Als Fintech ist kommerzieller Erfolg ohne einen intensiven Fokus auf Lokalisierung nicht denkbar. Obwohl wir das heute als selbstverständlich ansehen, mussten wir dies selbst herausfinden. In diesem Artikel werden wir teilen, was wir aus unserem Markteintritt in Deutschland gelernt haben. Unsere wichtigste Erkenntnis seit unserem Deutschland-Start: lokalisierte Produktfunktionen im BaaS schaffen Vertrauen.

Für viele Menschen ist das Thema Geld ein sehr ein emotionales. Vertrauen und Transparenz sind von größter Bedeutung. IBANs (Internationale Bankkontonummern) sind perfektes Beispiel dafür. Wenn es darum geht, Geld im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zu senden und zu empfangen, sind per se alle IBANs gleichwertig. Von denen aus Gibraltar, die mit „GI“ beginnen, bis zu den estnischen „EE“-IBANs funktionieren sie alle technisch einwandfrei. Aber natürlich ist nicht jeder Bürger darüber informiert, sondern vertraut am meisten den eigenen, lokalen IBANs.

Vertrauen schaffen ist langwieriger Prozess

Unsere wichtigste Erkenntnis seit unserem Deutschland-Start: lokalisierte Produktfunktionen schaffen Vertrauen. Insbesondere bei Bankkontonummern gibt es ein hartnäckiges Problem, dass Bürger IBANs diskriminieren, die nicht in ihrem Heimatland ausgestellt sind.


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Ein einzelner BaaS kann an diesem Umstand kurzfristig nichts ändern, sondern kann diesen lediglich akzeptieren. Mit diesem Bewusstsein haben wir sehr früh die Entscheidung getroffen, IBANs mit „DE“-Kennung auf den deutschen Markt zu bringen. Dies mag auf den ersten Blick trivial erscheinen – es geht ja lediglich um zwei Buchstaben – in der Realität ergeben sich allerdings große Aufgaben sowohl im Hinblick auf regulatorische Prozesse, als auch für das Produkt selbst.

Es gab kein Handbuch, dem Unternehmen wie das unsrige folgen könnten. Notwendige Schritte müssen daher selbst identifiziert, zusammenführt und umgesetzt werden. Wir haben initial umfassend recherchiert und zahlreiche Interviews mit anderen Fintechs geführt, die einen ähnlichen Weg eingeschlagen haben. Der folgende Leitfaden soll denjenigen, die als reguliertes Finanzinstitut eine Lokalisierung anstreben, ein wenig Licht ins Dunkel bringen.

Lokale regulatorische Landschaft zu durchqueren, ist schwer

Das Navigieren in der regulatorischen Landschaft ist ein wichtiger Teil der Expansion in einen neuen Markt. Der erste Schritt, um Präsenz zu zeigen, besteht darin, tatsächlich präsent zu sein.

Es ist überaus sinnvoll, zunächst einen lokalen Geschäftsführer einzustellen, der den Prozess der Registrierung als lokale Zweigniederlassung bei den zuständigen Behörden begleitet. Die Aufsichtsbehörden in Deutschland verlangen eine ordnungsgemäß registrierte Person als Ansprechpartner; ansonsten ist eine Kontaktaufnahme schwierig bis nicht möglich.

Da Swan ein französisches Unternehmen sind, mussten wir parallel zum Aufbau unserer Präsenz in Deutschland mit unserer Heimataufsichtsbehörde in Frankreich, der ACPR, kommunizieren. Notwendig war in diesem Fall eine Genehmigung, unsere Banklizenz in ein anderes Land zu übertragen. PSD2 gewährt jeder juristischen Person (sprich: Unternehmen) in der EU das Recht, in jedem Mitgliedstaat auf „stabile und kontinuierliche Weise“ Geschäfte zu tätigen. Dieses Gesetz ist eine gute Grundlage für Anfragen und Bankdienstleistungen für den deutschen Markt zu entwickeln.

Präzise Kommunikation ist unabdingbar

Sobald ein Geschäftsführer eingesetzt, die Gesellschaftsform gegründet und die E-Geld-Lizenz übertragen wird, müssen Unternehmen die größte Hürde überwinden: den Eintritt in die Deutsche Kreditwirtschaft. Diese besteht hauptsächlich aus regionalen Sparkassen und ist die einzige Organisation, die Ihren BIC (Bank Identifier Code) anerkennen und sie in die Liste der zugelassenen Bankorganisationen aufnehmen kann. Dies erfordert eine äußerst präzise Kommunikation.

