2022 war einfach kein gutes Jahr für die Banking- und Paymentwelt – finde ich zumindest. Ein Jahresrückblick auf die fünf Themen, die mich besonders aufgeregt haben und was aus Ihnen geworden ist.

Die Payment and Banking-Szene ist unzweifelhaft niemals langweilig. Kein Monat vergeht, ohne dass neue Produkte, Banken, Fintechs und Payment-Lösungen auf den Markt kommen. Aber wer braucht das eigentlich alles und muss man das alles gut finden? Unser Autor Nils Wischmeyer beleuchtet in seiner Kolumne „Nils nörgelt“ ab monatlich ein Produkt, Thema oder eben den „letzten heißen Scheiß“. Etwas zu meckern gibt es schließlich (fast) immer.

Liebe Leserinnen und Leser, wenn es draußen kalt wird, die ersten Schneeflocken fallen und die Bereichsleiter zu Last Christmas auf den Tischen tanzen, kommt bei Ihnen sicherlich Weihnachtsstimmung auf. Vielleicht haben Sie den himmlischen Duft von Plätzchen in der Nase und den Weihnachtsmann mit seinem dicken Bauch vor Augen.

Sehen Sie, das unterscheidet die positiven Menschen wie Sie es sicherlich sind von mir, dem Nörgler, der Ihren Kopf auf all die Probleme 2022 lenkt, auf die Flops, die Missstände und die Verfehlungen in der Payment- und Bankingbranche. Kurzum: Ich bin der Grinch und fünf Themen anschauen, die mich besonders genervt haben. Was wohl aus Ihnen geworden ist?

1. BNPL musste die Kehrtwende machen

Es waren glorreichen Zeiten, als alle Läden so gern damit warben: Los, kauf es jetzt, bezahle es später. Buy now, pay later (BNPL) war der Hype schlechthin und Klarna der neue Star am Himmel. Aber was fand ich das nervig und niederträchtig! Denn im Prinzip löst BNPL kein Problem für den Kunden, sondern nur eines für den Händler. Der sieht höhere Warenkörbe und ist happy, wenn der Kunde dafür zehn Prozent effektiven Jahreszins zahlen will. Will er wirklich? Pah, das ist doch verdammt noch einmal sein Pech.

Ich habe schon früher vor den Risiken des Geschäftsmodells gewarnt. In meiner Februar-Kolumne schrieb ich über BNPL bei Händlern: „Steigert womöglich den Profit, für mich als Verbraucher aber absolut nicht zu gebrauchen.“ Vielleicht, so merkte ich an, sei ich einfach nur ein wenig altmodisch, wenn ich das so sehen würde. Aber offensichtlich sahen das knapp fünf Monate später auch die nicht so altmodischen Investoren so und machten aus einer 46-Milliarden-Dollar-Bewertung eine 6-Milliarden-Dollar-Bewertung bei Klarna. Seither geht es in der BNPL-Szene plötzlich nicht mehr um Schulden, sondern ums Sparen und irgendwie um Financial Health. Na, manchmal hat so eine Krise ja auch ein paar gute Seiten.

2. Aufrunden war eher eine Pleite-Idee

Kaum aus den Osterferien zurück, gab es auch schon den nächsten Aufreger, der sich in mein Postfach geschlichen hatte: Aufrunden für die Rente. Ein damals relativ präsentes Start-up wollte mir verklickern, dass ich, Jahrgang 1995, doch tatsächlich meine Rentenlücke schließen könnte, wenn ich nur jedes Mal beim Einkaufen ein paar Cent aufrunden und investieren würde. Es war ein glorreiches Versprechen, das ich damals mit den Worten quittierte: „Mal ganz ehrlich, Jungs und Mädels, sparen schön und gut: Aber das Ganze kann nicht mehr als ein Marketinggag sein.“

Mehr als einen bösen (digitalen) Brief bekam ich danach. Ich hätte doch ein wenig über Stränge geschlagen, der Artikel sei zu böse geraten und überhaupt: Man kann doch nicht auf ein Start-up so einschlagen. Auch telefonisch beschwerte sich der ein oder andere, das sei ja innovationsfeindlich und wir sollten Start-ups mit guten Ideen hochhalten. Und klar, dieser Überzeugung bin ich auch und dass es wenige Monate später mit Vantik zu Ende ging, ist schade und sicherlich nicht meine Absicht. Aber es zeigt vielleicht auch ein ganz klein wenig: Das Nörgeln war so unberechtigt nicht.

