Im Sommer dieses Jahres schloss der Anbieter von Finanz-APIs, das britische Unternehmen TrueLayer, eine Finanzierungsrunde in Höhe von 35 Millionen US-Dollar ab. Es expandierte daraufhin europaweit nach Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien, startete die Einführung von Zahlungsinitiativen und kooperierte mit Unternehmen wie Revolut und Zopa. Außerdem vermeldeten die Briten eine Kooperation mit Visa, um das Wachstum der weltweiten Fintech-Industrie voranzutreiben, unter anderem auch in Australien.

TrueLayer wurde unlängst vom britischen Department of International Trade ausgewählt, um sein FinTech-Brückenprogramm für die internationale Expansion nach Australien zu testen. Wer soll, wenn so viel los ist, noch den Überblick behalten. Daher haben wir bei Shefali Roy, COO und CCO, nachgefragt und mit ihr über die Möglichkeiten von Open Banking, über die Chancen des Brexits und über die Australische Fintech Community gesprochen.

Frau Roy, weshalb hatte sich TrueLayer vor gut einem Jahr dazu entschieden, auch auf dem hiesigen Markt aktiv zu werden?

Es gab eine Reihe von Faktoren, die Deutschland zu unserem perfekten ersten Auslandsmarkt gemacht haben. Erstens hat Deutschland eine unglaublich progressive Haltung gegenüber Open Banking. Wir haben gesehen, wie schnell Unternehmen die Chancen von PSD2 genutzt haben.

Und Zweitens: die pulsierende Tech-Community. Es gibt eine Fülle von Talenten, Innovationsfreude und ein sehr unternehmer-freundliches Umfeld. Schließlich gibt es noch die simple Tatsache, dass Deutschland eine der führenden Volkswirtschaften Europas ist. Es gibt hier viele Möglichkeiten für uns, zu expandieren und mit neuen Kunden und Partnern zusammen-zuarbeiten.“

TrueLayer ist ein britisches Unternehmen: worin sehen Sie den größten Unterschied zwischen beiden Märkten?

Abgesehen von den offensichtlichen, regulatorischen und Compliance-Unterschieden bei Finanzdienstleistungen sind die Unternehmenskultur und die Einstellung zur Innovation bemerkenswert ähnlich. Dies ist einer der Gründe, warum wir Deutschland als erstes ins Visier genommen haben. London und Berlin gehören zu den weltweit führenden Technologie-zentren. In den letzten zehn Jahren haben etablierte Unternehmen umfangreiche Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit New-Tech-Unternehmen aus der ganzen Welt gesammelt. Diese offene und progressive Haltung bedeutet, dass der Weg von UK nach Deutschland keineswegs eine abschreckende Perspektive ist.

Wie schwer ist es angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen, auf dem hiesigen Markt zu agieren?

Wir empfinden das überhaupt nicht als Problem. Der Brexit ist seit drei Jahren das dominante politische Thema im Vereinigten Königreich, was uns viel Zeit gegeben hat, für fast alle Fälle Pläne zu machen. Die Art und Weise, wie wir arbeiten, sowie die Tatsache, dass wir in ganz Europa und jetzt auch in Australien tätig sind, bedeutet, dass wir mittlerweile auf global denken.

Dem Unternehmen ist es hierzulande schnell gelungen, deutsche Bankpartner zu gewinnen, darunter die Commerzbank, Comdirect und Deutsche Bank. Welches Problem löst TrueLayer für die etablierten Banken und warum können diese das nicht selbst?

Wir waren einer der ersten Open Banking-Mover in Großbritannien und das erste Startup, das die Genehmigung der britischen Finanzaufsichtsbehörde EZV erhalten hat. Wir haben viel Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Großbanken – wir wissen, was sie brauchen und was sie bewegt. Sie wünschen sich Unterstützung bei der Einhaltung der PSD2- und Open-Banking-Vorschriften, Zuverlässigkeit, Sicherheit und eine nachgewiesene Erfolgsbilanz.

„Großbanken wünschen sich neben der Unterstützung bei der Einhaltung der PSD2-Vorschriften Zuverlässigkeit und Sicherheit.“

Theoretisch könnten einzelne Banken irgendwann eine ähnliche Plattform wie die unsere entwickeln, aber wir haben uns so positioniert, dass es für sie nur objektiv wirtschaftlich sinnvoll wäre.

Sie sagen, dass Open Banking global künftig eines der führenden Themen sein wird. Warum?