Der letzte regulatorische Schritt ist wahrscheinlich der einfachste. SWIFT, das am häufigsten verwendete System für internationale Zahlungen, muss über die Existenz Ihres neuen BIC informiert werden. Warum? Damit Sie die Zahlungen, die über Ihr Netzwerk getätigt werden, an Sie weiterleiten und genehmigen können. Die Registrierung bei SWIFT ist unkompliziert, man muss jedoch beachten, dies sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene zu tun.

Um richtig zu lokalisieren, muss dies auch auf Produktebene erfolgen

Die Anpassung und Erprobung des Produkts, um den Bedürfnissen des deutschen Marktes gerecht zu werden, ist für viele Unternehmen ein entscheidender Teil der Expansionsstrategie. Klingt leicht, ist es aber nicht: Das Ausmaß der notwendigen Anpassungen ist meist hoch.

So haben wir es gemacht: Nachdem die regulatorischen Anforderungen erfüllt waren, begannen wir mit den notwendigen Anpassungen des Produkts sowie dem Testen. Als lizenziertes E-Geld-Institut muss sichergestellt werden, dass alle Bankfunktionen reibungslos funktionieren. Zuerst nahmen wir eine Bestandsaufnahme der Aspekte unseres Produkts vor, um die es sich zu kümmern galt. So mussten wir beispielsweise bestimmte Zahlungsströme mit der deutschen Niederlassung unseres Bankpartners BNP Paribas konfigurieren.

Anpassungen für den lokalen Markt vornehmen

Gleiches galt für SEPA-Überweisungen. Wir wussten bereits, dass die in Frankreich ausgestellten IBANs funktionierten und es den Endnutzern ermöglichen, Geld zu senden und zu empfangen. Diese Erfahrung fehlte für die „DE”-IBANs zu diesem Zeitpunkt noch. Wir konnten das Feature nicht einfach einführen, ohne sicher zu sein, dass alles zu 100 % wie erwartet funktioniert.

Um unser Produkt für den Start in Deutschland vorzubereiten, mussten wir einige Produkt-Entwicklungszyklen aufwenden und Anpassungen des französischen Produkts für den deutschen Markt vornehmen.

Dies beinhaltet auch die Produktgestaltung von Kunden-Onboarding-Prozessen (KYC), die je nach Markt und lokalem Regulator unterschiedliche Anforderungen haben. Zum Beispiel hat der deutsche Regulator andere Authentifizierungsanforderungen, wenn es um die Eröffnung von Konten geht. Daher musste der KYC-Prozess neu aufgesetzt und auch ein neuer ID-Verifikations-Partner integriert werden. Wir entschieden uns für ein asynchrones Verfahren, das ohne Video-Agenten auskommt, dafür aber u.a. einer Qualifizierten Elektronischen Signatur (QES) bedarf.

KYC-Verfahren testen

Parallel zum Neuaufsetzen des KYC-Verfahrens musste ein Testverfahren erarbeitet werden, um sicherzustellen, dass jede von uns unterstützte Zahlungsart reibungslos funktioniert: Werden Lastschriften von Versorgungsunternehmen problemlos abgewickelt?  Erkennen andere Banken und Finanzinstitute die IBANs, wenn sie ihre Zahlungsabwicklungsprozesse durchführen. Am Ende ist das Vertrauen in das reibungslose Funktionieren dieser Prozesse eine Grundvoraussetzung für das Vertrauen der Kunden.

Die Erfahrung zeigt: Es ist ein langer, arbeitsreicher und teilweise herausfordernder Weg, Produkte für den deutschen Markt vorzubereiten. Selten gibt es Handbücher, die beschreiben, was getan werden muss, um erfolgreich zu sein. Als „Pionier“ muss man sich aktiv informieren.

Besonders wenn es um sensible und emotionale Themen wie das Halten und Transferieren von Geld geht, muss der Fokus auf Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit gerichtet sein. Indem wir keinen Stein auf dem anderen gelassen haben, ob im Umgang mit regulatorischen Anforderungen oder bei der Produktprüfung, konnten wir ein hervorragendes, lokalisiertes Produkterlebnis für unsere Kunden schaffen.

Wir hoffen, dass unsere Erkenntnisse helfen, ein besseres Verständnis zum Prozess der Lokalisierung von IBANs in Deutschland zu schaffen!

Auch interessant: Wir funktioniert Swan.io? Diese Frage beantwortet uns David Frei im Fintech Podcast von Payment and Banking!

Über den Autor:

David Frei ist Head of DACH bei Swan und treibt in dieser Funktion Seit März 2022 die Expansion in Deutschland voran.

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