3. Debitkarten werden bald im Müll landen

Dann gibt es am Ende des Jahres noch ein Thema, das für massig Aufsehen gesorgt hat: Ich zerschneide meine Debitkarte, weil ich sie für Quatsch halte. Sie ist keine Girocard und damit im Einzelhandel sinnlos und sie ist keine Kreditkarte und somit im Ausland und teils Internet sinnlos. Mein Fazit im November: Ich brauch’ das Ding nicht.

gray steel scissors

Kaum war der Artikel online, hagelte es Kommentare, die meist so klangen: Kann deine Beobachtung nicht nachvollziehen, absoluter Mumpitz, vollkommener Quatsch, ein Problem des Händlers und: Ich habe da andere Erfahrungen gemacht. Vielleicht deshalb hier abschließend für dieses Jahr noch eine Erläuterung, warum ich mich überhaupt einmal im Monat hinsetze und nörgle, als wäre ich ein Rentner am Erdgeschossfenster: Ich berichte aus meinem Alltag, was mir passiert und rege mich darüber auf.

Diese Kolumne hat weder den Anspruch, vollständig, noch bis in die letzte Faser differenziert zu sein. Denn sie gibt eine Meinung von N=1 wieder – und diese N(ils), das bin ich.

4. Crowdinvestment ist immer noch unterirdisch

Na gut, machen wir es an dieser Stelle kurz und schmerzlos, denn wenn Sie ehrlich sind, wollen sie doch viel lieber lesen, was da gleich zum Thema Bitcoin kommt. Also, hier mein kurzer Rant zu Crowdinvestments: Sie sind aus Anlegersicht hochspekulativ und sollten deswegen viel härter reguliert werden. Jedes drittklassige Derivat hat mehr Sicherheitshinweise als ein Nachrangdarlehen in südamerikanischen Wald mit 100 Prozent Verlustrisiko. Dazu sind sie ein Offenbarungseid für das Fintech selbst.

Immerhin bringen sie einem Banking- oder Paymentunternehmen keinen Zinsvorteil gegenüber einem Bankkredit, was im Klartext heißt: Wer die Crowd anpumpt, hat sonst keine Optionen mehr und diese Wirkung nach Außen sollten Fintechs zumindest mal im Hinterkopf haben – Anleger ohnehin. Und dann sind da noch Bedingungen für Crowdinvestments in etwa Fonds oder andere Märkte, die dem Privatkunden angeblich sonst verschlossen bleiben. Die sind meistens so komplex, risikoreich und – ich sag’ mal hart – unterirdisch, dass selbst die Bafin bei dem ein oder anderen Produkt mittlerweile sagt: So nicht, liebe Fintech-Freunde. Und da kann ich mich nur anschließen. 

5. Es macht Brrr im Kryptoland

Und dann zur Sache. Das Versprechen von Kryptowährungen ist, Stand 19. Dezember, immer noch mausetot. Keine einzige Währung hat gehalten, was sich so viele Optimisten versprochen haben. Da wir hier keine ganze Kolumne füllen können, lassen Sie mich das in drei Punkten ausführen:

Zum Ersten sind Kryptowährungen wie Bitcoin nach wie vor kein guter Inflationsschutz gewesen, da sie reihenweise ins Bodenlose stürzten, seit in Europa die Inflation grassiert. Bitcoin beispielsweise ist heute 60 Prozent weniger wert als noch vor einem Jahr – und da will ich von den ganzen anderen, kleineren Währungen gar nicht anfangen.

Zum Zweiten sind Kryptowährungen hochrangig abhängig davon, wie hoch die Geldmenge in den Staaten ist, in denen sie existiert. Denn kaum steigen die Zinsen, fallen die Kryptowährungen, nicht schlechter und nicht besser als jedes hochspekulatives Wertpapier dieser Zeit. Denn die meisten Menschen haben erkannt: Es gibt jetzt auch woanders (theoretisch) Rendite, dann brauche ich das hier nicht mehr.

Zum Dritten ist keine Kryptowährung tauglich, tatsächlich eine Währung zu sein, in den meisten Fällen wäre sogar das Wort „Geld“ zu hoch gegriffen. Ein Gegenbeispiel hat bisher keiner erbracht und wer mir mit El Salvador kommt, den darf ich auf diesen Link der Tagesschau verweisen: El Salvadors geplatzte Bitcoin-Blase.

Und bei all dem habe ich über FTX ja noch gar nicht gesprochen.

Kurzes Fazit: Kryptowährungen bleiben eine Randerscheinung mit einer lauten Minderheit in sozialen Netzwerken, bei denen zuletzt viele, viele Menschen viel Geld verloren haben. Es braucht also eine harte Regulierung seitens der Regierungen – bis hin zum Verbot. Aber das können wir ja dann im neuen Jahr besprechen.

Und damit, liebe Leserinnen und Leser, verabschiede ich mich in die Weihnachtsferien. Bleiben Sie froh und munter – dann muss ich es nicht sein.

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