Was Wero leisten kann – und was nicht

Was Wero leisten kann – und was nicht

Am Dienstag startete mit Wero die Bezahl-Lösung der Europäischen Payments Initiative. Sie soll Bezahlsystemen wie Paypal Konkurrenz machen – doch zweifelt daran so mancher. 

Ganz leise, bloß mit einer Pressemitteilung und ohne großes Event verkündete die European Payment Initiative (EPI) am Dienstag den Start der Instant-Bezahl-Lösung Wero. Dabei könnte es der große Wurf europäischer Banken bei Sofortzahlungen werden. Das zumindest erhoffen sich die 16 Banken und Finanzdienstleister hinter EPI aus Deutschland, Frankreich und den Beneluxstaaten. Doch viele bezweifeln, dass sich Wero durchsetzen wird – selbst in den eigenen Reihen. So waren einst über 30 Banken dabei. Fast die Hälfte stieg in den vergangenen vier Jahren aus. 

Der Grund für die eher zurückhaltende Einführung von Wero könnte auch an der schwierigen Marktlage liegen. Denn den US-Payment-Riesen Paypal und Apple Pay den Platz an der Spitze streitig zu machen, dürfte ein schwieriges Unterfangen werden. Bestenfalls tastet Wero sich also ganz langsam in den Markt und kann so wertvolle Erfahrungen mit echten Transaktionen sammeln, bevor sich Wero in den E-Commerce-Sektor vorwagt. 

In der jüngeren Geschichte haben deutsche und europäische Anbieter das bereits versucht – ohne Erfolg. Mit Giropay wurde erst vor ein paar Wochen angekündigt, ein weiteres deutsches Bezahlsystem abzuschalten. Auch Paydirekt sollte eigentlich Paypal Konkurrenz machen – vergeblich. Nun  startet Wero ausgerechnet als erstes in Deutschland. Welche Chancen hat Wero zum europäischen Paypal zu werden? Eine Übersicht. 

Was genau ist Wero?

Ähnlich wie Paypal bietet Wero Nutzern die Möglichkeit, in Echtzeit Geld an andere Personen zu schicken. Das People-to-people-Payment-System ist das erste von vier Bezahllösungen, die unter der Marke Wero eingeführt werden sollen. Dafür wird ein System basierend auf QR-Codes verwendet, das mit der Banking-App der teilnehmenden Banken verbunden ist. Nutzer benötigen also weder eine neue App noch neue Login-Daten. Ab August soll auch eine eigene App mit Wallet-Funktion auf den Markt kommen. Die drei weiteren Lösungen, Zahlungen für Kleingewerbe, eine Bezahloption mit Käuferschutz im E-Commerce und ein stationäres Bezahlsystem, will Wero erst in der zweiten Jahreshälfte 2025 einführen. 

„Es handelt sich eher um eine Friends-and-Family-Phase im größeren Maßstab”, sagt Payment-Experte Wesselin Kruschev von der Unternehmensberatung Capco. Starten möchten die Sparkassen und Genossenschaftsbanken mit ihren eigenen Mitarbeitern. Sie sollen Wero selbst nutzen und es als Multiplikatoren verbreiten. Der jetzige Start soll also auf die große Einführung im nächsten Jahr vorbereiten. „EPI will zeigen, dass man ein funktionierendes System zum Laufen bringen kann”, sagt Kruschev. Mit dem 2. Juli suchte sich EPI ein symbolisches Datum. Denn an diesem Tag vor vier Jahren startete das Projekt.

Wer bietet die Zahlung über Wero an?

Ab Dienstag können Kunden der meisten Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken sowie der belgischen Bank KBC per Wero Geld an andere Personen schicken. Die französischen und niederländischen Banken möchten Wero erst später im Jahr einführen, das gilt auch für die Deutsche Bank. 

Wo möchte Wero hin?

Wero soll bei den teilnehmenden Banken nicht bloß eigene Systeme ersetzen: „Die Bezahllösung soll im Wettbewerb mit internationalen Anbietern langfristig Marktanteile und Ertragschancen sichern”, heißt es in einer Pressemitteilung des deutschen Sparkassenverbands. Wenn Lösungen wie Wero die Systeme der großen Kreditkartenkonzerne ersetzten, müssten Banken weniger Gebühren zahlen. Im Ergebnis bedeutet das also: mehr Profit, der bei der Bank hängen bleibt. Kreditkartenunternehmen wie Visa und Mastercard werden sicher nicht zuschauen, ohne zu reagieren, sagt Kruschev. Mit Initiativen wie Click-to-pay oder Tab-to-pay versuchten auch sie, den Markt für Sofortzahlungen für sich einzunehmen.

Mit Wero positionieren sich die Banken in Deutschland aber vor allem gegen Paypal und Apple Pay. Die seien zwar in Deutschland stark, aber in vielen Ländern liege es anders, sagt Experte Kruschev. In Frankreich möchten die Banken mit Wero primär gegen die Macht von Visa und Mastercard vorgehen. 

Gleichzeitig versprechen sich die Institute mehr Unabhängigkeit und einen verbesserten Datenschutz. „Die Banken möchten Kunden in der eigenen Infrastruktur halten, sie möchten die Kontrolle über die Konten behalten”, erklärt Kruschev von Capco. „Sie möchten ihre Kunden mit Wero weiter an sich binden.” 

Allein mit Zahlungen zwischen Personen werde es jedoch schwierig, den Markt zu durchdringen, sagt Kruschev. Mit der geplanten Einführung der Zahlungsfunktion für den Online-Handel habe Wero erst eine echte Chance, sich durchzusetzen. Die Verbreitung im Handel hänge dabei von den Kosten für die Händler und der Akzeptanz der Nutzer ab.

