Die Fintech-Revolution ist tot 

Nils nörgelt

Finanz-Start-ups wollten den Markt der Banken und Finanzen auf den Kopf stellen und hatten dabei immer eine große Klappe. Doch bis heute erwirtschaftet kaum ein Angreifer überhaupt Erträge, andere sind längst Pleite oder irrelevant. Die Revolution ist tot. 

Die Fintech-Gründer wollten immer das ganz große Rad drehen. Sie seien die neue Generation des Bankings, keiner komme künftig an ihnen vorbei. Teilweise nannten die Medien sie „Bankenschreck”, teilweise nannten sie selbst sich „Angreifer”. In einigen Köpfen schwirrte schon die verrückte Fantasie, dass die Finanz-Start-ups eines Tages die traditionellen Banken beerben, weil sie ihnen alle Kunden abgeluchst und ja sowieso viel agiler, moderner, hipper und „skalierbarer” seien. So wie Wirecard einst die Commerzbank aus dem Dax verdrängte, wollten junge Gründerinnen und Gründer jetzt die Banken, Dienstleister und Finanzinstitutionen aus ihrer eigenen Welt verdrängen. 

Blöd nur, dass aus den großmundigen Versprechungen am Ende nichts geworden ist. Denn auch Jahre und Jahrzehnte nach den ersten Angriffsversuchen haben die wenigsten Fintechs ein tatsächlich langfristig funktionierendes Geschäftsmodell vorzuweisen. Die allermeisten behaupten zwar gerne, sie müssten ja „nur die Kosten senken” und seien sofort profitabel. Doch zum einen ist das eine selbstgestrickte Lüge – und zum anderen wären selbst dann die Erträge allenfalls mittelmäßig, aber nie in einer Liga mit den großen Banken. Aus der großen Fintech-Revolution ist so in den vergangenen Jahren vielleicht eine Evolution geworden, aber nur, wenn man beide Augen fest zudrückt und gegen die Sonne schaut. 

Fintechs haben Banken digitaler und moderner gemacht

Eine Sache muss man vielleicht vorweg sagen: Fintechs haben es sicherlich geschafft, dass das etwas dröge Banking ein wenig moderner geworden ist. Online-Banking oder die deutsche Aktienkultur unter jungen Menschen wäre möglicherweise etwas langsamer vorangeschritten. Diese Errungenschaft lasse ich den Finanz-Start-ups. Nur, und das ist ihr Problem, haben sie aus diesem digitalen Vorsprung kaum einen Vorteil ziehen können, besonders nicht mit Blick auf die Erträge. 

Beispiele könnte ich an dieser Stelle viele nennen. Dabei reicht eigentlich ein Blick auf die wenigen, die regelmäßig in den Schlagzeilen der Fachmedien auftauchen. Ganz klassisch wäre beispielsweise der Blick auf N26, na klar. Die, mit den frechen Werbeplakaten in Berlin, die, die auf allen Bühnen immer das Banking der Zukunft beschrien haben. Und leider auch die, die – wenn mich nichts täuscht – noch nie einen Cent oder Euro verdient haben. Wefox (wenn man es als Fintech zählen mag) hat gerade vor einem Insolvenzrisiko gewarnt. Und Infrastruktur-Hoffnung Mambu ist zwar profitabel, verdankt das allerdings maßgeblich einem steuerlichen Sondereffekt, wie die Kollegen von Finanzszene bereits aufdröselten. 

Fintechs: Erträge sind kaum vorhanden

Selbst die, die nun dank Zinswende und ersten Skalierungserfolgen ein paar Profite verkünden konnten, erscheinen mir wenig beeindruckend. Da ist beispielsweise der Neobroker Trade Republic, der laut eigener Aussage einen Gewinn im „zweistelligen Millionenbereich” gemacht hat. Das klingt natürlich gut, klar. Nur lag der Verlust im Vorjahr bei 100 Millionen Euro. Ähnlich sieht es bei Raisin aus, das nun erstmals einen zarten Gewinn von 20 Millionen Euro vorweisen konnte, von dem netto noch eine Million übrig bleibt. 

Und ja, dass sie nach zig Jahren Gewinn machen, ist nett. Aber für mich, der viel mit Mittelstand und Familienunternehmen zu tun hat, ist das vor allem eins: nicht viel. Hunderte Mittelständler in Deutschland erwirtschaften das jedes Jahr und ohne große Verluste und Milliardeninvestitionen. Warum also sollte es jemand feiern, wenn ein Start-up, in dem ein paar hundert Millionen Euro an Investorengeld stecken, dann tatsächlich mal fünf, zehn oder 30 Millionen Euro Gewinn macht? In diesem Tempo dauert es schließlich noch zehn oder zwanzig Jahre, bis die Erstinvestition annähernd wieder raus ist. Und ich meine wirklich annähernd. 

Noch betrüblicher ist allerdings der direkte Vergleich mit den Banken, die schon da sind. Die Deutsche Bank hat zuletzt einen Milliarden (das ist das, was Fintechs nur als Bewertung kennen) Gewinn gemacht. Gleiches gilt für die Commerzbank und für dutzende und aberdutzende Sparkassen im ganzen Land: Sie haben teilweise solides, teilweise dröges Geschäft, aber eben auch Gewinn gemacht. Sie sind damit weit davon entfernt, von den Mistgabel-schwingenden Fintechs vertrieben zu werden. Die Revolution, das muss man feststellen, hat es nicht geschafft. 

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Autor

  • Nils Heck (geb. Wischmeyer) ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei und seit März 2024 Redaktionsleiter bei Payment and Banking. Er ist zudem Autor der monatlichen Kolumne „Nils nörgelt“, in der er sich kritisch mit aktuellen Trends in der Payment- and Bankingbranche beschäftigt.

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