Apple hat wieder zugeschlagen und was gekauft, dieses Mal im Payment Space – auf der “Händlerseite” bzw. im “Terminal Umfeld” – die kanadische Firma Mobeewave (https://www.mobeewave.com/), einer der “upcoming” SoftPOS Player (neben PayCore oder Magic Cube (mit Visa an Board))

https://www.theverge.com/2020/8/1/21350649/apple-iphone-payments-mobeewave

https://www.bloomberg.com/news/articles/2020-08-01/apple-buys-startup-to-turn-iphones-into-payment-terminals

Das schauen wir uns einmal genauer an:

Das Startup bietet Händlern Kartenzahlungsakzeptanz (formal nicht selbst, sondern der dahinterliegende Akquirer, denn Mobeewave ist “nur” Tech) an. Mobeewave setzt auf das Smartphone bzw. standardisierte frei verfügbare Devices als eigenständiges Zahlungsterminal unter Verwendung der NFC-Schnittstelle und perspektivisch auf QR Codes. Dieser Schritt wird dann interessant werden, wenn es in Richtung anderer Zahlarten geht.

Der Zahlende hält also seine NFC-Karte oder sein NFC-Smartphone (oder ähnliches Device) an das Smartphone des Zahlungsempfängers, beispielsweise an ein NFC-Zahlungsterminal. Die Eingabe einer PIN (sofern notwendig) erfolgt auf dem Display des Terminals (oder Smartphones). Das “vom Kunden gedacht” (in dem Fall der Händler) und macht klingt logisch.
Warum dann sowohl in Hardware als auch Software proprietär bleiben, wenn Mobile Devices doch bereits überall vorhanden sind, insbesondere durch neue Kassensysteme wie Orderbird, HelloTess, Tillhub, Sito? Die Knackpunkte, die lange Zeit so ein System verhindert haben (v.a. PCI und Scheme Zertifizierung, aber auch die Hardwareverfügbarkeit am “POS”) scheinen gelöst.

Was fällt uns auf?

a) Die Firma ist noch sehr jung – keine signifikante Markttraction. Es ist noch unklar wie erprobt im Massenmarkt diese Technologie ist. Es kann auch “nur” ein Akquihire sein, was uns in Deutschland weiter fremd ist und man will was ganz anderes basteln bzw. es dem Wettbewerb (Google, Facebook, dem Chinesen) wegnehmen?

Das Apple Scheme – Weltherrschaft durch Payments?

b) Es ist bis dato – laut Crunchbase (https://www.crunchbase.com/organization/mobeewave) – nicht viel Funding rein geflossen (v.a. für US-/kanadische Verhältnisse). Das muss weder gut noch schlecht sein, aber: es drängt sich doch die Frage auf, wie etabliert und ausgereift die Technologie bereits ist? Oder hat vielleicht auch die Skalierung noch nicht geklappt?

c) Zuvor hatte Samsung übrigens vorher eine Kooperation und Beteiligung mit dem Startup: https://news.samsung.com/global/samsung-and-mobeewave-partner-to-deploy-mpos-payments-worldwide. Erfahrungsgemäß stellt Apple das externe Angebot der übernommenen Firmen ein. Samsung muss sich wohl einen neuen Partner suchen – also eine ideale Ausgangsvoraussetzung für Google, gleiches als “Standard” in Android zu bauen?

d) Mobeewave sieht sich als ganzheitlicher Payment Player – d.h. inkl. Onboarding/KYC & merchant Portal. Das erschwert die Kooperation mit bestehenden Playern (wo ist “API First” ?), stellt aber für Apple kein Problem dar!

Für die Verschwörungstheoretiker unter uns Fintech Fanboys eine ideale Situation. Will Apple hiermit ohne Banken, ohne Visa/Mastercard, ohne überhaupt irgendjemand (“alles meins”), den nächsten “Building Block” für ein globale, übergreifendes Payment Scheme legen? Oder hat Apple einfach zu viel Geld und sieht hier “interessante Tech” am Horizont, die man gerne “besitzen” will, ohne einen ausgeklügelten Masterplan zu haben ?

Eine kurze Zeitreise zum Soft-POS Markt – Was ist es genau?

Definition SoftPOS:

Das Apple Scheme – Weltherrschaft durch Payments?