Warum stiegen einige Banken aus? 

Die Skepsis scheint auch in den eigenen Reihen zu grassieren. Denn als die EPI 2020 mit der Arbeit an dem Projekt begann, waren noch 31 Banken und Finanzdienstleister bei dem Projekt an Bord. Nach und nach verließ fast die Hälfte das Boot. „Die Zweifel an der Initiative gab es schon von Anfang an”, sagt Kruschev. „Es sind nicht nur einzelne Banken ausgestiegen, sondern mit Italien und Spanien ganze Länder.” Das liege auch daran, dass es dort bereits funktionierende Systeme für Zahlungen zwischen Personen gebe, mit denen Banken Geld verdienen könnten. In Deutschland sei mit Privatkunden jedoch wenig Geld zu verdienen, weswegen Banken hierzulande mit Wero nicht Gefahr laufen, das eigene Geschäft zu kannibalisieren. 

Die Zugpferde von Wero sind jetzt also Deutschland und Frankreich. Mit dabei blieben unter anderem die BNP Paribas, die niederländische ING und die deutschen Sparkassen und die Volks- und Raiffeisenbanken. Wenn Wero Erfolg haben wird, könnten sich einige der Abtrünnigen Banken wieder anschließen. Bisher hat dies jedoch keine Bank angekündigt. „Die EPI darf hier nicht nachtragend sein, wenn sich Banken wieder bereit erklären, mitzumachen”, sagt Kruschev. 

Welche Chancen hat Wero, sich durchzusetzen?

Neben einer Reihe spanischer Banken verließ auch die Commerzbank das Projekt. Dessen Vorstand des Privatkundengeschäfts Thomas Schaufler äußerte Kritik an Wero: „Als Konsument sehe ich persönlich keinen Bedarf für ein neues Bezahlsystem. Ich habe noch nicht erkannt, welches Problem EPI löst: Die bestehenden Bezahlsysteme funktionieren“, sagte er. Tatsächlich wirbt Wero mit dem Spruch: „In Echtzeit Geld senden und empfangen. Echt jetzt.” Dieses Versprechen könnte ins Leere zielen, denn Nutzer können mit Paypal schon seit längerem in nur wenigen Sekunden Geld verschicken und empfangen. Zudem bieten viele Online-Händler die Bezahlung per Paypal an. Diese Funktion steht jedoch für Wero-Kunden erst nächstes Jahr zur Verfügung. 

Doch auch wenn die Chancen schlecht aussehen, hat Wero vielleicht eine Chance. Die Aufstiege von Paypal und Apple Pay zeigen, dass Kunden Zahlungsanbieter schnell mal wechseln können. Die große Zahl der Kunden von Sparkassen und Genossenschaftsbanken erhöhen zudem die Chancen für Wero, in das Zahlungsverhalten vieler Menschen übernommen zu werden. Wero hat damit bereits eine Abdeckung von etwa zwei Drittel aller Bankkunden in Deutschland. Das sei jedoch keine Garantie für Erfolg, sagt Experte Kruschev. Auch Giropay von Paydirekt hatte eine theoretische Marktabdeckung, das habe auch nicht zwangsläufig zum Erfolg geführt.

Was entscheidet über den Erfolg von Wero?

Die Vergangenheit zeigt, dass Nutzerfreundlichkeit bei Bezahlsystemen der wichtigste Faktor ist. Auch wenn sich Nutzer meistens für die einfachste Lösung entschieden, sei Wero eine datenschutzfreundliche Alternative, so Kruschev. „Wero orientiert sich an den Sicherheitsstandards der eigenen Hausbank, der man bereits vertraut“, sagt er. 

Hier stellt sich die Frage: Ist Wero eine Bezahllösung, die dem Interesse der Nutzer dient, oder eher dem der europäischen Banken? Sollten sich beide Interessen überschneiden, stünde dem Erfolg von Wero nichts im Weg. 

„Wero wurde zwar von den Banken initiiert, orientiert sich aber nicht bloß an den eigenen Bedürfnissen”, glaubt Kruschev. Man werde Erkenntnisse in der Nutzerfreundlichkeit gewinnen, um nächstes Jahr verbessert an den Start zu gehen, vermutet der Experte. Dabei stehe Wero gegenüber Paypal gar nicht schlecht dar. Auch hier könne Geld einfach über E-Mail Adresse oder Telefonnummer verschickt werden: „Es gibt handfeste Vorteile für Kunden.” Ein Vorteil von Wero sei, dass Umsätze direkt von und auf das Bankkonto gebucht werden. Auf Paypal werden Buchungen erst auf einem dort hinterlegten Konto vorgenommen. 

Beim Start von Wero zeigten sich jedoch Ungenauigkeiten. Auf der Startseite soll eigentlich die Projektmutter EPI verlinkt sein. Der Link führte zunächst jedoch zu einem Hersteller elektrochemischer Produkte. Nicht gerade glücklich verlief außerdem die Namensgebung. Wer Wero auf Suchmaschinen eingibt, trifft mit hoher Wahrscheinlichkeit zuerst auf einen Anbieter von Erste-Hilfe-Artikeln. Ob Wero der nächste Patient in der deutschen Payment-Welt ist, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. 

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Autor

  • Lukas Homrich ist freier Journalist und Mitarbeiter des dreimaldrei Journalistenbüros. Er schreibt über Wirtschafts- und Finanzthemen. Besonders Spaß macht es ihm, über Geschäftsmodelle zu philosophieren.

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