit vielen Jahren stellen wir Akteuren und Gesichtern der Branche unsere Fragen. Der Katalog ist dabei ein buntes Sammelsurium aus unterschiedlichen Fragen – immer mit dem Ziel, die Köpfe und Macher hinter kreativen Denkprozessen und Entscheidungen an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum vorzustellen.

Heute stellen wir vor: Philipp Zentner von LI.FI

Wer bist du, was machst du?

Ich bin Philipp Zentner, CEO und Mitgründer von LI.FI. Es ist bereits das vierte Start-up, das ich gemeinsam mit meinem Co-Founder und CTO Max Klenk gegründet habe. Mit LI.FI bieten wir eine API für DeFi an, welche es Unternehmen ermöglicht, Daten und Assets wie zum Beispiel Kryptowährungen über verschiedene Systeme hinweg automatisiert zu bewegen und zu tauschen. Damit lösen wir ein fundamentales Problem des Web3, denn die Übertragung von Daten und Assets über verschiedene Blockchains hinweg, ist ein komplexer Prozess. Um Kryptowährungen zwischen den verschiedenen Blockchains zu verschieben, kommen Cross-Chain Bridges zum Einsatz. Es gibt viele Arten dieser Brücken, die sich in Bezug auf Preis, Sicherheit und Geschwindigkeit unterscheiden.

Wir haben ein Software Development Kit (SDK) entwickelt, welches Entwickler nutzen können, um diejenigen Bridges und dezentrale Krypto-Börsen (DEXs) zu wählen, die am besten zu ihren Anwendungsfällen passen. Damit sprechen wir traditionelle Banken und Fintechs, aber auch Hedge-Funds, Wallets und Custodians an, die ihren Kunden Krypto-Dienstleistungen anbieten wollen und davon gibt es gerade immer mehr. Durch die Nutzung von LI.FI können sie anderthalb Jahre Markteinführungszeit sparen, anstatt ihre eigene Lösung zu entwickeln und zu implementieren, was Millionen von Euro kostet.

Wie sieht ein klassischer Tag in deinem Leben aus?

Nach dem Aufstehen gibt es erst einmal einen Kaffee auf dem Balkon (falls verfügbar) oder am Fenster. Ich bin selten zu Hause in Berlin, sondern sehr viel im Ausland unterwegs, um internationale Branchenevents zu besuchen und mich mit Entscheidern und Entscheiderinnen aus der Web 3 Industrie auszutauschen. In einer Branche, deren Alltag sich größtenteils remote abspielt, ist der persönliche Kontakt ein klarer Wettbewerbsvorteil.

Unsere Mitarbeitenden sind über 14 Länder auf der ganzen Welt verteilt, deshalb beantworte ich nach dem Kaffee erst einmal die Nachrichten aus dem Team, die bei mir über Nacht gekommen sind. Danach sind die externen Mails dran und nach einer kurzen Pause versuche ich mir ein paar Stunden zu blocken, um fokussiert Themen und Aufgaben abzuarbeiten, bevor es mit den ersten Meetings losgeht. Die häufigen Zeitzonenwechsel haben aber zur Folge, dass ich keinen wirklich typischen Tagesablauf habe.

Was reizt dich an deiner Tätigkeit?

Als mein Mitgründer Max und ich das erste Mal mit der Krypto-Branche in Berührung kamen, waren wir sofort begeistert. Kein anderes Gebiet entwickelt sich gerade so schnell weiter und enthält so viele ungelöste Herausforderungen. Es sind nicht nur die Technologien dahinter, die uns faszinieren, sondern auch die Ideen hinter dem Wandel hin zu einem dezentralisierten Finanzsystem. Die Mischung aus Komplexität und Potential ist es, was meine Tätigkeit in der Krypto-Branche für mich so attraktiv macht. An meiner Rolle bei LI.FI reizt mich besonders, dass ich die Chance habe, andere bei ihrer beruflichen Entwicklung zu unterstützen. Bei LI.FI achten wir besonders darauf, unseren Mitarbeitenden Raum für persönliches Wachstum zu ermöglichen und schaffen so nicht nur eine extrem produktive Kultur, sondern bauen starke Beziehungen zum Team auf. Es ist bereichernd, Teil dieses Prozesses zu sein und mich selbst dabei als Führungskraft entwickeln zu können.


