Wie stehen Insurtechs zur Compliance und gehen mit den regulatorischen Leitplanken um? Das hat die Unternehmensberatung PwC mit einer Befragung untersucht.

Im Fintech-Segment haben in den vergangenen Monaten die ersten Unternehmen deutlich gespürt, dass die Aufsichtsbehörde die Firmen ernst nimmt und jetzt genauer hinschaut. Zu den gravierendsten Maßnahmen zählt sicherlich die Beschränkung der Neukundenzahl für N26, aber auch der Solarisbank wurden einige Hausaufgaben mit auf den Weg gegeben (wir berichteten). Und wie gehen Insurtechs mit der Compliance um? 

PwC hat für eine Studie im vergangenen Jahr mit 39 für die Compliance verantwortliche Mitarbeiter:innen in Fintech- und Insurtech-Unternehmen eine telefonische Befragung durchgeführt. Und die Ergebnisse in Form einer Studie publiziert. 

Insurtechs nehmen Compliance ernst

Der Hauptgrund dafür, sich mit Compliance zu beschäftigen, liegt für die große Mehrzahl der Unternehmen in den rechtlichen Vorgaben (82 Prozent), was wenig überraschend ist. Doch auch die Interessen der Stakeholder haben Gewicht. Deren Interessen und Anforderungen zu folgen, sind für 56 Prozent der Firmen einer der Hauptgründe, um sich mit dem Thema zu beschäftigen. 

Und sehen sich gut aufgestellt

Drei von vier Insurtechs (und den befragten Fintechs) sehen sich bei der Compliance gut aufgestellt. Das bewerten die Autoren der Studie aus ihrer eigenen Beratungspraxis jedoch als kritisch. So sagt Sven Meyer, Leiter FinTechs PwC Deutschland dazu: „Rasantes Wachstum, Ressourcenengpässe, und junge Mitarbeiter:innen, die zum Großteil nicht aus der Finanzbranche kommen, führen dazu, dass bei Compliance Themen durchaus Verbesserungspotenzial besteht.“ 

Die Insurtechs sehen sich in Sachen Compliance gut aufgestellt. © PwC

Die unterschiedliche Wahrnehmung bringen die Studienautoren auf die Formel: „Wenn mann nicht weiß, was man nicht weiß, dann erkennt man das Problem nicht.”

Wachsende Anforderungen bei der Compliance

Nahezu jedes Unternehmen rechnet in der nächsten Zeit mit steigenden Aufwänden bei der Compliance (92 Prozent). Darauf deuten schon allein die Äußerungen der BaFin aus den vergangenen 12 Monaten hin. Die Bedeutung des Themas für die Insurtechs unterstreicht die Tatsache, dass die Einhaltung der Compliance in vielen Firme Sache der Chef:innen ist. In fast jedem zweiten Unternehmen kümmern sich die Gründer:innen oder die Geschäftsleitung darum. 

Sie rechnen aber auch mit höheren Aufwänden bei der Umsetzung von Maßnahmen. © PwC

Ambivalentes Verhältnis zur Compliance

Das Verhältnis der Fintechs zur Compliance darf allerdings als ambivalent bezeichnet werden. So sehen die Insurtechs einige Herausforderungen und Schwierigkeiten darin. Ganz vorn steht dabei die Ansicht, dass die Regulatorik die eigenen Prozesse verlangsamt. Zudem lasse sich der betriebene Aufwand nicht direkt monetarisieren und trägt somit nicht direkt zum Umsatz bei.

Interessanterweise werden diese Hürden von den Unternehmen verschiedenen bewertet, je nachdem, in welchem Reifegrad sie sich befinden. So sehen die Verlangsamung der Prozesse insbesondere die Insurtechs kritisch, die sich in der Seed- oder Grown-Up-Phase befinden. Von vielen Unternehmen wird auch das fehlende Know-how als großes Problem eingestuft.

Andererseits erkennen die Insurtechs in der Compliance aber auch Vorteile. 62 Prozent der befragten Firmen meinen, dass sie Vertrauen bei Kunden, Investoren und Partnern schafft. Und mehr als ein Drittel sieht in der Compliance ein Merkmal, auf dem Markt attraktiver zu erscheinen. 

„Ob Compliance als Bremse oder Motor gesehen wird, hängt von der Perspektive ab: Einige Unternehmen befürchten, dass sie dadurch Wettbewerbsnachteile gegenüber ausländischen Unternehmen haben. Andere nutzen Compliance gezielt, um neue Märkte zu erschließen.“

So die Autoren der Studie „Compliance in deutschen Fin- und Insurtechs“

Die wichtigsten Handlungsfelder

Die Studie hat die Unternehmen auch nach den größten Aufwänden bei der Compliance befragt. Wo setzen die Insurtechs und Fintechs an, worin investieren sie?

Die wichtigsten Aufgaben und Treiber bei der Compliance sind IT-Security, Datenschutz und AML. © PwC

Ganz vorn auf der Liste stehen die IT-Sicherheit und der Datenschutz. Drei von vier Unternehmen (77 Prozent) gaben an, dass sie den höchsten Aufwand erfordern. Rund zwei Drittel sehen in Maßnahmen gegen Geldwäsche und Finanzkriminalität die größten Aufwandstreiber. Für Grown-Ups steht dagegen das Risikomanagement an vorderster Stelle. 

Die Studie zeigt, dass die Insurtechs sich offensichtlich der Verantwortung bewusst sind, die sie nicht nur gegenüber den Aufsichtsbehörden tragen. Ob sie bei der Compliance tatsächlich so gut aufgestellt sind, wie sie sich selbst sehen, wird sich erst im Laufe der Zeit und ersten Überprüfungen ergeben (müssen). 

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