Die Claims von Kryptowährungen & CBDC sind vielfach abgesteckt. Mit dabei eine Mischung aus euphorischen Fintechs und behutsamen Großinstitutionen. Und die Bundesbank? Ja, auch die. Ein Gespräch mit Heike Winter über die Rolle der Bundesbanken in der Gemengelage.
Heike Winter ist Volkswirtin und verantwortet bei der Deutschen Bundesbank den Bereich Digitalisierung im Zahlungsverkehr. Wir sprechen mit ihr über die Digitalisierung des Geldes und private Kryptowährungen, den Status Quo und die Zukunft der CBDC. Und was hat eigentlich die Bundesbank damit zu tun, die von Hause aus zunächst einmal die Beschaffung von Bargeld gewährleisten soll.
Schaut man auf die Freude der Deutschen im Hinblick auf ihr Geld, tickt dieses Land „anders“, als europäische Nachbarn. Gilt das auch für CBDC?
Zumindest im Vergleich mit einigen unserer europäischen Nachbarn gehört die Bevölkerung in Deutschland traditionell eher zu den Barzahlern. Eine Studie der EZB, die unter anderem den Bargeldeinsatz beim Einkauf unter den Ländern des Euroraums vergleicht, zeigte, dass in Frankreich, den Niederlanden oder Finnland teilweise signifikant weniger mit Bargeld gezahlt wird. In den südlichen Ländern der EU ist die Barzahlung dagegen noch verbreiteter als in Deutschland. Völlig „anders“ sind wir also nicht.
Mit Blick auf CBDC würde ich schon sagen, dass trotz der Beliebtheit des Bargelds auch in Deutschland ein immer stärkerer Trend zu digitalen Zahlungslösungen besteht. Die Leute verlagern viele ihrer Einkäufe in den Online-Handel. Auch an der Ladenkasse zahlen die Menschen immer häufiger bargeldlos, etwa mit Karte oder mobilen Bezahlverfahren. Eine universell einsetzbare, innovative Bezahllösung, die im gesamten Euroraum einsetzbar wäre, würde meines Erachtens auch in Deutschland Anklang finden.
Deutschland gilt auch mit Blick auf Tech – Stichwort Datenschutz – als bedächtig. Wie viel Bedachtsamkeit hält das Thema CBDC aus?
Vorab: Der Zeithorizont von fünf Jahren ist für ein Projekt von dieser Tragweite sehr ambitioniert, aber machbar. Da es sich bei CBDC um nicht weniger als eine völlig neue Form von Geld handelt, bin ich überzeugt, dass Zentralbanken mit der gebotenen Umsicht und Sorgfalt vorgehen sollten. Denn negative Folgen für die Geldpolitik und die Finanzstabilität darf es nicht geben.
China testet die Yuan-Wallet, die EZB ist bezüglich E-Euro aktiv – welche Rolle bleibt da für die Bundesbank?
Der „Digitale Euro“ ist ein gemeinsames Projekt des Eurosystems. Das heißt, dass sowohl die nationalen Zentralbanken der Mitgliedsstaaten des Euroraums als auch die EZB aktiv mitarbeiten. Insofern ist die Bundesbank, genau wie etwa die EZB, die Banque de France oder die Banca d’Italia am Projekt beteiligt.
Können kleinteilige, nationale CBDC ein Erfolg werden, etwa aus der Schweiz? Und was ist dafür nötig?
Weltweit stehen Zentralbanken in regem Austausch miteinander und denken über Interoperabilität von CBDC nach. Denn der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr ließe sich grundsätzlich mit CBDCs auf Basis einheitlicher Nachrichtenstandards und einer schnelleren Abwicklung von Zahlungen durch schlankere Prozessketten wesentlich effizienter gestalten. Damit würden sich auch kleinere CBDC gut in ein globales Ökosystem einfügen.
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Was könnte Ihrer Meinung nach die Akzeptanz von Kryptowährungen steigern? Helfen unter anderem die Retail-CBDC?
Beim digitalen Euro geht es um „echtes Geld“, da der digitale Euro von den Zentralbanken des Eurosystems und der EZB ausgegeben würde; genau wie Bargeld heute – nur eben in virtueller Form. Ungedeckte Krypto-Token wie etwa Bitcoin werden von privaten Herausgebern aus dem Nichts geschaffen, haben keinen realen Wert und sind vielfach hochriskantes Spekulationsobjekt. Es fällt mir schwer, einen Zusammenhang zwischen diesen Token und digitalem Zentralbankgeld zu erkennen.
Wie kann man die Menschen auf diesem Weg mitnehmen? Immerhin sperrt sich ja ein Gutteil schon dagegen, die Grundsteuer digital zu erklären.
Um einen Mehrwert zu schaffen und die Ankerfunktion im Geldsystem zu erfüllen, soll ein digitaler Euro von möglichst vielen Menschen genutzt werden. Genau deshalb beziehen wir Nutzergruppen aktiv in das Projekt ein. Dabei müssen wir auch die Belange weniger digitalaffiner Menschen berücksichtigen. Gleichwohl sind wir uns im Eurosystem einig, dass Bargeld auch künftig zur Verfügung stehen soll. Die Leute, die lieber mit Scheinen und Münzen bezahlen, sollen das also auch weiter tun können.
Schauen wir mal in die Zukunft – wie „CBDC“ wird Deutschland in zwanzig Jahren sein? Und: Was ist entscheidend auf diesem Weg? Unter anderem die Infrastruktur?
Derzeit sind wir in der Phase, ein überzeugendes Konzept zu entwickeln, wie ein digitaler Euro aussehen könnte. Im Herbst nächsten Jahres entscheidet der EZB-Rat, ob er auf dieser Grundlage einer Implementierung zustimmen kann. Dann wird es voraussichtlich bis Oktober 2026 dauern, bis jemand mit dem digitalen Euro zahlen kann. Damit dies gelingen kann, brauchen wir eine funktionierende Kooperation mit Geschäftsbanken und anderen privaten Zahlungsdienstleistern. Diese sollen eine Infrastruktur des Eurosystems als Backend nutzen, und ihren Kunden einen digitalen Euro anbieten können.
Welche Folgen haben CBDC für Unternehmen?
Es kommt darauf an, wie genau digitales Zentralbankgeld ausgestaltet wird und von welchen Unternehmen die Rede ist. Denken Sie an den Handel, so werden Sie auf großes Interesse an einem digitalen Euro stoßen. Andere Unternehmen wünschen sich digitales Zentralbankgeld in einer Form, dass es in programmierbaren Umgebungen genutzt werden kann. Damit könnten Transaktionen automatisiert, hocheffizient und sicher abgewickelt werden, zum Beispiel im „Internet-of-Things“. Auf dieser Basis könnten völlig neue Geschäftsmodelle entstehen, wobei hier die innovative Kraft der Privatwirtschaft entscheidend sein dürfte.
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