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Wolltest du schon immer in einem Fintech arbeiten?

Ich empfand den Fintech-Bereich schon als immer spannend, aber ich hatte nie konkret geplant, ein Fintech-Startup zu gründen. Themen wie Bioinformatik haben mich genauso begeistert. Was mich an der Blockchain-Industrie fasziniert, ist die Tatsache, dass sie eine gänzlich neue Ebene bildet, die das Internet ergänzt. Diese Ebene ermöglicht es, Werte zu repräsentieren, die es in der digitalen Welt noch nicht gab, und sie zu transferieren. So entsteht die Grundlage für eine neue Ära der Geschäftswelt.

Wie begeisterst du andere Menschen von deinem Job?

Ich spreche mit ihnen über die Möglichkeiten, die die Blockchain-Technologie bietet. Das Internet, wie wir es kennen, ist nur bedingt dazu imstande, digitale Werte zu repräsentieren und zu verwalten. Die Blockchain-Technologie kann diese Aufgabe übernehmen und Nutzerinnen und Nutzern mehr Teilhabe ermöglichen, indem sie in Zukunft nicht mehr nur in Unternehmen investieren, sondern zum Beispiel in Songs oder Fußballvereine. Standardisierung wird in diesem Kontext immer wichtiger und das wird helfen mehr Transparenz und Effizienz zu schaffen.

Und dann hoffe ich, dass ich die Begeisterung aufs nächste Level bringen kann, indem ich erkläre, wie LI.FI dabei hilft, dieser Technologie zum Durchbruch zu verhelfen. Grundsätzlich sind Blockchains nämlich geschlossene Systeme, zwischen denen ein Austausch sehr komplex ist und viele Datenquellen und fragmentierte Infrastruktur-Anbieter benötigt. Wir reduzieren diese Komplexität und lösen damit ein fundamentales Problem des Web3, damit Nutzer ihr Krypto-Kapital auf einfache Art und Weise in ein anderes Ökosystem übertragen können. Das ist etwa der Fall, wenn sie NFTs auf einer anderen Blockchain erwerben möchten oder ihr Kapital in Ökosystemen parken wollen, von denen sie sich eine höhere Verzinsung versprechen.

Wie definierst du Erfolg?

Als privaten Erfolg definiere ich das Gefühl, mein Leben in Balance und Harmonie zu halten. Dieses Gefühl von Ausgeglichenheit habe ich immer dann, wenn ich es schaffe, mir neben meinem beruflichen Alltag ausreichend Zeit für Pausen und Freizeitaktivitäten zu nehmen, um mein Wohlbefinden zu fördern – sei es durch Yoga, Laufen oder Zeit mit Freunden und Familie.

Beruflicher Erfolg ist für mich, wenn unsere Kunden ihre Ziele erreichen, indem wir ihnen helfen, ihre Probleme zu lösen.

Welche Fähigkeiten in der Payment- und Banking Industrie erachtest du für wichtig?

Analytische Fähigkeiten und Abstraktionsvermögen. Finanzflüsse und Geschäftsmodelle können komplex sein.

Was hast du immer in deiner Tasche dabei?

Mein Smartphone. Ich habe es immer dabei und offen gesagt hole ich es auch viel zu oft aus der Tasche …

Was kann man von dir besonders gut lernen?

Mit LI.FI habe ich mein mittlerweile viertes Start-up gegründet. Mit der Zeit habe ich eine große Menge an Erfahrung in Sachen digitale Geschäftsmodelle und Evaluation von Ideen gesammelt – manchmal auch auf dem harten Weg. Die Ideen waren zwar immer gut, aber eines der größten Learnings war eben auch, dass das Timing stimmen muss: Das richtige Problem, zur richtigen Zeit für die richtige Zielgruppe zu lösen benötigt viel Feingefühl, ein gutes Branchenverständnis und vor allem die richtige Kommunikation.

Ich möchte jungen Gründerinnen und Gründern helfen und gebe dieses Wissen gerne weiter – als Mentor oder als Speaker auf Events. Ansonsten brenne ich für die Themen gesunde Ernährung, Sport und Langlebigkeit, habe mir da über einige Jahre umfangreiches Wissen aufgebaut und tausche mich regelmäßig mit meinen Freunden und meinem erweiterten Netzwerk aus.

