Dürfen wir vorstellen: Marcos Raiser do Ó von Stripe

Das Arbeiten in der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weit verbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? In unserer Reihe: Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Marcos Raiser do Ó unsere Fragen.

Dürfen wir vorstellen…

Während unseres Arbeitsalltags begegnen uns immer wieder spannende Menschen, die im gleichen Umfeld tätig sind, die uns nur einmal oder immer mal wieder begegnen oder uns sogar schon privat sehr ans Herz gewachsen sind – jeder von Ihnen hat eine eigene Geschichte. Wir haben ein paar dieser Menschen aus unserem nächsten FinTech-Umfeld interviewt, um ihnen ein Gesicht zu geben. Um zu teilen, warum diese Branche für sie viel mehr ist als eine weitere Art, seine Miete zu bezahlen. Diese Menschen und deren Vita möchten wir in einer ganz eigenen Kategorie kurz porträtieren und vorstellen und haben dazu einen immer gleichen Fragenkatalog entworfen.

Diesmal beantwortet Marcos Raiser do Ó unsere Fragen. Marcos ist Head of DACH & CEE beim Fintech-Unternehmen Stripe.

Wer bist Du, was machst Du? 

Mein Name ist Marcos Raiser do Ó und ich leitet die Geschäfte von Stripe in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie in der Region Zentral- und Osteuropa. Vor Stripe war ich bei Technologie-unternehmen, wie beispielsweise Sun Microsystems, IBM, Salesforce und Microsoft tätig, mein beruflicher Schwerpunkt und auch meine besondere Erfahrung liegt genau in der Betreuung von Großkunden.

Gesichter Marcos Raiser do Ó

Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen? Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?

Ich hatte schon sehr kurz nach dem Studium sehr intensive Berührung mit Banken und gleichzeitig dem Technologiesektor. Ich habe einige Zeit für Unternehmen gearbeitet, die fachliche Anwendungen, beispielsweise Börseninformationssysteme, entwickelt, vertrieben und implementiert haben. In heutiger Diktion könnte man diese Unternehmen durchaus als FinTechs bezeichnen.

Spätestens während meiner Tätigkeit bei IBM und besonders bei Salesforce bin ich sehr tief in die unterschiedlichsten Bereiche der Banken- und Versicherungswelt eingetaucht, denn in beiden Unternehmen war ich für den Bereich Financial Services verantwortlich. Bei Microsoft schließlich war ich für das gesamte Geschäft mit Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistern in Deutschland verantwortlich, und hierzu gehörte auch die Zusammenarbeit mit sogenannten FinTechs. 

Marcos Raiser do Ó: „Ich würde zwischen etablierten und jungen Unternehmen unterscheiden“

Wie definierst Du FinTech?

Meiner Meinung nach sind FinTechs Unternehmen, die die Finanzwirtschaft durch den Einsatz innovativer Technologien modernisieren. Bei Stripe verstehen wir uns selbst aber viel weiter gefasst einfach als Technologieunternehmen, denn wir bieten ja auch Software über die reine Zahlungsverarbeitung hinaus an, sei es im Bereich der Betrugsbekämpfung mit Stripe Radar, der Datenanalyse mit Stripe Sigma oder der Unternehmensgründung mit Stripe Atlas. Abgesehen davon sind wir mit Stripe Press auch als eigener Verlag im Content-Bereich unterwegs. Und wer weiß, was noch kommen wird.

Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?

Gesichter Marcos Raiser do Ó

Die Frage unterstellt, dass Fintechs nicht etabliert sein können, das würde ich so nicht stehen lassen. Ich würde eher zwischen etablierten und jungen Unternehmen unterscheiden. Etablierte Unternehmen haben meistens die bekannteren Marken und genießen dadurch einen Vertrauens-vorsprung. Sie verfügen meist über umfangreichere finanzielle und personelle Mittel, und ihre Prozesse haben sie teilweise über Jahrzehnte optimiert und perfektioniert. 

Was kann man von FinTechs lernen?

Heute ist Geschwindigkeit entscheidend – und da haben junge, technologieorientierte Unternehmen oftmals einen klaren Vorteil. Wenn man sich über Jahrzehnte an Prozesse und Praktiken gewöhnt hat, setzt allzu leicht eine gewisse Verkrustung ein. Junge Unternehmen wagen es eher, diese zu hinterfragen und neue Lösungen anzudenken. Ihre Innovationsfreude ist meist größer. 

Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?

Die Herausforderungen, die mit der Digitalisierung einhergehen, sind für etablierte Unternehmen deutlich größer. Es muss ja nicht nur die Infrastruktur und Software auf den neuesten Stand gebracht werden. Die komplette Belegschaft muss zu neuem, frischen Denken ermutigt werden; meist muss die komplette Unternehmenskultur angepasst werden. Das ist alles andere als einfach. Da haben junge Unternehmen, die bei null anfangen, es deutlich leichter.

„Blick auf die Bedürfnisse der Kunden“

Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?

Ich denke, ich würde gerne bei einem NGO arbeiten und dabei helfen, das Online-Fundraising zu optimieren. Da fällt mir spontan das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen als Beispiel ein, das in diesem Jahr den Friedensnobelpreis erhalten hat. Übrigens auch ein Stripe-User. Alternativ könnte ich mir aber sicher auch vorstellen, einen Tretbootverleih in der Lagune vor Faro zu gründen.

Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?

Ich würde einen unserer großen Kunden wählen, um die externe Sichtweise auf Stripe besser zu verstehen. Wenn man als Unternehmen besser werden will, sollte man immer einen möglichst engen Blick darauf haben, was die Bedürfnisse der Kunden sind. In gewisser Weise habe ich das also schon, ich war ja bei Salesforce. (lacht)

Gesichter Marcos Raiser do Ó

Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?

Ich trinke eigentlich lieber Wein. Vielleicht mal mit Ursula von der Leyen. Ich finde, dass sie die Europäische Kommission sehr ambitioniert führt. Mit ihr würde ich dann gerne über Regulierung innerhalb der EU sprechen. Wir haben kürzlich eine Studie dazu gemacht, was die größten Hemmnisse für das internationale Wachstum von europäischen Online-Unternehmen sind. Dabei kam heraus, dass es vor allem die noch immer sehr unterschiedlichen nationalen regulatorischen Vorschriften und Steuersysteme sind, die dem Digitalen Binnenmarkt im Wege stehen.

Das muss sich ändern, und ich glaube, hier können Politik und Technologieunternehmen zusammenarbeiten: Die Politik sollte für eine weitere Harmonisierung der Vorschriften innerhalb der EU sorgen, und gleichzeitig können Technologieunternehmen dazu beitragen, die Komplexität für Unternehmen durch innovative Software-Lösungen zu reduzieren. Bei Stripe haben wir durchaus schon Erfahrung damit, z. B. in der Umsetzung der komplexen SCA-Regelungen für unsere Kunden. Und wir arbeiten an weiteren Produkten, die den Umgang mit regulatorischer Komplexität erleichtern sollen. Letzten Endes hilft uns alles weiter, was Online-Unternehmen zu mehr Wachstum verhilft.

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