SoftPos ist die EMV/PCI zertifzierte Software auf einem COTS (commercial of the shelf device), welche Zahlungen processen darf. Dabei gibt es Stand heute ein paar Einschränkungen zu berücksichtigen. Das komplette Business ist im Gegensatz zu mPOS usw. noch nicht abschließend reguliert.

Der Bereich unterhalb des PIN Limits ist mit dem CPOC Standard gegeben, aber der interessantere Teil des Business ist noch nicht reguliert und damit nicht zertifzierbar. Dieses Geschäft läuft noch auf Basis der Pilot Case approvals. Heißt im Klartext – SoftPOS ist noch nicht im Standard ausrollbar und von den Schemes freigegeben – dies muss (und wird) aber bald kommen.

SoftPOS ist eigentlich eine logische Weiterentwicklung des mPOS-Geräte wie SumUp, iZettle, Square. Da war ein externes Gerät noch mit der Interaktion der Karte nötig, und das Smartphone sorgte für die Konnektivität. Beim SoftPOS erfolgt alles im Smartphone und die Interaktion mit der Karte/Endkundendevice erfolgt ausschließlich auf Basis von NFC.

Bei mPOS erfolgte bei regulärer Kartenzahlung die Eingabe der PIN auf dem externen Gerät, während bei SoftPOS nun alles auf dem Glas-Display des Smartphones passiert. PayPal hatte Anfang der 2010er Jahre schon mal eine Hybridlösung mit PayPal Here in UK am Start. Ein externer mPOS-Bluetooth-Leser ohne Display und Pin-Pad und alle weitere Kundenkommunikation wie Unterschrift und PIN erfolgte auf dem Smartphone-Display. Das Projekt wurde nicht weiter verfolgt, weil Kunden davor zurückgeschreckten, ihre PIN auf einem externen Smartphone einzugeben. Also kam die nächste Generation der mPOS-Geräte von Paypal Here mit Display und PIN-Pad.


SoftPOS steht vor einigen sehr spezifischen Herausforderungen

Der Einfluss auf den Markt kann sehr relevant sein

Müssen bei den Ingenicos & Verifones (und allen ihren chinesischen Manufacturern) nun nicht die Warnlampen angehen? Wobei dies ja damals bei mPOS auch nicht passierte. Oder ist das nicht vielmehr ein Angriff und logische Weiterentwicklung der mPOS-Lösungen von Square, iZettle, SumUp und Co.?

Das Apple Scheme – Weltherrschaft durch Payments?

Müssen sich SmartPOS-Anbieter wie Clover, Poynt, Aevie, Orderbird oder enfore etwas Sorgen machen oder hilft ihnen der Move von Apple, alles in iOS-Geräte zu schieben und sich so von fehleranfälliger Hardware und Hardware-Produktion zu verabschieden?

Der strategische Rational hinter der Akquistion von Apple kann sehr unterschiedlich sein

  • neben dem Issuing Apple Pay schafft Apple mit Mobeewave den Footprint in der Acceptance
  • Es schafft die technologische Basis für ein eigenes Scheme ohne eines zu sein – man geht bewusst nicht ins Akquiring (genauso wie man bei Apple Pay nicht ins Issuing geht) – man will technologisch die Kundenschnittstelle ownen – insofern “Konsistent”
  • Die Basis für eigene Apple spezifische (payment related oder einfach Kauf related) Features ist gelegt (z.B. Loyalty – aber auch Adverting)
  • Ich habe für die Zukunft einiges an technologischen Möglichkeiten – auch eigene Zahlarten zu Pushen (die Apple APM) oder die Apple Card noch mal “hervorzuheben” (bzw. deren Kernfeature “Credit”)
  • P2P könnte mittels Mobeewave ebenso getrieben werden und der Umweg über Apple Guthaben bzw. debit cards entfällt
  • Es wäre die Basis für eigene Acceptancegeschäft – wenn man dass denn will…

Einige Fragen ergeben sich nun daraus:
  1. Was macht Google? Fast Follow-and-Copy wie schon bei so vielen Payment-Initiativen von Apple?
  2. Warum einmal wieder Apple und BigTech? Was ist denn mit unseren europäischen Payment-Anbietern? Haben die mal wieder geschlafen und sind jetzt erschreckt aufgewacht und hektisch?
  3. Und ist das nicht eigentlich ein “reiner Android” Markt – und die Apple Strategie ist ein “Feigenblatt”?
Fragen über Fragen, doch was sagt das Payment & Banking Team dazu?:

André M. Bajorat:

Es ist komisch. Google, Samsung und auch Facebook versuchen sich im Payment immer wieder. Und ja, sie haben auch Erfolge. Aber so richtig aufmerksam werden viele immer erst, wenn Apple was macht. Woran das liegt, kann man nur mutmaßen. Vielleicht ist es der Anspruch und damit die Qualität, Durchdachtheit und Konsequenz die Apple mit seinen Aktivitäten an den Tag legt. Bei Google oder Samsung scheinen Payment Aktivitäten immer eine von vielen und der Ausgang ist nahezu egal.

