Dass Boris Griesinger sich kein anderes Land als dauerhaften Wohnort vorstellen kann, spricht für seine Verbundenheit mit seiner schwäbischen Heimat. Der Leiter des „EMEA Shared Service Center“ von Hugo Boss hat aber eine clevere Kombination für zwei Leidenschaften gewählt. Denn der Fahrrad-Enthusiast kann sich überflüssige Kilos aus dem Genuss von Schokolade dann auch gleich wieder abtrainieren. Was seine Aufgaben beim Handelsunternehmen sind, wie sein Tag abläuft und vieles mehr, verrät er uns in dieser Folge der „Gesichter der Branche“.
Dürfen wir vorstellen? Das ist Boris Griesinger von Hugo Boss
Wer bist du, was machst du?
Ich verantworte das EMEA Shared Service Center für die transaktionalen Finanztätigkeiten bei HUGO BOSS. Darüber hinaus darf ich die globale Payment Funktion leiten und damit auch die End-to-end-Prozesse, von der Zahlung am Terminal oder im Onlineshop bis zum Geldeingang auf unserem Bankkonto.
Wie sieht ein klassischer Tag in deinem Leben aus?
Ein klassischer Tag in meinem Leben folgt keinem starren Muster, vielmehr lässt er sich mit dem Zyklus Familie-Arbeit-Familie beschreiben. Die Morgenstunden sind typischerweise der Familie gewidmet, einschließlich der Routine, meine Tochter in den Kindergarten zu bringen.
Die Arbeitstage variieren stark; an einigen Tagen beginne ich sofort mit einer Reihe von Terminen, während ich an anderen Tagen tiefer in Zahlen, Daten und Fakten eintauche, die für die Steuerung transaktionaler Prozesse wesentlich sind.
Wir praktizieren ein „Threedom of work“-Modell, welches es ermöglicht, dass der Dienstag bis Donnerstag oft durch Präsenz im Büro und damit verbundenen Terminen geprägt ist, während Montag und Freitag eher für konzentriertes Arbeiten im Homeoffice vorgesehen sind. Diese flexiblen Tage nutze ich, um mich intensiv mit der Performance und den Key Performance Indicators (KPIs) unserer transaktionalen Buchhaltung zu befassen. Dabei konzentriere ich mich auf Fragen wie die Pünktlichkeit unserer Zahlungen und die Überwachung unserer Außenstände. Dies erlaubt mir, die Effizienz unserer Prozesse kontinuierlich zu evaluieren und zu optimieren.
Was reizt dich an deiner Tätigkeit?
Wenn ich es auf einen Punkt bringe, dann ist es „das Einfache effizient zu machen“. In meinem Verantwortungsbereich bei HUGO BOSS liegt die Herausforderung nicht in den Einzeltransaktionen – eine Rechnung zu stellen oder eine Zahlung zu leisten ist an sich nicht kompliziert. Die wahre Aufgabe besteht darin, Hunderttausende von Rechnungen und Millionen von Kundenzahlungen so zu verarbeiten, dass dieser komplexe Prozess letztendlich einfach und effizient aussieht.
Das Shared Service Center, das ich leite, ist nicht nur eine Kostenstelle, sondern auch ein Kernstück unserer Bemühungen, Effizienz durch Automatisierung und den Einsatz von Technologie zu maximieren. Wir streben danach, mit möglichst geringem Personalaufwand einen hohen Durchsatz an Transaktionen zu bewältigen, indem wir die Prozesse so gestalten, dass sie trotz ihrer Komplexität leicht handhabbar sind. Dies erfordert eine Leidenschaft für Details und ein ständiges Streben nach Verbesserung.
Wolltest du schon immer in einem Fintech arbeiten?
Tue ich ja nicht ☺ Ich habe einige Verbindungen in die Szene, habe jetzt aber mein halbes Leben bei HUGO BOSS verbracht. Schließlich bin ich wie viele andere irgendwann mal an das Thema Payment geraten und es hat mich dann gepackt. Für mich bedeutet es, mit Fintechs zu arbeiten und nicht in einem Fintech tätig zu sein. Nichts ist für ewig, aber vielleicht ist das auch gut so ☺
Wie begeisterst du andere Menschen von deinem Job?
Auf den ersten Blick mag der Finanzsektor für Außenstehende vielleicht nicht besonders attraktiv erscheinen. Aus meiner Sicht steckt aber viel mehr dahinter. Mein Bereich wird stark von der Digitalisierung beeinflusst, was nicht nur Herausforderungen, sondern vor allem zahlreiche Möglichkeiten eröffnet. Neue, disruptive Technologien und innovative Tools gestalten unsere Arbeit um und machen Veränderung zu einem ständigen Begleiter. Dies sorgt dafür, dass es nie langweilig wird.
