Das Arbeiten der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist primär geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weitverbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? Heute: Katharina Jung von Kuno.

In unserer Reihe: Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Katharina Jung unsere Fragen.

Dürfen wir vorstellen: Katharina Jung von Kuno

Wer bist Du, was machst Du?

Ich bin Katharina Jung. Im Januar 2021 habe ich in Berlin KUNO gegründet. Mit unserer Plattform haben wir erstmals die Möglichkeit geschaffen, Finanzen und Personal an einem Ort intelligent zu verwalten. Unser Angebot richtet sich sowohl an neugegründete Start-ups als auch mittelständische Unternehmen, die auf der Suche nach einer einfachen, digitalen und integrativen Lösung ihrer administrativen Operationsbereiche sind, um mehr Zeit für ihre Kernaufgaben zu haben. Mittlerweile sind wir zu einem Team mit über 25 Mitarbeitern gewachsen und betreuen über 30 Kunden.

Wie sieht ein klassischer Tag in Deinem Leben aus?

Morgens starte ich wie viele meistens mit einer Runde Joggen in den Tag. Diese geistige Auszeit genieße ich sehr. Keine Musik, kein Podcast. Ich konzentriere mich nur aufs Laufen. Idealerweise habe ich einen Wettkampf vor Augen. Ich hatte schon die Möglichkeit, drei Marathons in den USA zu laufen – vielleicht kommt bald mal ein europäischer hinzu. Sollte ich mal keine Muße zum Joggen haben, gibt es einen entspannten Spaziergang mit meiner Vizsla-Hündin Toni.

Direkt danach widme ich mich zuerst unseren internen Themen. Meine Calls mit den Teams lege ich mir in der Regel alle auf den Vormittag. Nachmittags sehen meine Termine dann sehr unterschiedlich aus. In einem Early Start-Up gibt es schließlich immer etwas zu tun – an tausend verschiedenen Baustellen. Angefangen von strategischen Themen, Kundengesprächen und Investorenmeetings. Es wird einem auf jeden Fall nie langweilig. Sollte ich im Home-Office sein, wird der Nachmittag von einem Spaziergang mit Toni unterbrochen. Da ich tendenziell eher eine Nachteule bin, arbeite ich abends gerne meine Emails ab und bereite Themen für den nächsten Tag vor.

Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?

Erste Berührungspunkte gab es natürlich in meinem dualen Wirtschaftsstudium. Vertieft hat sich mein Wissen dann, als ich das Finanzteam von HUGO BOSS in New York leiten durfte. Als Vice President of Financial Operations war ich für die Betreuung der Monats-, Quartals- und Jahresabschlüsse sowie den jährlichen Nachhaltigkeitsbericht zuständig und habe so auf die Finanzthemen aus Corporate-Sicht geblickt. In die FinTech-Szene bin ich dann während meiner Zeit als Vice President Finance bei finleap eingestiegen und habe auf die Themen noch einmal aus einer ganz neuen Perspektive geblickt.

Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?

Ebenfalls bei HUGO BOSS: hier habe ich mich insbesondere zwischen 2015 und 2019 viel mit dem Thema Digitalisierung der Finanz- und Accountingindustrie beschäftigt. Damit einher ging dann auch der Begriff „FinTech“ und der Wunsch meinen nächsten beruflichen Schritt in diese Industrie zu machen.

Wie definierst Du FinTech?

Spontan kommen mir drei Worte in den Sinn: Innovation, Disruption und Mehrwert. Dabei denke ich nicht nur an Startups. Es gibt viele FinTechs, die mittlerweile zu etablierten Unternehmen gewachsen sind. In einem FinTech zu arbeiten, bedeutet technologiebasierte Lösungen zu finden, die das Potenzial haben, die Branche zu digitalisieren. Das Ziel ist immer, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die für Unternehmen und Endnutzer gleichermaßen effizient sind und das Leben vereinfachen. Ob Startup oder nicht: FinTechs denken bestehende Prozesse neu und hinterfragen praktisch täglich den Status Quo und veraltete Denkmuster der Finanzindustrie. Ein viertes Schlagwort wäre also definitiv auch Mut. Mut, den Weg immer neu zu gehen und Ideen stetig weiterzuentwickeln.

Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?

Klassischerweise wird hier auf die Vorzüge von Startups mit ihrer Mentalität „Keine Hürde ist zu groß“, „kein Problem zu komplex“, „keine Technik zu neu im Vergleich zu den etablierten Unternehmen“ verwiesen. In meiner Zeit im Konzern habe ich gleichwohl den besseren Zugang zur Technologie und zu Talenten geschätzt. So können die vermeintlich längeren Entscheidungsprozesse oftmals auf einem höheren Reifegrad basierend durchgeführt werden. Das kann, gepaart mit dem richtigen Veränderungswillen, ein guter Mix sein, um den FinTechs die Stirn zu bieten.

Was kann man von FinTechs lernen?

Spannend zu beobachten, ist der generelle Unterschied, wenn ein Tech-Unternehmen, wie u.a. auch im FinTech-Bereich, seine Lösung von Tag 1 nach dem Kunden, ganz gleich, ob B2B oder B2C, ausrichtet. In Konsequenz werden neben den vordergründigen technologischen Benefits ein Kundenerlebnis und Benutzerfreundlichkeit erzeugt, die durch Flexibilität, Transparenz und Vielseitigkeit den Lebensstil und das Verhalten der Verbraucher unterstützen. Genau das macht beispielsweise KUNO aus und ist, meiner Meinung nach, der Game Changer. Dessen Umsetzung entscheidet über Erfolg und Misserfolg.

Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?

Viele große Unternehmen tun sich schwer mit Veränderungen und damit, aus festen Strukturen auszubrechen. Die Pandemie war definitiv ein Digitalisierungstreiber in allen Branchen. Manche begreifen erst jetzt, dass sie keine Zeit mehr verschwenden dürfen. Andernfalls laufen sie den wegweisenden Lösungen nur noch hinterher, anstatt diese selbst zu kreieren. Große Unternehmen müssen in meinen Augen den Mut und die Flexibilität entwickeln, Ideen schneller zu testen. Und zwar am Kunden selbst. Häufig werden Ideen Monate bis Jahre verfolgt und erst dann stellt sich heraus, dass sie nicht gezündet haben, während die wirklich guten Ideen noch immer in der Schublade liegen. Solche Prozesse dauern jedoch. Man kann sie nicht einfach von heute auf morgen integrieren.

Dabei gilt es auch, die Menschen mitzunehmen und die Unternehmenskultur behutsam mitzuentwickeln. Dieser Aspekt rückt häufig einfach zu sehr in den Hintergrund. Die Grundlage dafür ist eine langfristige und zielführende Vision und gewissermaßen auch ein Schmerz, sich von Gewohntem und Vertrautem zu verabschieden. Dass dies am Ende immer ein Wettbewerbsvorteil sein wird, wurde in vielen klassischen Unternehmen leider noch nicht ausreichend erkannt. Dazu kommen komplexe Strukturen und lange Entscheidungswege, die sich mal positiv, aber oftmals auch negativ auswirken. Da hilft eine Zusammenarbeit mit disruptiven Partnern wie KUNO, die das Unternehmen im Digitalisierungsprozess unterstützen.

Was macht Deinen Job täglich interessant?

Ich liebe die Abwechslung und die Möglichkeit, viele spannende Persönlichkeiten kennenzulernen. Besonders freut es mich, wenn wir mit KUNO und unserem Operating-System Kunden für uns gewinnen können. Ganz gleich aus welcher Industrie unsere Kunden kommen, die Probleme im Finance- und HR-Bereich sind meist nah beieinander. Selbst die Unternehmensgröße ist kein Garant für weniger oder mehr Komplexität. Vielmehr sind die unterschiedlichen Systemlösungen die Komplexitätstreiber. Genau das ist aber der Knackpunkt, dem wir uns stellen und der uns so Spaß macht.

Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?

Seit über 15 Jahren arbeite ich bereits im Finanzbereich und kann ich mir ehrlich nichts anderes vorstellen. Eine Alternative, die mir in der Vergangenheit immer Freude bereitet hat, ist und war die Lehre. Kommende Generation für die Finanzindustrie begeistern zu dürfen, ist etwas Besonderes. Ganz anders, aber nicht weniger besonders, ist das einfache und simple Leben an einem windigen Fleckchen Erde mit viel Wasser – als Betreiberin einer Kite-Station.

Worauf bist Du stolz?

Vor allem auf mein KUNO Team! Was wir alles in so kurzer Zeit von gerade mal einem Jahr geschafft haben, ist herausragend. Die Leidenschaft, mit der jeder KUNOnian jeden Tag zur Arbeit kommt, ist einfach wahnsinnig und macht mich stolz!

Wieso gibt es nicht mehr Frauen in der Tech-Branche?

Das Thema ist sehr vielschichtig und wurde auch sicherlich schon viel besprochen. Persönlich glaube ich, dass es wichtig ist, bewusst auf diverse Teams zu achten. Also bereits im Interviewprozess auf „unconscious bias“ Interviewfragen zu setzen und zuallerletzt in flexible Arbeitszeitmodelle zu investieren. Damit meine ich nicht nur, Home-Office zu ermöglichen, das „dank“ Corona nun zumindest in unserer Branche zum Standard gehört. Auch zeitlich flexible Arbeitsmodelle, die es etwa Müttern sowie auch Vätern erlauben, zum richtigen Zeitpunkt Familienpflichten erfüllen zu können, sind wichtig.

Bei KUNO hat jede:r Mitarbeiter:in sein eigenes Zeitmodell, das für alle transparent ist. Das sind für mich wichtige Schritte, um eine hohe Frauenquote in der FinTech Branche etablieren zu können. Bei KUNO liegt diese bei über 50 %, was schon für sich spricht. Die Grundlage ist natürlich eine sehr frühe Förderung der neuen Generationen in dem Bereich, sowie die gezielte Weiterbildung und Förderung von weiblichen Talenten zu einem späteren Zeitpunkt sowie die Sichtbarkeit von Vorbildern in dem Bereich.

Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?

Da wir gerade schon bei den kulturellen Themen sind: ganz klar Patagonia. Sicherlich etwas ungewöhnlich, aber ich finde es sehr beeindruckend wie Yvon Chouinard als Gründer von Patagonia in den 70ern viele Dinge anders gemacht. Er hat die freie Zeiteinteilung für Mitarbeiter ermöglicht, aber auch das Thema Nachhaltigkeit nicht nur in der Vision erwähnt. So hat Patagonia es geschafft, als Vorreiter bis heute den Weg für eine ganze Branche zu ebnen. 

Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?

Vielleicht nicht direkt ein Bier, sondern gerne auch ein Glas Wein. Das wäre definitiv mit Michelle Obama. Eine unglaublich spannende Persönlichkeit, die sich auf ihrem gesamten Karriereweg auf verschiedene Weise für die Entwicklung von Kindern und Frauen einsetzt.
 
Wenn ich außerdem gerne mal wieder treffen würde, ist mein Klassen- und Mathematiklehrer aus der Oberstufe am Wirtschaftsgymnasium. Vorher konnte ich nicht so viel mit Mathematik und Informatik anfangen. Aber er war ursprünglich Informatiker und hier habe ich zum ersten Mal Anwendungsfälle von Mathematik gelernt. Das hat definitiv mein Interesse an Zahlen geweckt!

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