Vergangene Woche musste Apple die Schnittstelle in seinen iPhones auch für Fintechs und Banken öffnen. Das kommt viel zu spät – und ist eine Frechheit.
Die Payment- and Banking-Szene ist zweifellos niemals langweilig. Kein Monat vergeht, ohne dass neue Produkte, Banken, Fintechs und Payment-Lösungen auf den Markt kommen. Aber wer braucht das eigentlich alles und muss man das alles gut finden? Unser Autor Nils Heck beleuchtet in seiner Kolumne „Nils nörgelt“ monatlich ein Produkt, Thema oder eben den „letzten heißen Scheiß“. Etwas zu meckern gibt es schließlich (fast) immer.
Liebe Leserinnen und Leser, die Europäische Kommission hat in den vergangenen Monaten ordentlich Wind gegen die Tech-Konzerne aus den USA gemacht. Sie hat sie als Torwächter identifiziert, hat aufgezeigt, wie sie ihre Marktmacht teils systematisch missbrauchen. Google hat sich gerade erst eine fette Strafe von 2,42 Milliarden Euro eingefangen (gegen die man vorgehen will), Microsoft droht eine Sanktion wegen möglichen Kartellverstößen und im März dieses Jahres hieß es für Apple: zahlen, bitte. Die EU-Kommission hatte eine Strafe von 1,8 Milliarden verhängt, weil der US-Konzern seine Stellung im Musikstreaming-Geschäft missbraucht haben soll.
Diese neue Entschlossenheit ist positiv. Denn sie zeigt, dass die US-Konzerne – anders als gern praktiziert – sich in den EU-Grenzen nicht alles erlauben können und dass die EU-Kommission im Zweifelsfall hart durchgreift. Es stellt sich deshalb aber die Frage: Warum hat sie es ausgerechnet im Payment-Bereich so spät und dann auch noch so zaghaft angehen lassen? Erst in der vergangenen Woche drängte sie Apple final dazu, seine NFC-Schnittstelle zu öffnen. Das ist schonmal viel, viel, viel zu spät. Noch schlimmer ist aber, dass, weil Apple sich nach langem Rechtsstreit beugte, die EU-Kommission auf eine Strafe verzichtete. Damit hat sie der Payment- und Bankingwelt in Europa einen Bärendienst erwiesen, auch gleich mehreren Ebenen.
ApplePay: Dreister Markteintritt und unfairer Wettbewerb
Schauen wir zunächst auf’s Timing. ApplePay gibt es in Deutschland seit 2018, also seit mittlerweile sechs Jahren. Von Anfang an drängte der US-Konzern damit in den Markt für digitale Zahlungen, der schon damals deutlich wuchs und sich spätestens durch die Coronapandemie zu einer wahren Goldgrube entwickelte. Dadurch, dass Apple als Gatekeeper den NFC-Chip auf seinem Smartphone sperrte, hat sich der Konzern einen unfairen Vorteil erspielt – den sich eine Bank oder ein Fintech hierzulande niemals hätten leisten können. Man stelle sich vor, die Terminalbetreiber hätten Zahlungen mit ApplePay (wie auch immer technisch möglich) abgelehnt und nur Zahlungen von heimischen Kartenanbietern akzeptiert. Apple wäre im Dreieck gesprungen und das mehr als zurecht.
Dass Banken hierzulande also auf die Barrikaden gingen, um endlich die Öffnung des Chips zu erzwingen, ist nicht nur nachvollziehbar. Es war sogar zwingend notwendig, um endlich ein – Achtung, Buzzword – Level-Playing-Field zu bekommen. Dass die EU-Kommission es erst sechs Jahre später geschafft hat, ist traurig. Zwar ist es ein Erfolg der Brüsseler Politiker, dass sie den US-Konzern zur Öffnung bewegten. Den Banken und Fintechs hierzulande dürfte es aber nichts mehr bringen. Denn längst hat Apple eine gewaltige Macht aufgebaut und gilt als beliebtestes mobiles Zahlungsmittel. Laut einer Studie der Bundesbank liegt der Anteil von ApplePay aller mobilen Zahlungen bei 40 Prozent. Wie soll eine Bank da noch rankommen? Wie soll ein Fintech diese Marktmacht und die Gewohnheit, die iPhone-Nutzer aufgebaut haben, denn noch brechen? Klar, man kann es versuchen. Faktisch muss man aber sagen: Apple hat sich die Marktmacht durch unlautere Methoden erschlichen.
ApplePay: Es bräuchte eine Strafe für Apple – eine dicke
Was dann zu einem weiteren Punkt führt: Dass die EU-Kommission auf die Strafe verzichtet hat, halte ich für einen enormen Fehler. Denn Apple hat sich durch sein Foulspiel beim NFC-Chip einen enormen Marktvorteil erschlichen, der in Geld kaum aufzuwiegen ist. Sich jetzt zu öffnen, mag für Apple nervig, aber keinesfalls geschäftsschädigend sein, sondern einfach die Einführung normaler Marktbedingungen. Wer sich aber mit so unlauteren Mitteln in einen Markt drängt, sollte dafür auch anständig bestraft werden. Dieser Logik kann jedes Kind folgen. Es wäre daher nur richtig, wenn nachträglich eine Strafe für Apple verhängt wird. Die sicherlich effektivste: ApplePay für die Zahlung an Kassen für einige Jahre verbieten. So lange hatte Apple den NFC-Chip schließlich abgeschottet. So lange sollte Apple nun auch einen Nachteil daraus haben. Das wäre doch mal eine Überlegung wert.