#Team Homeoffice oder #Team Büro, warum?

#Team Homeoffice: Hier bekomme ich Ruhe, wenn ich sie brauche, genieße mehr Flexibilität, und kann Arbeitsabläufe und Arbeitsumgebung perfekt auf meine Bedürfnisse abstimmen.

In welchem Unternehmen würdest du außerhalb unserer Industrie gerne einmal Mäuschen spielen?

Ich bin fasziniert von den Möglichkeiten, die die Biotechnologie, Immuntherapie und Präzisionsmedizin bieten. Daher fände ich es spannend, einen Einblick zu bekommen, wie das Unternehmen Biontech durch den Einsatz fortschrittlicher Technologien die Entwicklung von Medikamenten, Behandlungen und Impfstoffen erheblich beschleunigt.

Ansonsten würde ich mich gerne als Förster ausprobieren. Ich habe schon im sehr jungen Alter angefangen, mich für Softwareentwicklung zu interessieren und damit bislang auch immer mein Geld verdient. Deshalb würde es mich reizen, für eine Weile einer Arbeit nachzugehen, bei der man nicht ausschließlich am Bildschirm sitzt, sondern viel Zeit draußen in der Natur verbringen kann.

Wenn du dich vor zehn Jahren treffen würdest: Welchen Tipp würdest du dir mitgeben, um beruflich erfolgreich zu sein?

Entspann dich mal, nimm Signale und Feedback vom Markt ernster und verliebe dich nicht in deine eigenen Ideen.

Wenn ich im Finanzministerium etwas zu entscheiden hätte, dann würde ich ….?

Prozesse radikal vereinfachen und digitalisieren, um Unternehmen den Rücken frei zu halten und es ihnen so zu ermöglichen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen, erfolgreiche Geschäftsmodelle und innovative Ideen zu entwickeln und zu verwirklichen.

Wenn ich einen nennenswerten Betrag im Lotto gewinnen würde, würde ich …?

Ich würde nichts anders machen, denn ich liebe, was ich tue. Als CEO habe ich viele unterschiedliche Tätigkeitsbereiche und wachse täglich an meinen Aufgaben: Es macht mir großen Spaß, mich täglich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen und gemeinsam mit dem Team neue Strukturen und Prozesse zu definieren und einzuführen. Der tägliche Austausch mit neuen Talenten, die frisch an Board kommen und mit dem bestehenden Team, aber auch mit Investoren und natürlich unseren Kunden begeistert mich und ist für mich eine echte Energiequelle.

Wenn ich jeden Tag das Gleiche essen müsste, wäre das …?

Ein ausgewogenes Müsli mit verschiedenen Samen, Flocken, Nüssen,Beeren und Naturjoghurt. Damit bekommt der Körper einen Großteil der Nährstoffe, die er täglich braucht.

Wenn ich dauerhaft in einem anderen Land leben dürfte, dann wäre das …?

Diese Frage ist für mich gar nicht so leicht zu beantworten, weil ich sehr gerne und viel reise. Allein in den letzten sechs Monaten war ich in den USA (New York, San Francisco, Austin), Kolumbien, Peru, Bolivien, Israel, Thailand, Singapur und natürlich auch in Deutschland unterwegs. Reisen und neue Länder kennenzulernen ist meine große Leidenschaft und ich will mich eigentlich ungern für ein Land entscheiden. Spontan würde ich die USA wählen, um von dort aus die Entwicklung von LI.FI weiter zu beschleunigen.

Autor

  • Die studierte Soziologin und Medienwissenschaftlerin beobachtet, analysiert und schreibt als Journalistin seit vielen Jahren über die Startup- und Fintechszene. In der Vergangenheit arbeitete sie für führende on- und offline Gründer- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland, moderiert und schrieb mit Kollegen ein Buch über Unternehmen im Ruhrgebiet. Seit 2019 arbeitet sie für Payment & Banking, seit 2020 ist sie festes Redaktionsmitglied und ist in dieser Position verantwortlich für alle Themen Content, Planung und Entwicklung neuer Medienformate. In ihrer Zeit bei Payment & Banking ist sie zudem eine eifrige Podcasterin geworden.

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