Der Umgang mit Geld ändert sich kontinuierlich. In den letzten zehn Jahren hat sich das weltweite Zahlungsverhalten viel schneller verändert als in den letzten 100 Jahren. Allerdings entwickeln sich Tendenzen unterschiedlich und hängen vom Land, dem Alter des Käufers, und von Art und Ort des Kaufs ab.
Welche Zahlungsmethode setzt sich weltweit durch?
In einigen Teilen der Welt gehören digitale Zahlungsmethoden bereits zur täglichen Routine: Mobile Zahlungen in Schweden sind so einfach geworden wie das Senden einer Nachricht und sogar Kirchenspenden werden über mobile Geräte gemacht. Im Gegensatz dazu besitzen in anderen Ländern nur wenige Menschen Kreditkarten, und die Mehrheit der Bevölkerung bezahlt in Bar. Wie sehen also die Trends für digitale Zahlungen weltweit aus? Ist es möglich, dass Papiergeld und Münzen zukünftig aus unseren Geldbeuteln verschwinden? Wir haben für Sie einige aufschlussreiche Fakten über die Welt auf dem Weg zu einer bargeldlosen Gesellschaft zusammengetragen.
Es scheint, als hätten wir bereits begonnen, uns vom Bargeld abzuwenden: laut Euromonitor International wurde im Jahr 2016 mehr digital bezahlt als in Bar. In Singapur, den Niederlanden, Frankreich, Kanada und Schweden, alles sowohl technologisch als auch wirtschaftlich leistungsstarke Länder, stieg das Niveau des digitalen Zahlungsverkehrs auf mehr als 60 Prozent und erreichte damit den bisher höchsten Punkt. Diese Länder nutzen die Vorteile der Kartenzahlung in vollem Umfang: man kann für alle Bestellungen online bezahlen, ohne das eigene Haus zu verlassen. Warum zum Geldautomat gehen, wenn auch man fast überall vor Ort digital bezahlen kann? Auch einige lokale Banken sehen Bargeld als Belastung an und unterstützen stark die Kartenzahlungen. Die Produktion, Lagerung, Versicherung und der Transport von Papiergeld und Münzen werden als zusätzliche Ausgaben empfunden.
Dennoch wird der Bargeldbedarf nicht in naher Zukunft verschwinden: auch die führenden Tech-Länder halten noch fest daran. Papiergeld bleibt nach wie vor weitestgehend für kleinere Zahlungen im Gebrauch, zum Beispiel Zigaretten, Geld leihen oder der Einkauf in den Lebensmittelgeschäften.
Schweden: Anführer auf dem Weg zur bargeldlosen Gesellschaft
Als ein Land mit hoher technologischer Affinität, positioniert sich Schweden als Experte für bargeldloses Leben. Im Durchschnitt zahlt jede Person in Schweden 207 Mal jährlich mit einer Karte. Im Vergleich dazu wird die Zahl in Frankreich auf 142 geschätzt. Das schwedische Zahlungssystem ist so konstruiert, dass Bargeld leicht vermieden und das Papiergeld in der Geldbörse vergessen werden kann. Egal, ob Sie mit dem Bus fahren oder frische Früchte von Straßenverkäufern genießen möchten – in Schweden kann man alles per Karte oder dem Handy bezahlen.
Bargeld scheint auch nicht mehr willkommen: Stockholms Metro hat aufgehört Papierscheine oder Münzen anzunehmen, sodass die Metrokarte nur noch elektronisch bezahlt werden kann. Darüber hinaus haben viele kleine Geschäfte eine gesetzliche Genehmigung erlangt, um kein Bargeld mehr akzeptieren zu dürfen. Nur ein Fünftel der Einkäufe in schwedischen Geschäften wird in Bar bezahlt. Auch traditionelle Institutionen wie Kirchen werden bei einem Besuch wahrscheinlich kein Papiergeld akzeptieren. Der Guardian berichtete, dass in einer der Kirchen in Stockholm nur 15 Prozent der Spenden im letzten Jahr in bar bezahlt wurden. Noch spannender ist die Tatsache, dass die meisten Spenden nicht mit einer Kreditkarte gemacht wurden, sondern mithilfe einer mobilen App namens Swish. Die App ermöglicht Zahlungen durch das Anschließen eines Bankkontos an die Handynummer. Swish-Transaktionen funktionieren genau so schnell wie das Bezahlen mit Bargeld. Die App bearbeitet zurzeit rund 9 Millionen Zahlungen pro Monat und ist zum Favoriten für Peer-to-Peer-Zahlung geworden.
Die schwedische bargeldlose Kultur geht noch ein Stück weiter: Einen nahgelegenen Geldautomaten zu finden ist zu einer fast unmöglichen Aufgabe geworden. Sogar wenn Sie das Glück haben einen zu entdecken, ist dieser meist mit einer Schicht Staub überzogen: 900 von 1.600 schwedischen Bankfilialen halten kein Bargeld bereit und einige von ihnen haben bereits keine Geldautomaten mehr.
