Fintechs sind prädestiniert für einen smarten Umgang mit Daten. Und ESG-Investments brauchen Daten. Geht die Rechnung ESG plus Fintech gleich Bingo also auf? Oder gibt es in der Gleichung einen Rechenfehler?

Können etwa Fintechs die Idealbesetzung sein, um ESG-Investments mit Leben zu füllen, weil sie von Haus aus tech-getrieben und damit eigentlich eine Idealbesetzung sind. Können sie der Datenflut Herr werden, die mit nachhaltigen Investments einhergehen. Sortiert werden müssen Daten zu sozialem Verhalten von Unternehmen, deren Governance oder deren Umwelteinfluss. Fintechs als Lösung? Ganz so einfach ist es nicht.

Kein Startvorteil also für die Fintechs

„Fintechs können nicht per se gut mit Daten“, sagt zum Beispiel Lars Hornuf, Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere für Finanzdienstleistungen und Finanztechnologie an der Universität Bremen. „Es stimmt zwar, dass Fintechs agilere Systeme haben und mitunter auch mehr Daten sammeln. Die Auswertung und Nutzung der Daten sind aber nicht in jedem Fall besser als bei etablierten Instituten. Im Englischen spricht man zudem von der ‚liability of newness‘.“

Auch Jan Köpper, Head of Impact Transparency & Sustainability von der GLS Bank, schlägt in die gleiche Kerbe. „Finanzinstitute sollten eher die eigenen Prozesse ergänzen. Etwa, um etwaige Datenhaushalte aufzubauen und Ihren Kund:innen damit auch eine Nutzenstiftung im Sinne von Verbesserungspotenzialen, Risikoanalysen und Begleitungsangeboten bieten zu können.“ Der Dialog zu diesen Themen schaffe Wissens- und Erkenntnisgewinne. Es trüge somit auch zur Stärkung der beidseitigen Beziehung sowie dem Aufbau von Kompetenzen und Praxiswissen bei. „Die alleinige Nutzung von Fintechs würde hier zu kurz greifen, um den notwendigen kulturell-organisatorischen Wandel in Finanz- und Realwirtschaft ausreichend zu ermöglichen“, sagt er weiter.

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Fintechs fehlt die Historie zur Datenauswertung bei ESG

Mit anderen Worten: Das Potenzial der Fintechs ist möglicherweise da. Doch die Datenfrage ist eben nicht nur die nach dem Umfang dieser Daten oder der technologischen Fähigkeit, sie effizient zu handhaben. Sondern auch der Historie:Schon allein, weil Fintechs häufig jünger sind, haben sie es auch mit ganz anderen Risiken zu tun und haben oft auch noch nicht so viel Zeit gehabt, historische Daten der Kunden zu sammeln, die ausgewertet werden können“, sagt Hornuf.  

„Risikosysteme von Banken sind historisch gewachsen und über Jahre verbessert wurden. Fintechs bauen manche Systeme auf der grünen Wiese. Das kann Vor- und Nachteile bei der Datenverarbeitung mit sich bringen.“ Die Datenhistorie ist wichtig, weil erst sie Auskunft darüber gibt, ob ein Unternehmen sich in Sachen Nachhaltigkeit in die richtige Richtung entwickelt oder nicht.  

Zusammenhänge von ESG verstehen

Was also braucht es für Investoren, sei es Fintech, sei es klassisches Finanzhaus? „Es braucht ein gutes Verständnis für die kausalen Zusammenhänge zwischen sozial-ökologischer Nachhaltigkeit und finanzieller Tragfähigkeit.“ Eine längerfristige Perspektive des Wirtschaftens wird es ohne eine integrale Betrachtung von Nachhaltigkeit nicht geben können. „Wer das versteht, den Blick nicht auf Gewinn und Rendite verengt, sondern in sein Unternehmen integriert nach den wahren Werten eines Unternehmens steuert, wird in Sachen Nachhaltigkeit Erfolg haben.“

Doch diese Kombination dürfte in der Praxis nicht so einfach umzusetzen sein. Bestes Beispiel dafür: selbst große Institute Schwierigkeiten haben können, qualitativ hochwertige Produkte auf den Markt zu bringen, zeigt der Greenwashing-Verdacht bei der DWS. Um gute ESG-Modelle aufzusetzen, wird es umfangreiche Ressourcen-Experten und Kapital brauchen. „“Fintechs müssen häufig ähnliche Fixkosten wie etablierte Institute stemmen. „Wenn die Verkaufsprospekte oder Kreditvergabe nämlich gar nicht so „grün“ sind, wie vom Unternehmen versprochen, droht mitunter ein Besuch der Staatsanwaltschaft“, so Hornuf weiter. ESG-Lösungen bislang spärlich vorhanden

Abschreiben würden aber weder er noch Jan Köpper die Fintechs deshalb hingegen nicht. „Die Vielfalt an Fintechs und deren ESG-Datenlösungen ist im besten Fall eine Bereicherung, die Eintrittshürden senken kann, einen schnelleren Einstieg erlaubt und bestehende Prozesse und Datenhaushalte sinnvoll ergänzt“, sagt Köpper. Klar ist, dass die Kompetenz auf dem ganzen Markt immer noch spärlich vorhanden ist. Aber die gute Nachricht: Sie wächst zunehmend an. Zwischen Fintechs und Großbanken gibt es da keinen Unterschied mehr. In beiden könne man Top-Leute finden, die sich mit ESG beschäftigen, so Köpper.

Für die Ausgangsfrage bedeutet das primär eins. Die einfache Lösung gibt es nicht. Aber es bewegt sich etwas. 

In eigener Sache:

Das Thema ESG ist auch Thema auf der kommenden Banking-Exchange am 23./24.Juni in Frankurt. Es diskutieren Michael Strauß (KfW), Jessica Claar (Mastercard), Karsten Traum (DKB), Theresa Hauck (Econos) und Fridtjof Detzner (Planet A) zum Thema: ESG/ Sustainable Finance: Was meinen die damit und wie können Banken & Fintechs echte Enabler im Finance-Space werden?

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Headerbild, iStock: Bildnachweis:Khanchit Khirisutchalual

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