Open Banking erhöht den Wettbewerb, fördert Innovationen, verbessert Finanzprodukte sowie -dienstleistungen und senkt die Preise. Verbraucher, Unternehmen, Startups und, ja, sogar etablierte Finanzinstitute werden davon profitieren. Wir haben gesehen, wie andere Branchen durch Technologie und Digitalisierung positiv wachgerüttelt wurden, aber das Tempo etablierter Finanzdienstleister war bislang frustrierend langsam.

Vor PSD2 gab es eine lange Debatte darüber, ob die Daten, die sie bei Ihrer Bank generieren (ob als Verbraucher oder Unternehmen), ihre Daten sind. Die EU hat mit PSD2 klargestellt, dass diese Daten dem Kunden gehören und daher von ihm kontrolliert und weitergegeben werden sollten.  Das ist eine große Sache,  denn es wird Teil eines weiter gefassten Gesprächs über den Schutz personenbezogener Daten und die Kontrolle darüber, was für welchen Zweck weitergegeben wird.

Ob nun der Personal Data Protection Act in Thailand, Mexikos Mandat für Finanzinstitute, in den nächsten Jahren offene APIs bereitzustellen, oder Indiens Personal Data Protection Bill – der Ball rollt jetzt mit zunehmender Geschwindigkeit. Letztendlich geht es darum, diese Dynamik zu nutzen, um unseren Kunden zu helfen, ihre Geschäfte schneller sowie globaler zu entwickeln und damit immer mehr Menschen überall den Zugang zu besseren Produkten und Dienstleistungen für ihre Familien und Unternehmen zu ermöglichen.

Welchen Anteil könnten die jeweiligen Player daran künftig haben und wie müsste der Ihrer Meinung nach umgesetzt werden?

Es ist unmöglich vorherzusagen, wie sich der Markt entwickeln wird – insbeson-dere im globalen Maßstab. Im Allgemeinen werden wir wahrscheinlich einige Open Banking-Player von heute dabei beobachten, wie sie sich weltweit etablieren und zu großen, sehr wertvollen Unternehmen werden.

Da Open Banking jedoch ein solcher Innovationsschub ist, glaube ich, dass wir auch Hunderte, wenn nicht gar Tausende von großen neuen Fintechs sehen werden.

Wie innovativ erleben Sie die deutschen Banken in Sachen Open Banking? Wo sehen Sie ihre Stärken/Schwächen – gerade auch im internationalen Umfeld?

Jede Bank, ob deutsch, französisch oder britisch, nähert sich der Innovation des Open Banking auf ihre eigene Weise. Wir haben gesehen, wie einige versucht haben, sich gegen die Entwicklung zu stemmen und die Implementierung zu verlangsamen. Andere, insbesondere Challenger Banken, haben ihre Möglichkeiten sehr schnell erforscht – sei es die Partnerschaft mit Fintechs, den Aufbau eines eigenen Tech oder die Beteiligung an der Open Banking Community.

TrueLayer wurde kürzlich vom britischen Department of International Trade ausgewählt, um sein FinTech-Brückenprogramm für die internationale Expansion nach Australien zu testen. Welche Erfahrungen haben Sie bisher sammeln können?

Das FinTech-Brückenprogramm war für TrueLayer eine ideale Umgebung, um vor Ort einen Eindruck von einem neuen Markt zu bekommen, insbesondere von einem Markt, der geografisch so weit weg ist wie Australien. Die Brücke zeigte uns nicht nur die Chance im lokalen Fintech-Ökosystem, sondern auch, wie viele interessante Unternehmen versuchen, den Sprung von Australien nach Europa und umgekehrt zu schaffen. Es gibt eine starke, im eigenen Land ansässige Fintech-Community, die schneller und besser Innovationen vorantreiben will, sowie internationale Unternehmen, die in den Markt eintreten wollen.

Aufgrund der Art unseres Geschäfts verbrachten wir die meiste Zeit mit dem Kennenlernen des neuen Consumer Data Right in Australien. Wir haben auch von den verschiedenen unterstützenden Initiativen der australischen Regierung zur Förderung von Fintech-Innovationen erfahren.

Das Team von Paymentandbanking widmet sich dem vielschichtigen, spannenden Thema „Open Banking“ in Artikeln, Kommentaren (PSD2 wir haben es mal wieder versemmelt) und Podcasts seit langem und wird die Entwicklungen auch künftig genauestens verfolgen.

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