AI in Finance: OpenAI, Google, Anthropic liefern und Europa justiert nach 

Maik Klotz und Sascha Dewald sprechen über KI im Banking: Klarna & JP Morgan im Fokus

In der neuen Folge von AI in Finance passiert das, was in den letzten Monaten zum Normalzustand geworden ist: Das Tempo der KI-Industrie zieht weiter an, während Regulierung, Infrastruktur und Use Cases versuchen, mitzuhalten. Sascha und Maik haben so viele News im Gepäck, dass man locker eine Dreistundenfolge daraus hätte machen können. Es wird ein Rundflug über Europa, Silicon Valley, Big Tech, neue Modelle, neue Tools und die Frage, wie nah wir eigentlich an echter, alltäglicher KI sind.

Europa drückt bei der Regulierung auf Pause

Ausgerechnet der EU AI Act, über den wir in einer unserer ersten Folgen noch ehrfürchtig gesprochen haben, macht jetzt einen Vollstopp. Statt 2026 gilt: Hochrisiko-Regeln frühestens ab Dezember 2027. Grund ist weniger Chaos in Brüssel, sondern die Erkenntnis, dass man Europa mit überzogener Regulierung im globalen KI-Rennen selbst ausbremst.

Spannend: Deutschland war diesmal nicht Bremsklotz, sondern Treiber. Die Bundesregierung hat der Kommission eine lange Wunschliste geschickt, Frankreich ebenso. Ergebnis: Entlastung für KMU, mehr Zeit für Standards, ein gestärktes KI-Amt und eine überfällige Entrümpelung von DSGVO und Cookie-Hölle. Einmal im Browser “Cookie-Level” einstellen, statt 20 Pop-ups pro Tag wegklicken.

Für Banken und Finanzdienstleister heißt das: Regulierung bleibt, aber das Fenster für Innovation öffnet sich ein Stück. Wer jetzt KI-Use-Cases nur mit Verweis auf “unsichere Regulierung” blockt, macht sich langsam unglaubwürdig.

Anthropic, OpenAI, Grok: Wachstum mit Nebenwirkungen

Anthropic möchte den Umsatz bis 2028 von knapp 5 auf 70 Milliarden Dollar hochziehen, bei Bruttomargen tief im negativen Bereich. Jeder Dollar Umsatz frisst aktuell fast zwei Dollar Infrastrukturkosten. Das Geld wandert in gigantische Rechenzentren mit zehntausenden GPUs, eigene KI-Fabriken in Texas und New York inklusive.

Gleichzeitig inszeniert sich Anthropic als Sicherheitsheld: Eine angeblich hoch autonome Cyberattacke über Claude wurde entdeckt und gestoppt. Security-Forscher sprechen von Marketing, weil Logs und Beweise fehlen. Lehrstück für die Branche: Sicherheit ist Storytelling geworden. Wer KI in kritischen Bereichen einsetzt, braucht echte Audits, nicht nur dramatische Blogposts.

OpenAI geht den entgegengesetzten Weg: weniger Drama, mehr Alltagstauglichkeit. GPT 5.1 wirkt spürbar natürlicher, halluziniert weniger und lässt sich stärker personalisieren. Die neue Memory-Logik macht das Modell im Arbeitsalltag deutlich brauchbarer. Dazu kommen Gruppen-Chats mit KI in ersten Märkten und ein Gerichtsurteil in München, das klarstellt: Urheberrecht gilt auch für KI. Songtexte im Modell sind kein Kavaliersdelikt. Die Diskussion trifft Banken indirekt: Was passiert mit proprietären Daten, wenn Modelle trainiert oder “geteilt” werden

Grok 4.1 von XAI wiederum versucht, mit Geschwindigkeit und “mehr Emotion” zu punkten. Technisch stark, politisch schwierig. Wer im regulierten Umfeld unterwegs ist, wird mit der Mischung aus Edgelord-Humor und fragwürdiger Faktenbasis eher nicht glücklich.

Google, Perplexity und die neue Tool-Klasse

Google liefert mit Gemini 3.0 ein Modell, das in Benchmarks vorne mitläuft, ein absurd großes Kontextfenster bietet und tief in die eigene Produktwelt integriert ist. Von der Gemini-App über Android bis hin zu Google Notebook: wer ohnehin im Google-Ökosystem lebt, bekommt eine ziemlich mächtige KI-Schicht quasi frei Haus. Nano Banana, das Bildmodell, zeigt nebenbei, wie schnell Bildgenerierung von “Wow” zu “reguliert bis zur Unbrauchbarkeit” kippen kann.

Parallel schieben sich KI-Browser wie Perplexity Comet nach vorne. Recherchieren, zusammenfassen, daraus direkt Tabellen, Slides oder Dokumente bauen: genau das, was Wissensarbeiter in Banken täglich machen. Tools wie Manus gehen noch einen Schritt weiter und bedienen direkt deine offenen Tabs. World Labs baut mit Marble ganze Welten auf Zuruf. Fürs Daily Banking ist das egal, für das Verständnis, wie schnell sich Produktentwicklung verändert, aber nicht.

Und dann ist da noch die Schwarz-Gruppe, die in Lübbenau ein Rechenzentrum für 100.000 GPUs plant. Zusammen mit Telekom, OpenAI-Office in München und anderen Projekten entsteht langsam eine echte KI-Infrastruktur in Deutschland. Wir spielen immer noch nicht in der Liga USA oder China, aber wir stehen auch nicht mehr komplett am Spielfeldrand.

Fazit

KI ist längst kein Buzzword mehr, sondern Infrastruktur, Rechtsrahmen, Energiefrage und Businessmodell in einem. Und wer im Finanzsektor jetzt noch hofft, man könne “in Ruhe abwarten”, wartet nicht auf Klarheit, sondern auf die eigene Bedeutungslosigkeit.

Hört rein und sagt uns, was ihr denkt!

Disclaimer

Was ihr hier hört, sind unsere Gedanken und Meinungen, nicht die unserer Arbeitgeber, Zimmerpflanzen oder Haustiere. Als Enthusiasten versuchen wir, euch Einblicke in die Welt von künstlicher Intelligenz in Finance zu geben, aber wir sind nur AI-Enthusiasten, keine Hellseher. Unsere Einschätzungen könnten genauso gut aus einem Horoskop stammen. Also, macht’s euch gemütlich und genießt die Show!

Autor

  • Maik ist Strategieberater, Autor, Speaker und Podcaster mit über 15 Jahren Erfahrung in der Finanz- und Paymentbranche. Beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) verantwortet er die Strategie für digitale Wallets und treibt Themen wie Mobile Payment, Banking-Apps und KI voran. Als Gründer von Payment & Banking, Host des Podcasts „AI in Finance“ und LinkedIn Top Voice Finance erreicht er über 9.000 Follower und prägt pointiert die Diskussion rund um Innovation im Zahlungsverkehr. Sein Buch „Zahlungschaos und Payment Eskapaden“ verbindet persönliche Einblicke mit fachlicher Analyse eines Jahrzehnts digitaler Transformation. Maik steht für klare Kommunikation, strategisches Denken und mutige Wege, immer mit Fokus auf die Kund:innen.

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