Das Thema Zulassung durch die Finanzaufsicht spielt bei der Gründung eines FinTechs häufig nur eine nachgelagerte Rolle – bis ein Anwalt oder eine Anwältin fragt: “Wie macht Ihr das eigentlich mit der Bafin?” Eine mögliche Antwort kann ein digitales Haftungsdach sein.

Ein Gastbeitrag von Marius Grieseler

Wenn ein FinTech eine Finanzdienstleistung aktiv am Markt anbieten möchte, benötigt es entweder eine Zulassung der Bafin oder ein Haftungsdach, das von externen Dienstleistern bereitgestellt wird. Wer schon mal eine Zulassung nach dem KWG (Kreditwesengesetz) beantragt hat, der weiß allerdings, dass es mitunter ein langer und beschwerlicher Weg sein kann, bis die Finanzaufsicht endlich die ersehnte Erlaubnis erteilt. Mittlerweile gilt für solche Fälle das gerade verabschiedete Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG), das allerdings nochmals neue Vorschriften für die Marktteilnehmer beinhaltet.

Ob ein FinTech eine eigene Zulassung beantragt oder unter ein Haftungsdach schlüpft, sollte entscheidend davon abhängen, welches Geschäftsmodell verfolgt wird. Geht es nur um eine einzelne Dienstleistung? Dann kann die Beantragung einer eigenen Zulassung den Aufwand nicht wert sein. Sollen zukünftig viele verschiedene Services und Lösungen angeboten werden? In diesem Fall könnte sich eine eigene Zulassung schon eher lohnen. Auch der Faktor Zeit muss definitiv beachtet werden, denn eine Zulassung als Finanzdienstleister kann schnell ein bis eineinhalb Jahre in Anspruch nehmen.

Aber: Nicht jede Dienstleistung kann überhaupt unter ein Haftungsdach genommen werden. Bestimmte Dienstleistungen werden von der Bafin als nicht-auslagerungsfähig angesehen, wie beispielsweise der Eigenhandel, also der Kauf und Verkauf von Wertpapieren ähnlich wie bei einem Börsenbetrieb. Wenn dies Teil des Geschäftsmodells ist, benötigt das Unternehmen die Zulassung immer selbst – oder muss zumindest die Zulassung eines Kooperationspartners nutzen.

Bafin-Zulassung oder Haftungsdach - das ist hier die Frage...
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Haftungsdach: analog vs. digital

Ganz grundsätzlich lassen sich zwei verschiedene Arten an Haftungsdächern unterscheiden: traditionelle Haftungsdächer, bei denen es in der Regel noch sehr analog zugeht – und digitale Haftungsdächer. Klassische Haftungsdächer richten sich vorrangig an Finanzberater. Ziel ist, dass diese die Voraussetzungen haben, um wie bei einer Bank das traditionelle Beratungsgeschäft abwickeln zu können. 

Seit 2018 steigt der Bedarf an digitalen Haftungsdächern immer mehr an, denn die Zahl der FinTechs mit Finanzdienstleistungsangebot nimmt zu. Zuvor gab es vor allen Dingen Crowdfunding-Plattformen. Dann kamen die Robos, die aber häufig zu Banken gehörten und deshalb auch deren Infrastruktur und Zulassung verwendet haben. Immer mehr Deutsche nähern sich jetzt erst dem Kapitalmarkt an – und das nutzen zahlreiche junge Unternehmen aus und wollen passende Dienstleistungen auf den Markt bringen. 

Ein digitales Haftungsdach stellt unter anderem sicher, dass die Zeichnungsstrecke bei einer spezifischen Finanzdienstleistung den Regularien der Finanzaufsicht entspricht. Der Prozess muss dabei nicht nur gut zu den Anforderungen des FinTechs passen, sondern der gemeinsam entwickelte Workflow sollte im besten Fall skalierbar sein. Dazu zählt auch, die Teammitglieder so zu schulen, dass vonseiten der Unternehmen alle organisatorischen und IT-bezogenen Regeln zu jedem Zeitpunkt rechtskonform eingehalten werden. 

Workflow muss zum FinTech passen

Bafin-Zulassung oder Haftungsdach - das ist hier die Frage...

Bei der Erarbeitung des passenden Workflows steht der jeweilige Use Case im Mittelpunkt: Welches Geschäftsmodell verfolgt das FinTech? Welche Software wird genutzt – eine Eigenentwicklung oder eine Standard-Lösung eines gängigen Providers? Dann folgen die Due Diligence, der Legitimationsprozess und im besten Fall der Vertragsabschluss. Schließlich wird das FinTech bei der Bafin gemeldet. Wenn die Finanzaufsicht keine Einwände hat, ist der Prozess in der Theorie abgeschlossen.

Jetzt steht der technische Teil an: die Ausarbeitung der Prozesse und die Integration des FinTechs in das Haftungsdach. Parallel dazu laufen Workshops beispielsweise zu Compliance-Themen: Welchen Pflichten müssen die FinTechs nachkommen? Welche Arbeitsanweisungen müssen eingehalten werden? Beispielsweise dürfen Kundendaten nicht mehr einfach überschrieben werden, sondern müssen Compliance-konform versioniert und nachvollziehbar abgespeichert werden. Dieser Onboarding-Prozess besteht aus verschiedenen Bausteinen. Erst wenn alles abgeschlossen und freigegeben ist, dürfen die Unternehmen mit ihrem Geschäftsmodell live gehen.

Das digitale Haftungsdach ist am Ende des Tages dafür verantwortlich, dass alle Prozesse passen und in jedem Schritt die von der Bafin vorgegebene Regulatorik eingehalten wird. Es ist auch dafür zuständig, mögliche Gesetzesänderungen im etablierten Workflow zu verarbeiten. Wie der Name schon sagt, haften die Haftungsdächer am Ende des Tages für die FinTechs. Deshalb ist es extrem wichtig, dass alle Seiten hier zu jeder Zeit einen guten Job machen. Nur so haben am Ende beide Parteien etwas von der Zusammenarbeit.

Zur Person:

Marius Grieseler ist Gründer und CEO von Concedus, einem digitalen Haftungsdach, das auf die Zusammenarbeit mit Unternehmen aus dem Finanzbereich spezialisiert ist.

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