Das Scheitern von Paydirekt hat mehrere Schuldige

Grafik zeigt das Ende des Paydirekt-Projekts und die Ursachen des Scheiterns.

Als das Multi-Millionen-Projekt Paydirekt in den vergangenen Tagen endgültig scheiterte, endete eines der teuersten Bankabenteuer der vergangenen Jahre. Das wäre vermeidbar gewesen. Die neue Folge von „Nils nörgelt.”

Die Payment- and Banking-Szene ist zweifellos niemals langweilig. Kein Monat vergeht, ohne dass neue Produkte, Banken, Fintechs und Payment-Lösungen auf den Markt kommen. Aber wer braucht das eigentlich alles und muss man das alles gut finden? Unser Autor Nils Wischmeyer beleuchtet in seiner Kolumne „Nils nörgelt“ monatlich ein Produkt, Thema oder eben den „letzten heißen Scheiß“. Etwas zu meckern gibt es schließlich (fast) immer.

Es war einst die ganz große Hoffnung der deutschen Kreditwirtschaft, doch durchsetzen konnte sie sich nie: Paydirekt. Die Bezahlplattform sollte der große Paypal-Angreifer sein und im Online-Handel richtig durchstarten. Seit einigen Tagen ist nun klar: Die deutschen Banken geben das Projekt endgültig auf. Ende 2024 ist Schluss mit Paydirekt und dem verschmolzenen Giropay, dann hoffen alle auf die European Payments Initiative und ihr Aushängeschild Wero. 

Für die beteiligten Banken ist das Ende von Paydirekt zweifelsohne ein schwerer Schlag. Sie haben über die Jahre viele, viele Millionen Euro in das Projekt gesteckt. Geld, das nun für immer weg ist. Noch dazu haben sie neun Jahre lang versucht, eine Bezahlart in den Markt zu drücken, die nun verschwindet. Damit haben sie nicht nur Geld, sondern auch Zeit verloren, um großen Anbietern wie PayPal bei Online-Zahlungen Konkurrenz zu machen. Somit stehen die Banken und Sparkassen nach fast zehn Jahren mit einem dicken Minus und ohne nennenswerten Marktanteil da. Doch wer ist daran Schuld? 

Banken und Sparkassen: Schmeißt endlich die Entscheider raus

Na klar, die Banken und Sparkassen sind selbst Schuld. Sie haben ein kompliziertes System gebaut, das sich dem Kunden genau so wenig erschlossen hat wie dem Händler. Es wurde schlecht beworben, schlecht vermarktet und hat am Ende ein Problem gelöst, das weder Handel noch Menschen zu der Zeit wirklich hatten. Später hat dann die Zusammenlegung von Paydirekt und Giropay es für Händler und auch Nutzer nur komplizierter denn besser gemacht. Man könnte sogar sagen: Das war der Anfang vom Ende. 

Also ja, es wurden Fehler gemacht und zwar heftige. Dass die Verantwortlichen für dieses Desaster bis heute fest auf ihren Posten sitzen, ist nicht nur merkwürdig, sondern zeugt von schlechter Governance innerhalb von Sparkassen und Banken. Namen möchte ich so explizit nicht nennen. Aber liebe Herren, Sie wissen ja, wenn Sie gemeint sind. 

Die Händler tragen eine Mitschuld

Dass am Ende aber nur Banken und Sparkassen den Karren in den Dreck gefahren haben, stimmt so nicht. Auch Händler hätten sich bei Paydirekt deutlich besser und mehr integrieren können. Nein, ich würde sogar sagen: Sie hätten es besser integrieren müssen. Denn für Händler war zumindest das ursprüngliche Paydirekt eine Chance auf ein vergleichsweise kostengünstiges Bezahlmodell, bei dem sie nicht mehr so stark abhängig von US-Konzernen wie PayPal wären. Dessen Integration ist für sie seit jeher ein zweischneidiges Schwert. Zum einen lieben die Verbraucherinnen und Verbraucher die Bezahlfunktion, weil sie komfortabel und meist ohne Probleme ist. Zum anderen sind die Gebühren für die PayPal-Nutzung auf Händlerseite recht hoch, worüber sich im Laufe der Jahre immer wieder beschwert wurde. Dass Händlerinnen und Händler sich also nicht stärker bei Paydirekt engagiert haben, ist im Nachhinein nicht nur unverständlich, sondern auch unwirtschaftlich. 

Zusammenfassend lässt sich sagen: Diese Pleite hätte nicht sein müssen. Paydirekt bzw. Giropay hätte mit niedrigen Gebühren und einer besseren Integration auf Bank- wie auch Händlerseite durchaus ein Erfolg werden können. Dass es das nicht geworden ist, haben sich einige wichtige Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger bei den Geldhäusern wie auch der Handel selbst zuzuschreiben. Es wäre daher nur richtig, wenn auf beiden Seiten der ein oder andere seinen Hut nehmen würde. Aber das nur als Anregung. 

EPI ist die letzte Chance – irgendwie

Wichtiger wäre mir an dieser Stelle: Machen Sie alle die gleichen Fehler nicht auch bei EPI und Wero. Wir brauchen ein deutsches und europäisches Bezahlsystem, das uns zumindest ein bisschen unabhängiger von den USA macht. Das zum Erfolg zu bringen, lieber Banker und Händler, liegt nun erneut in ihrer Verantwortung. Enttäuschen Sie uns nicht.

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Autor

  • Nils Heck (geb. Wischmeyer) ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei und seit März 2024 Redaktionsleiter bei Payment and Banking. Er ist zudem Autor der monatlichen Kolumne „Nils nörgelt“, in der er sich kritisch mit aktuellen Trends in der Payment- and Bankingbranche beschäftigt.

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