Schweden ist ein glänzendes Beispiel für eine bargeldlose Zukunft. Es gibt nur wenige Gründe, warum Bargeld in Schweden nicht vollständig verschwindet. Erstens, die ältere Generation nutzt immer noch Münzen und Papiergeld. Zweitens, komplett auf digitale Zahlungsarten umzusteigen wäre ein großer Schritt, der eine ganze Reihe von Entscheidungen und Maßnahmen seitens der Regierung beinhaltet.
Rennt Deutschland hinterher?
Anfang 2017 werden 53 Prozent der Transaktionen in Deutschland immer noch mit Bargeld durchgeführt. Es gibt allerdings einige Erklärungen, warum Deutschland, eines der wirtschaftlich am weitesten entwickelten Länder weltweit, Bargeld den anderen Zahlungsmethoden vorzieht.
Der Hauptgrund kann im Verhalten der Händler liegen. Die Wahrscheinlichkeit ist minimal, dass Sie bei einer deutschen Bäckerei Ihren Morgenkaffee mit nichts als einer Karte im Geldbeutel bekommen. Daher müssen auch diejenigen, die Kartenzahlungen bevorzugen, etwas Bargeld dabei haben – nur für den Fall.
Die soziodemographische Situation kann ein weiterer Auslöser für die Bargeldpräferenz in Deutschland sein. Die Zahl der älteren Menschen in Deutschland überwiegt und da ältere Menschen an alten Zahlungsgewohnheiten gerne festhalten, kann dies ein Einflussfaktor sein.
Die Deutsche Bundesbank hält auch die Kultur für einen wichtigen Faktor: Laut ihrer Studie erfreuen sich die Deutschen viel mehr an der Bargeldnutzung als Menschen aus anderen europäische Ländern. Die deutsche Kultur hinterlässt also auch ihre Spuren, wenn es um digitale Zahlungsmethoden geht. Ganz getreu dem Hang zu Traditionen und Gewohnheiten, nutzen die Deutschen lieber eine bekannte Zahlungsmethode als innovative neue Methoden. So wird zum Beispiel von 39,9 Prozent der Bevölkerung der Kauf auf Rechnung genutzt, was die Verwendung von Paypal (30,9 Prozent) übertrifft, einem wichtigen Akteur auf dem deutschen Zahlungsmarkt.
Die Vorliebe für gewohnte Zahlungsmethoden beeinflusst auch das digitale Einkaufsverhalten. 24 Prozent der Deutschen brechen den Zahlungsvorgang ab, wenn der Online-Shop ihre bevorzugte Zahlungsart nicht anbietet. Das kann für viele Payment Service Provider ein großes Problem sein: mit ihrem begrenzten Portfolio an Zahlungsmethoden können Online-Händler nicht die Wünsche aller Endkunden abdecken.
Nigeria: Digitale Zahlungsaussichten für Schwellenländer
In der Untersuchung über den Prozentsatz der bargeldlosen Transaktionen pro Land von MasterCard ist Nigeria auf dem ersten Platz, allerdings vom Ende der Liste aus. Die Verwendung von digitalen Zahlungsmethoden ist in Nigeria immer noch sehr gering. Die Situation wird durch mehrere sozioökonomische Faktoren geprägt: ein hohes Risiko von Kartenbetrug, ein geringes Vertrauen in das Bankensystem sowie ein Mangel an Bildung und allgemeine Unkenntnis von elektronischen Zahlungsprozessen in der Bevölkerung.
In letzter Zeit hat das Wachstum der digitalen Zahlungsmethoden in Nigeria fast die Geschwindigkeit von Schweden erreicht (12% bis 13%). Und obwohl die Kreditkartennutzung dort noch immer in der Entwicklungsphase ist, hat sie schon das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2012 um 0,05% erhöht. Die positive Tendenz steigt auch weiterhin: während im Jahr 2012 die Zahl der Kreditkarten in Nigeria auf 729.000 geschätzt wurde, wird für das Jahr 2018 eine Zahl von 81,4 Mio. erwartet. Zweifellos wird dies die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Nigeria positiv beeinflussen.
Auf globaler Ebene ist Bargeld weiterhin die bevorzugte Zahlungsmethode und wird für 85 Prozent aller Transaktionen weltweit verwendet. Obwohl die Welt zunehmend bargeldlose Zahlungen nutzt, wird Bargeld wahrscheinlich nicht komplett verschwinden.
Dennoch hat jedes Land seine eigenen digitalen Zahlungstrends. Die Payment-Weltkarte von optile zeigt, wie die Präferenzen für Zahlungsmethoden auf der ganzen Welt verteilt sind. So können Online-Händler verschiedene Zahlungspräferenzen leicht erkunden und auch sehen, welche Zahlungsmethoden in ihrer spezifischen Branche länderspezifisch verwendet werden. Dies ermöglicht Händlern die besten Zahlungsmethoden für den jeweiligen Markt auszuwählen und dort die eigenen Umsätze zu erhöhen.
Text: optile GmbH https://www.optile.net/
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