Banken und Fintechs schaffen gerade reihenweise kostenlose Konten oder Karten ab. Das ist unmoralisch und an Naivität zur Markenbildung nicht zu überbieten. Eine Abrechnung mit dem Gebühren-Gemetzel.

Die Payment and Banking-Szene ist unzweifelhaft niemals langweilig. Kein Monat vergeht, ohne dass neue Produkte, Banken, Fintechs und Payment-Lösungen auf den Markt kommen. Aber wer braucht das eigentlich alles und muss man das alles gut finden? Unser Autor Nils Wischmeyer beleuchtet in seiner Kolumne „Nils nörgelt“ ab monatlich ein Produkt, Thema oder eben den „letzten heißen Scheiß“. Etwas zu meckern gibt es schließlich (fast) immer.

Berechtigterweise merkte in meinem letzten Artikel jemand einen kleinen Fehler an: Bei Aldi gibt es gar kein Payback, dabei hatte ich das doch so geschrieben. Ein Schnitzer, den ich natürlich entschuldigen muss. Deshalb sei Ihnen an dieser Stelle versichert: Das Folgende hat sich in diesem Sommer so zugetragen und es nervt mich noch immer.

Von den Banken an der Nase herumgeführt

Ich hatte monatelang alles zusammengesucht, Testberichte bis zum Umfallen durchgeackert, Vergleiche studiert, auseinandergenommen und miteinander verglichen, nur um sie zu finden: Diese eine goldene Kombination von Konten und Karten, bei denen ich weder Verwahrentgelte noch Kreditkartengebühren, noch Kontoführungsgebühren zahlen und keine nervigen Beratungsgespräche ertragen musste. Der Tag, an dem ich diese Kombination fand, war ein glücklicher Tag im Leben eines Vergleichsjunkies wie mir. Und dann kamen die ersten bösen Briefchen.

Begonnen haben sie damit, dass Karten jetzt doch nicht mehr kostenlos waren, später gab es dann doch irgendwie ein Verwahrentgelt bei einer der Banken, bei einer anderen aber nicht und dafür aber nur ein Unterkonto und … nun gut, ich möchte sie alle nicht langweilen: Am Ende fiel alles in sich zusammen. Ich hatte weder eine kostenlose Kreditkarte, noch Girokarte, noch Konten, mit denen ich wirklich zufrieden war.

Das Gebühren-Gemetzel kann jeden treffen

Ich war zum Opfer eines Phänomens geworden, welches ich das Gebühren-Gemetzel nennen möchte: Banken und Fintechs verschieben dabei lustig und ohne jede Ankündigung ihre Preispunkte zwischen den Produkten hin und her. Und das nicht, weil es sinnvoll wäre. Denn nach Jahren der Niedrigzinsphasen, gibt es jetzt wieder ordentlich Kohle für das Geld der Kunden, mit denen Banken gefälligst ihre Kosten reinholen können. Sie verschieben die Preise also nur aus einem verwerflichen (die meisten Banker würden sagen “noblem”) Grund: Gier – oder schlechter Kalkulation, bei manchen Fintechs bin ich mir nicht sicher.


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Dieses Gebühren-Gemetzel aber hat gleich mehrere Implikationen: Für Menschen, die auf jeden Euro achten müssen, weil die Inflation ihnen um die Ohren fliegt, werden plötzlich Kontogebühren aufgerufen, die nicht eingeplant sind. Also müssen sie wechseln, wenn das denn so schnell geht. Das halte ich in Zeiten steigender Zinsen, bei denen Banken abkassieren können, für höchst fraglich und bis zu einem gewissen Grad auch unmoralisch. Denn gerade in Zeiten der Krise zeigt sich, welche Bank wirklich “an ihrer Seite” steht und welche eben nicht. Dann gibt es natürlich noch die Menschen, die das Zweitkonto als Sparkonto nutzten und es jetzt leer räumen, um Gaspreise und Inflation irgendwie zu stemmen. Auch sie werden, sollte eine Gebührenerhöhung kommen, sicherlich schnell kündigen und nie wieder zurückkehren. Das ist schlechte Markenbildung, die auch dazu dient, Vertrauen aufzubauen.

Die langfristige Strategie beim Gebühren-Gemetzel wird vergessen

Und damit sind wir auch schon beim Thema Strategie. Was bringt es wirklich, wenn meine Kreditkarte bald 2,49 Euro im Monat kostet? Klar, pro Person, die sie tatsächlich behält, sind es starke 30 Euro im Jahr, was je nach Bankgröße eine ordentliche Hausnummer sein kann. Doch das wäre eine Milchmädchenrechnung. Denn Banken und Fintechs müssen auch die Kosten einrechnen, die entstehen.

Das sind zum ersten die Kunden, die die Kreditkarte daraufhin abbestellen und keine zusätzlichen Umsätze, dafür aber eine Menge Frust mit zum nächsten Beratungstermin bringen. Dann sind da die Kosten von Kunden, die kündigen, weil sie auf – pardon my french – so eine Scheiße keinen Bock haben und die auch kein toller 50-Euro-Wechselprämien-Gutschein mit 32 Bedingungen zurückbringen wird. Und dann sind da die Kosten für die Neukunden, die plötzlich in die Höhe schnellen. Wer will schon zu einer Bank, von der die Presse gerade groß berichtet hat, dass die Kreditkarten abschaffen, ihre Kontogebühren nach oben ziehen und ohnehin alles nicht ganz so rosig für den Einzelkunden aussieht?

Neue Heimat für ein Konto gesucht

Ich jedenfalls gehöre nach den vergangenen Wochen zu allen drei Kategorien. Auf eine Bank bin ich wütend, weil sie jetzt erst das Verwahrentgelt abgeschafft hat, das mich überhaupt erst zu einer zweiten oder dritten Bank trieb. Auf eine andere Bank bin ich wütend, weil ich mit ihrer blöden Debit-Ersatz-Kreditkarte im Ausland nichts bezahlen kann und sie damit nutzlos wird und von den anderen Banken bin ich entsetzlich enttäuscht, weil sie meinen, dass ich für mein Dritt- oder Viertkonto bei einer zweitklassigen Bank tatsächlich ein paar Euro jeden Monat locker mache.

Danke für nichts, liebe Geldhäuser, jetzt muss ich wieder neu sortieren: Kostenloses Girokonto, kostenlose Kreditkarte und Depot brauchen eine neue Heimat. Kennt jemand ein nettes Plätzchen? Melden Sie sich unter [email protected].

Headerbild iStock: Bildnachweis:joruba

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