Wie definierst du Erfolg?
Eine etwas philosophische Frage. Erfolg liegt ja immer im Auge des Betrachters und ist untrennbar mit der davor existierenden Erwartung verbunden. Für den Favoriten ist ein 4. Platz bei Olympia die Enttäuschung des Lebens und für andere gilt dabei sein ist alles.
Aus meiner Sicht ist Erfolg daher nicht anhand einer allgemeingültigen Definition zu messen, sondern vielmehr durch das Erreichen oder Übertreffen der Ziele, die man sich selbst gesetzt hat. Es geht darum, die eigenen Erwartungen zu reflektieren und Erfolg auf dieser Basis persönlich zu definieren.
Welche Fähigkeiten in der Payment- und Banking-Industrie erachtest du für wichtig?
Aus meiner Perspektive bei HUGO BOSS ist das Binden einer Krawatte nicht mehr die entscheidende Kompetenz (lacht). Spaß beiseite. Ich bin der Auffassung, dass die wichtigsten Fähigkeiten branchenunabhängig sind. Es zählt doch vor allem, dass man Leidenschaft für das mitbringt, was man tut.
Die Payment-Branche zeichnet sich besonders durch ihre Offenheit für Quereinsteiger aus. Es gibt keinen dedizierten Studiengang „Payment“ an Universitäten, und somit sind die Türen für Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen weit geöffnet.
Daher liegt der Fokus darauf, eine starke Motivation und Begeisterung für das Thema Payment zu haben. Die Bereitschaft, sich in neue Bereiche einzuarbeiten und sich mit den Herausforderungen und Chancen der Branche auseinanderzusetzen, ist entscheidend.
Was hast du immer in deiner Tasche dabei?
Handy und Schlüssel! Mittlerweile ist es sogar in einigen Teilen der schwäbischen Provinz möglich, ohne Geldbeutel auszukommen.
Was kann man von dir besonders gut lernen?
Die Frage müsste man eigentlich meinem Umfeld stellen. Ich hoffe es gibt da viele Dinge, aber wenn ich was rausgreifen soll, dann der Umgang mit Fehlern und die Chance daraus wiederum zu lernen.
#Team Homeoffice oder #Team Büro, warum?
Team Büro! Ich mag den Austausch mit Menschen und bin auch der Überzeugung, dass Menschen – zumindest in meiner Generation – innovativer und kreativer sind, wenn sie sich face-to-face austauschen. Vielleicht bekommen nachfolgende Generationen digital besser hin, aber das wird die Zeit zeigen. Dennoch ist es mir wichtig zu betonen…die Mischung macht’s! Die Zeiten von Office-only sind aus meiner Sicht vorbei und kommen auch nicht wieder.
In welchem Unternehmen würdest du außerhalb unserer Industrie gerne einmal Mäuschen spielen?
Es fällt mir schwer, mich auf ein einziges Unternehmen zu beschränken, da ich generell immer sehr neugierig bin und verstehen möchte, wie Geschäftsmodelle funktionieren und wie Strategien ausgeführt werden. Die offensichtlichsten sind bestimmt mal Apple, Alphabet und Microsoft, aber die Liste könnte ich beliebig fortsetzen.
Wenn du dich vor zehn Jahren treffen würdest: Welchen Tipp würdest du dir mitgeben, um beruflich erfolgreich zu sein?
Mach es nochmal so!
Wenn ich im Finanzministerium etwas zu entscheiden hätte, dann würde ich ….?
Das Steuersystem ausmisten!
Wenn ich einen nennenswerten Betrag im Lotto gewinnen würde, würde ich …?
Meinen Lebensstil weitgehend beibehalten, aber mir als Fahrrad-Enthusiast ein paar exklusive Ausrüstungsgegenstände gönnen, die über das übliche Maß hinausgehen.
Ein weiteres Feld, das mich fasziniert und inspiriert, ist das Modell des Business Angels. Das finde ich spannend, aber ich müsste mich erst einmal intensiver damit beschäftigen, was diese Rolle in der Realität genau bedeutet und welche Herausforderungen sowie Chancen sie mit sich bringt. Als Business Angel zu agieren, verstehe ich als eine Gelegenheit, anderen zu helfen und gleichzeitig in innovative Ideen zu investieren.
Wenn ich jeden Tag das gleiche essen müsste, wäre das …?
Ohne zu zögern, Schokolade – in all ihren köstlichen Varianten.
Wenn ich dauerhaft in einem anderen Land leben dürfte, dann wäre das …?
Obwohl viele Optionen offen stehen, schätze ich das Leben in Deutschland sehr und fühle mich hier vollkommen zufrieden. Momentan sehe ich keinen Grund für einen dauerhaften Wechsel in ein anderes Land.