Bei Apple wirkt es anders – manchmal zwar sehr langsam (z.B. Apple Pay oder auch die neue Karte), aber wenn es dann kommt, ist die Chance auf einen echten Gamechanger trotz geringerer Marktanteile höher als bei den anderen Playern. Apple Pay ist ein schönes Beispiel – Google oder auch die Banken mit diversen HCE Apps waren früher da. Und hat es außer wenigen Nerds jemanden in der breiten Masse interessiert? Irgendwie nicht.

Mit Apple Pay kam der Wandel und jetzt ist selbst die girocard (oder besser der Mastercard co-Batch auf der Karte) virtualisiert und Apple Pay-fähig. Und jetzt SmartPOS – also das Handy oder besser das iPhone als sogenanntes Bezahlterminal – ohne extra Hardware, einfach das Gerät. Ein Gamechanger? Konsequent gedacht: ja, da alle die Squares und SumUps im Longtail überflüssig werden könnten. Und wohl genau dahin zielt die Lösung von Mobeewave.

„Das iPhone als sogenanntes Bezahlterminal – ohne extra Hardware, einfach das Gerät. Ein Gamechanger?“

Weniger an große Händler, sondern eher an kleine Geschäfte. Die spannende Frage wird sein, ob an der Stelle aber nicht doch Android Hardware besser aufgestellt ist, da in der Masse günstiger. Eines wird aber klar sein: wenn Apple Mobeewave konsequent weiterführt und ins Apple Ökosystem integriert, wird es perfekt funktionieren. Und klar ist auch – in der Kombi aus Apple Pay auf der Käuferseite und Apple SmartPOS wird es eine sehr gute user experience geben. Hat Apple damit die Chance auf einen closed loop – oder ein eigenes Scheme? Ich denke nicht, dass dies das Ziel sein wird.

Jochen Siegert:

Sehr sehr spannender Schritt von Apple und eigentlich nur eine konsequente Weiterführung der Payment-Schritte davor. Mit dem iTunes- & App-Store holten sie erst hunderte Millionen Karten ins Apple-Ökosystem zum digitalen Kauf von Apps, Musik, Game Items etc. Mit Apple Pay gingen sie einen Schritt weiter und ermöglichten die digitale Nutzung der Karten dann auch stationär und im eCommerce außerhalb des App-Stores. Bei der Apple Card wurde der Kartenkörper schon positioniert als Fallback, sollte der Kunde mal auf kein NFC-Terminal stoßen. Nun also das Smartphone als alleiniges Zahlungsterminal als weiterer Schritt der Zentralisierung der end2end-Zahlung im Ökosystem.

Das Apple Scheme – Weltherrschaft durch Payments?

Schon die mPOS-Anbieter stellten die grundlegende Frage warum ein klassisches Zahlungsterminal so hässlich aussehen und vor allem so überteuert auf dem Preisniveau ein viel leistungsfähigeren Smartphones sein muss und bewiesen, dass es ganz anders geht. Apple hat mit der Integration von Mobeewave ins iOS Ökosystem nun wieder einige signifikante Asse im Ärmel.

In der Kombination mit Apple Pay kann die Authentifikation viel sicherer, einfacher und bequemer für den Endkunden passieren als die klassische PIN-Eingabe (z.B. PIN-Eingabe auf dem eigenen Smartphone statt auf dem des Händler).

Sie können ferner Mobeewave einfach mit den bestehenden Payment-APIs im iOS Ökosystem verbinden und somit Anbietern wie Orderbird und Co ermöglichen auf weitere Drittdevices und Drittdienstleistern inkl. Konnektitäts- und Wartungsproblemen zu verzichten. Denkt man es konsequent weiter ist Apple dann ein Payment-Scheme. Sie bringen beide Seiten (Zahlender und Zahlungsempfänger) auf einer einzigen Plattform zusammen.

Wozu dann noch Transaktionen über MasterCard, VISA, Acquirer oder PSPs routen und diese Dienstleister noch an der Zahlungstransaktion verdienen lassen? Apple kann “on-us” bilateral Zahlenden und Zahlungsempfänger direkt bedienen. Die Integrationen mit den Banken liegen dank Apple Pay ja schon vor. Auch auf der Akzeptanzseite ist das Branding über die Decals, also Akzeptanzaufkleber für “ApplePay” im Handel global längst vorhanden. Fragt man die Kunden, so sagen diese längst, dass “mit Apple Pay” gezahlt haben statt mit der Karte der Hausbank. Es ist zu erwarten, daß Google schnell folgen wird und damit die Gefahr, daß einmal mehr ein wichtiger Teil der Payment-Wertschöpfung “plattformisiert” wird.

Maik Klotz:

Neben Mobeewave hat Apple im Laufe dieses Jahres schon einige Male zugeschlagen. Apple kaufte die Wetter-App Dark Sky, die VR-Firma Next-VR sowie Voysis, Xnor.ai und Inductiv zur Verbesserung der Siri-Technologie. Außerdem hat Apple mit Fleetsmith eine auf Enterprise-Device-Management spezialisierte Firma übernommen. Apple hat schon immer gern und viel gekauft. Im Jahr 2017 kaufte Apple Workflow, eine Automatisierungs-App, die zu Apples Shortcuts-App wurde. Im Jahr 2018 kaufte das Unternehmen Texture, einen digitalen Zeitschriftenabonnementdienst, der jetzt die Grundlage von Apple News+ bildet. Die Animoji-Avatare stammen aus der 2015 erfolgten Übernahme von FaceShift. Siri ist das Ergebnis einer Akquisition. Selbst Apples Mobilchips sind ein direktes Ergebnis der Übernahme von P.A. Semi im Jahr 2008.

Was und wann man von Mobeewaves Technologie dann im iPhone (oder anderen Geräten) sieht, ist kaum vorhersehbar. Vor allem dauert es bei Apple in der Regel recht lange, bis man was davon mitbekommt. Ich denke frühestens nach zwei Jahren.

Ja, Apple könnte also zu einem Payment Scheme werden. Könnte! Denn Apple hätte aber in der Geschichte schon so einiges werden können und manchmal ist das Wunschdenken am Ende größer als die Idee. Denn ein mPOS ist nicht nur Zahlung. Da hängt eine Warenwirtschaft dran, mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen bei den Gewerken. Eine Kasse im Gastro braucht andere Funktionen als in einer Boutique. Für ein Taxi braucht es andere Funktionen als die Abrechnung beim Tierarzt. Bleibt die reine Terminal-Funktion, die heute übrigens nur den iPhones vorenthalten wäre. Kein anderes Device, mit Ausnahme der iPhones, hat aktuell NFC. Ich sehe hier aktuell zwei Szenarien:

„Apple könnte zu einem Payment Scheme werden. Könnte! Denn Apple hätte in der Geschichte schon so einiges werden können und manchmal ist das Wunschdenken am Ende größer als die Idee.“

  • Apple wird zum Payment Scheme für Kleinsthändler. Es gibt ca. 25 Millionen Kleinsthändler in der Welt, so der Gründer von Mobeewave noch vor knapp einem Jahr. Wenn Apple diese bedient, führt das zu einer netten zusätzlichen Einnahmequelle für Apple.
  • Apple nutzt die Technologie (nur) für die eigenen Retail-Stores: Apple hat über 500 Retail-Stores und es sind die letzten Jahre nicht weniger, sondern mehr geworden. Gut denkbar, dass man dort den Payment-Prozess optimieren will und gar nicht im globalen Kontext denkt. Es ist nicht das erste Mal, dass Apple sehr exklusive Technik im Store einsetzt.

Vielleicht geht es am Ende Apple auch um was ganz anderes, z.B. P2P Payments zwischen Nutzern. Eine Transaktion zwischen Händler und Nutzer ist auch P2P. Aber vielleicht liegt der Fokus auf Endkonsumenten. Oder es hat gar nichts mit Payment zu tun. So oder so: es bleibt spannend, wobei der Spannungsbogen noch lange dauern wird.

Newsletter
open close

Der beste Newsletter ever.

Wir versorgen dich täglich mit News, ausgewählten Artikeln und Kommentaren zu aktuellen Themen, die die Finanz-Branche bewegen. Jetzt anmelden!